Folge 6 bietet uns eine Planetenkiller – und die Rückkehr von Kirk. Wer was wo gekillt wird, klärt Tom in seiner Spoiler-Review.
Nur ein lahmer Aufguss oder…?
Die Folge beginnt gleich mit einem Blick auf die Farragut und Kirk (Easter Egg: Kirk meint, die Sternzeiten ändern sich eh zu willkürlich, eine klare Anspielung auf TOS). Imposant geht hier sogleich ein Planet in die Lüfte und ja, räumen wir den Elefanten gleich mal aus dem Raum: Gut aussehen tut die Folge von vorne bis hinten.
Wenn später die Enterprise die Farragut deckt und Asteroiden abschießt, ist das einfach ein Augenschmauß, den man so in einer Classic-Serie halt noch nicht zeigen konnte. Auch das fremde Schiff später geht in Ordnung, wobei man sich fragen kann, ob das mit dem Maul nicht etwas drüber ist, immerhin musste das Ganze, wie wir erfahren, ja auch gebaut werden, aber dazu kommen wir noch.
Selbst das Innere des fremden Schiffes geht in Ordnung und ja, man kann sich jetzt darüber aufregen (wie mein Kollege Christopher) das man hier immer in den gleichen Gängen unterwegs ist, dass die Brücke von Farragut und Enterprise gleich aussieht und es sich im Grunde um eine Art Bottle Show handelt. Das hat mich jetzt allerdings nicht sonderlich gestört, denn ich finde, das wurde gut kaschiert.
Dahingegen muss man loben, dass man nicht die übliche Klischeetüte bedient hat und V’Rel umgebracht und Kirk schon zum Captain gemacht hat. Die Kommandantin überlebt hier, Kirk ist es nur übergangsweise, aber auch zu den Charaktermomenten kommen wir gleich.
Der Rest ist, okay, so fair muss man sein, ähnlich wie die TOS-Folge „Planeten-Killer“ aufgebaut. Ein großes Schiff kommt, zerstört Planeten und erntet Schiff. Die Enterprise wird sogar verschluckt. Irgendwie sah ich es schon vor mir, dass man die Farragut am Ende opfert und in dem Ding sprengt und Kirk so später in der Planetenkillerfolge auf die Lösung kommt (obwohl es dort ja ganz anders aufgebaut ist, aber ihr wisst ja, Minor shifts….).
So kommt es dann zum Glück doch nicht, auch wenn das Schiff von innen heraus zerstört wird. Wie schon in der Folge zuvor, ist auch dieses Konstrukt für Scanner undurchdringlich, was natürlich die Spannung erhöht. Es sind also Anleihen da, auch an Peter Davids Vernichtungsmaschinen, die dieser in seinen Büchern immer so gerne bringt, aber es ist unterm Strich noch genug eigenes Potential vorhanden.
Dieses bezieht sich natürlich vornehmlich auf die Situation auf der Farragut, wobei die Enterprise zwar auch ein paar Szenen hat, hier aber eindeutig die Figurenkonstellation auf dem Schwesterschiff im Vordergrund steht.
TOS-Vibes im All
Und die versammelt halt nunmal die komplette TOS-Crew… okay okay, die komplette TOS-Crew, die bei Strange New Worlds bisher im Einsatz ist, und zwingt sie, zusammenzuarbeiten.
Chapel bleibt dabei zwar etwas blass und darf hauptsächlich nur die Verwundeten versorgen, aber das war ja bei TOS auch schon so. Dafür bekommen die anderen genug Raum. So darf Kirk mit Scotty argumentieren, der sichtlich seine Zuneigung für Raumschiffe findet. Hier übrigens auch gut erklärt, wieso man das fremde Schiff einholen kann. Die Szenen mit den Warpgondeln am Schluss sieht übrigens nicht nur wieder gut aus, sondern ist eine durchaus sinnvolle Notfallmaßnahme, die ruhig schon früher mal erwähnt hätte werden können – also im alten Star Trek. Zumindest wäre mir hier nichts dergleichen bekannt.
Uhura darf Kirk Paroli bieten und ein Streitgespräch führen, was ihre Rolle durchaus aufwertet, auch in Bezug auf TOS (wobei man freilich sagen könnte, dort wäre sie von Kirk eher ruhig gestellt worden). Fast schon habe ich erwartet, dass Kirk eine seiner Super-Ideen aus dem Ärmel schüttelt und ihr damit den Wind aus den Segeln nimmt. Stattdessen geht er aber erstmal nachdenken.
Das ist gut, denn so wird eben Kirks Werdegang gezeigt. Er ist nicht der erfahrene Veteran, als den wir ihn aus TOS kennen, sondern hat eben noch einiges zu lernen. Ja, Wesleys Darstellung hapert etwas und ich hätte mir einen Schuss mehr Pine aus der Kelvin-Zeitlinie im neuen Kirk gewünscht, so langsam wird es aber. Übrigens: wurde die Folge vor der letzten gedreht? Hier hat Uhura wieder die Haarpracht vom Beginn der Staffel, während sie in Folge 5 mit anderem Cut besser aussah. Aber das sind nur so Beobachtungen am Rande. Auf jeden Fall ist es gut, Kirk auch mal als fehlbar, vor allem zu Beginn, zu sehen.
Es ist nun Spock, der Kirk ins Gewissen redet und vor allem diese Szene passt charakterlich ganz gut ins Gesamtbild. Die Freundschaft der beiden beginnt sich hier zu entwickeln und gemeinsam ziehen dann alle am Strang. Es wurde sogar ein Easter Egg eingebaut, denn La’an und Kirk werfen sich einen Blick zu, ebenso wie La’an und Spock. Ein kleiner Hinweis darauf, dass sie in der letzten Staffel noch was von Kirk wollte.
Insgesamt macht es also Spaß, den TOS-Recken zuzuschauen, eine weitere Prequel-Serie will ich aber trotzdem nicht, auch wenn es hier funktioniert. Aber darüber hab ich bereits in der Review zu Folge 5 gesprochen. Auch ein blindes Huhn… na, ihr wisst ja.
Zwei für ein Königreich
Und damit bleibt die Lage auf der Enterprise, die ja von den Plünderern angegriffen wird. Das hat ein paar Höhepunkte, aber auch viele Schattenseiten, die ein bisschen auf die Wertung drücken.
Ja, es wird erklärt, dass man die Außenbereiche evakuiert, weswegen man allein in Raumanzügen gegen die Plünderer kämpft. Aber ganz ehrlich: zwei Plünderer gegen ein ganzes Raumschiff? Es stehen 7000 Mann zur Verfügung und ich gehe nur mit zwei rein, um das Schiff zu zerlegen oder abzuschröpfen? Zwei gegen eine ganze Crew? Schwer vorstellbar, auch wenn sie „Unverwundbarkeitsschilde“ tragen. Das ist zwar in gewisser Weise wieder ein Plotdevice, damit die Helden es schwerer haben, aber sowas habe ich mir auch schon länger mal gewünscht, denn Körperschilde gibt’s halt nur bei Dune. Die klobigen Raumanzüge der Plünderer indes gehen in Ordnung und passen zu der Auflösung, die wir später erfahren.
Schön ist auch, dass Pelia erneut glänzen darf, denn irgendwie mag ich die schrullige Ingenieurin. Etwas drüber finde ich aber die Verkabelung der Enterprise mit antiken Telefonen. Ja, es ist ein nettes Easter Egg, dass Pelia 80er-Jahre-Sachen im Schub hat und ein paar der verwunderten Blicke erntet man heute sicher auch von Kindern. Aber wieviel Kupferkabel braucht man für ein über 200 Meter langes Schiff? Und das hat sie mal eben einfach so rumliegen? (Okay, für alle Nerds unter euch: Man verbindet nur die eine Seite der Untertasse über die Brücke mit der anderen. Die Untertasse hat aber auch schon ca. 127m in der Breite. Habt ihr soviel Kupferkabel im Schrank liegen, weil ihr Telefone 200 Jahre aufhebt?)
Natürlich ist dem ganzen ein gewisser Retro-Charme nicht abzusprechen und das Herausmanövrieren (mit Joysticks, „Der Aufstand“ lässt grüßen) inklusive Luftschleusenablass sieht dann doch wieder ganz gut aus.
Womit wir auch schon bei der Auflösung der Folge und dem großen Twist wären. Denn es handelt sich um menschliche Nachfahren, die nach dem dritten Weltkrieg aufgebrochen sind, wie Pelia uns erklärt. (Warum spricht sie eigentlich dauernd von „wir“? Als Lantaanitin ist sie doch gar kein Mensch. Und das sie während des dritten Weltkriegs auf der Erde blieb ist, gelinde gesagt, mutig).
Die Diskussion, die sich hier anschließt, ist, ob es nicht eine andere Lösung gegeben hätte und ja, zumindest hier muss ich Kollege Christopher zustimmen, das hätte ruhig etwas deutlicher und mehr sein dürfen. Denn Pike macht es sich mit „Die haben uns angegriffen bzw. wollten uns töten“ schon etwas zu leicht, immerhin hat einer ja eben DOCH gezögert, auf ihn zu schießen. Und wo war eigentlich die Enterprise, hätte die nicht ein paar an Bord beamen können, oder hab ich was verpasst?
Die viel wichtigere Frage ist aber: wie konnten die in 200 Jahren so ein übermächtiges Schiff bauen, dass der Technologie der Föderation haushoch überlegen ist? Na gut, ich hör ja schon auf.
Das Ende ist beabsichtigt bitter und bringt nicht nur Kirk zum Nachdenken, daher gibt’s Bonuspunkte für den Versuch.
Schöne Rezension.
Das mit der Telefonverkabelung hatte ich anders verstanden: Haben sie nicht die Telefone mittels kurzen Kabeln an bereits vorhandene Kabel hinter den Abdeckungen der Enterprise angeklemmt?