Halbzeit bei der neuen Strange New Worlds-Staffel. Tom hat sich Folge 5 zu Gemüte geführt und die Spoiler-Linse aufgesetzt.
Was dabei rauskam, lest ihr hier!
Und da waren sie wieder, meine 7 Kanon-Probleme
Die Folge beginnt gleich mit einem Gespräch zwischen Chapel und La’an – und schlittert damit gleich volles Karacho rein in Sachen, die mich wieder total gestört haben.
Zum einen sind Spock und La’an sicherlich ziemlich vorsichtig, aber gut, gehen wir mal davon aus, die Beziehung der beiden macht wirklich schon die Runde auf dem Schiff. Chapel ist hier sehr interessiert, zu erfahren, was Sache ist. Und obwohl sie beteuert, dass es ihr egal ist und sie nichts dagegen hat, klingt das dann doch komplett anders.
Auch die Szene mit Spock im Fahrstuhl zeigt, dass sie eigentlich schon irgendwie noch etwas für den Vulkanier empfindet. Es wird während der Szenerie in dem Gewölbe auf dem Planeten noch auf die Spitze getrieben werden, aber dazu kommen wir an anderer Stelle noch. Grundsätzlich und charakterlich ist es in Ordnung, dass so aufzubauen, wie man es in dieser Folge macht.
Die beiden neuen Pärchen kommen auf den Planeten und müssen ein Problem lösen. Garniert wird das ganze noch von einem dritten Pärchen (oder zumindest bald zu werdenden Pärchen, in dem Fall Uhura und Ortegas Bruder) und fertig ist die Geschichte. Im Grunde hätte man da aber durchaus noch etwas mehr herausholen können, so richtig in Fahrt kommt die ganze Geschichte auch auf dem Planeten nicht, aber auch dazu später mehr.
Unterstützt wird das „Nicht funktionieren“ dadurch, dass die Chemie zwischen Jess Bush und Ethan Peck in keinster Weise derart zieht, wie zwischen Chong und Peck. Von letzteren will man mehr sehen, bei Ersterer lässt mich sogar ihre Beziehung zu Roger Korby kalt. Und das war eben eine Blitz-Beziehung.
Sehen wir uns die Figurenkonstellation von Christine mal an, so kommt diese mit Spock zusammen, trennt sich. Lernt Roger kennen, mit dem sie sich nach nur drei Monaten (!) verlobt, schmachtet aber insgeheim noch Spock an. Der will aber dann, aus Gründen, die wir noch sehen werden (oder auch nicht) nichts mehr von ihr wissen. Okay, irgendwie ist das verständlich, denn bei dem Wechselkurs (und was immer später mit La’an passiert) wäre ich als Spock auch zurückhaltend bei Chapel.
Man könnte jetzt kontastieren, dass sie Roger halt nie wirklich geliebt hat und das nur eine Flucht war. Sie war bei Spock zu unsicher, hatte Angst, floh in die Beziehung zu Korby, obwohl sie eigentlich noch Spock wollte. Nur passt dazu eben nicht die Darstellung aus TOS, derzufolge sie Roger als ihre große Liebe wiederfinden wollte.
Überhaupt, Roger Korby. Der müsste eigentlich JEDE SEKUNDE verschwinden! Laut TOS war er seit 5 Jahren verschollen. Gamble kam in Folge 2 der aktuellen Staffel an Bord, welche im März spielte. Er sagt zu Beginn er ist nun 6 Monate an Bord, das heißt wir sind bereits im September 2261! (Man kann da noch jonglieren, wenn man seine Praktikumszeit anrechnet, aber das wird nicht viel sein). Laut der Sekundärliteratur müsste der gute also schon längst verschwunden sein und auch Kanon-technisch wird’s langsam eng. Hoffentlich haben die Macher dies auf den Schirm! Gut, die Produzenten werden es wohl, wie so immer, mit kleinen Abweichungen in der Zeitlinie erklären („Minor shifts to the Timeline“), aber das wird später in der gleichen Folge noch ein Riesenproblem!
Warum, dazu kommen wir gleich. Schlagen wir nun zuerst den Bogen zurück zu Chapel. Sah man TOS, war es eher ein: Sie will Spock, aber der hat nur Augen für die Logik. Kühl, unnahbar, vielleicht auch deswegen so anziehend. Die arme hat einfach Pech gehabt (oder nur kurzzeitig Glück, siehe die TAS-Folge „Der Liebeskristall“). Schaut man nun aber TOS mit dem Wissen aus SNW wandelt sich diese Sichtweise. Nun ist es eher ein: „Tja, selber Schuld Christine, wenn du so ein Wechsel-Dich-Spielchen spielst“.
Es entwertet also in meinen Augen die TOS-Chapel (die ja eh nicht viel zu tun hatte) und das schadet in meinen Augen dem Charakter insgesamt. Natürlich muss jeder selber entscheiden, wie sehr ihn das stört…
Und damit zurück zum nächsten großen Bruch in der Geschichte. Gamble wird ja während der Mission verletzt und verliert seine Augen, die M’Benga ihm wieder synthetisieren will (was nicht geht, weil schon tot und bla und blubb, aber das tut jetzt hier nichts zur Sache). Ich sage es nochmal: er will Gamble neue Augen synthetisieren, und das scheint im 23.Jahrhundert völlig normal zu sein. Komplexe organische Systeme mit Sehnerv also aus dem 3D-Drucker? Sorry, aber das gibt’s so nicht mal im 24.Jahrhundert (selbst Nogs Fuß war, meine ich, geklont).
Und jetzt, 100 Jahre früher, soll das möglich sein? Gehen wir mal für einen kurzen Moment davon aus, dass es möglich ist, dann muss ich es nun knallhart formulieren: Personen wie Geordi würde es 100 Jahre später nicht geben. Adieu, Visor-Technologie! Und das kann man auch nicht mit Minor Shifts to the Timeline erklären, da es dann TNG, so wie wir es kennen, nicht gegeben hätte!
Hier hat man also die Dramatik der Kontinuität geopfert, allerdings völlig ohne Grund. Man hätte diesen Kniff mit der Brille nicht gebraucht, damit die Folge funktioniert. Die Brille hätte auch was komplett anderes tun können, es hätte den Verlauf der Folge nur minimal gestört. Stattdessen dreht man es sich wieder so zurecht, wie man es gerne hätte und ignoriert alle Auswirkungen.
Um fair zu bleiben: das hat man in der Vergangenheit teilweise – auch in New Trek – schon bedeutend besser hingekriegt. Trotzdem: ich will mein Star Trek, wie ich es kenne, gerne behalten und nicht TOS und TNG umgeschrieben sehen.
Natürlich haben wir darauf keinen Einfluss, Paramount könnte hergehen und tatsächlich nur New Trek zum neuen Prime-Universum machen, das alte auslöschen (analog Disneys Star Wars). Oder man geht den Coda-Ansatz und lässt alles so stehen, Zeitreisen löschen es aber aus. Dadurch sind beide Ereignisse (bzw. alle alten Serien) zwar passiert, aber es kommt nun Neues hinterher. (Ja ich weiß, das hatte ich schon bei den Kelvin-Filmen prophezeit und bin nun froh, dass es nicht eingetreten ist).
Klar, der Shitstorm wäre vorprogrammiert, aber als Rechteinhaber könnten sie so einen Zug machen und wir könnten nichts dagegen tun. Nun wollen wir hier mal nicht den Teufel an die Wand malen, denn das würde natürlich alles, was auch bei NuTrek bislang produziert wurde, ebenfalls auslöschen, und diesen Schritt wird man wohl nicht gehen. Worauf ich hinauswill ist folgendes: Nein, ich will definitiv keine weitere Prequel-Serie über die ersten Jahre von Kirk auf der Enterprise, sondern eher eine Legacy-Serie (gern auch komplett neu) im 25.Jahrhundert. Lasst doch einfach Classic-Trek so, wie es ist und spart euch die Umfragen zur Fanhilfe.
So, nun sind schon wieder zweieinhalb Seiten über Kanon-Lästereien vorbei, ohne zur eigentlichen Folge gekommen zu sein. Das müssen wir schleunigst ändern.
Das gute ist, dass diese Unstimmigkeiten in den ersten 10-15 Minuten der Folge auftreten. Wer sich davon stört, folgt ihr vermutlich eh nicht mehr richtig, wer das dann aber mal ad acta legen kann, wird mit einer durchaus interessanten Ausgangslage konfrontiert.
Das Gewölbe
Denn es geht um eine archäologische Mission von Korby (und Chapel), die durchaus was für sich hat. Als Fan von Indiana Jones und Tomb Raider bin ich natürlich für so was immer zu haben und auch wenn das ein wenig an die Progenitor-Vorrichtung aus Discovery erinnert, sieht das durch die Bank gut aus. Man hat im vorliegenden Fall die VR-Wand gar nicht so sehr entlarvt und atmosphärisch kann das Gewölbe also durchaus gut mithalten.
Das Chapel und Spock hier ein bisschen Kompetenzgerangel zeigen, nervt zwar etwas, passt aber zum eingangs erwähnten Setup. Auch Korby ist hier sichtlich nicht einverstanden, mit dem Vorgehen der Sternenflotte, was wohl zu seinem (hoffentlich) baldigen Verschwinden beitragen wird. Hier ist übrigens allgemein bekannt, dass er nach der Unsterblichkeit sucht. Da ist es später in TOS natürlich schon etwas verwunderlich, dass niemand davon gehört hat. Aber das lassen wir jetzt mal außen vor.
Um Hilfe gebeten haben nämlich die Makronen. Nein, nicht die Metronen aus TOS, was ich zuerst gehört habe (und auch keinen Sinn macht), sondern die Makronen. Diese schönen kleinen Dinger, die man auf Jahrmärkten immer essen kann.
Naja, und die hab ich halt immer vor Augen, wenn von diesen Aliens geredet wird. Okay, ganz so wie im Bild oben schauen sie nicht aus, das Make-Up ist sogar recht gelungen und auch die Stimme passt. Aber, wie einige andere Red Shirts, ist auch unser lieber Führer eher nur ein Aufhänger und segnet schnell das Zeitliche.
Dafür passt wie erwähnt der Rest des Settings, auch wenn Chapel hier die Schwächste Figur abgibt. Zunächst scheint sie mehr Ahnung zu haben, als Korby, was eigentlich nicht passt, das Letzterer ja der Professor ist. Unvorsichtigerweise geht sie auch einfach hin und lässt sich pieksen. Am Ende muss sie sich für Spock und gegen Korby entscheiden, zumindest was die Argumentation angeht, denn der Vulkanier sagt ihr, sie soll in den leeren Raum treten. Das ist ein Umkehrschluss zu Beginn, wo sie es ist, die Spock eben diese Lektion zum Vertrauen gibt – und In-Universe sicher ein weiterer Sargnagel für die Beziehung zu Korby bzw. dessen Weggang.
Leider funktioniert die Szene für mich nicht. Wie erwähnt passt die Chemie zwischen Bush und Peck nicht so wirklich und zum anderen, hätte man doch sicher auch den Fuss einfach ausstrecken und auftreten können, damit der Steg wieder sichtbar wird. Zumindest sieht es so aus. Man hätte also nicht komplett in die Leere treten müssen, aber ja, man brauchte eben diesen „Vertrauen“-Moment.
Schwach bleibt in der Hinsicht auch Pärchen Nummer drei, Uhura und Ortegas Bruder. Letzterer hat nach der gescheiterten Hochzeit (Folge 2) die Erlaubnis zum Filmen bekommen. Wie wir oben gelesen haben, sind seither locker flockige sechs Monate (oder mindestens drei) vergangen, und man fragt sich, was er in der Zeit gemacht hat. Mit Uhura scheint es jedenfalls nicht groß weitergegangen zu sein, da ist man noch auf dem Niveau von zuvor. Die beiden machen zwar auch hier im Tandem eine gute Figur, davon gerne mehr, unterm Strich ist es für diese Folge aber einen Ticken zu wenig.
Klar, es sollen ja auch die anderen beiden Pärchen im Vordergrund stehen und zumindest bei Spock/Korby und Chapel/La’an passt es dann wieder zusammen. Hier kommt das Teamwork gut zum Tragen und Phasenverschobene Technologie kennt man z.B. schon aus TNG. Insofern passt auch die Auflösung. Schade ist lediglich, dass die fremde Kultur etwas außen vor bleibt und auch Sachen wie die chinesischen Schriftzeichen, oder was man mit den Wesen bezwecken bzw. wie sie dann eingesperrt wurden, nicht zufriedenstellend aufgelöst werden. Aber das ist natürlich nur das Tüpfelchen auf dem I.
Insgesamt gefällt die Gewölbe-Sequenz also durchaus.
Action auf der Enterprise
Und damit sind wir beim letzten Punkt der Folge angelangt: Gamble. Der frisch zuvor eingeführte Pfleger darf hier als Bauernopfer herhalten. Klar, Ortegas Bruder wird man kaum so schnell opfern, wenn man ihn mit Uhura in Stellung bringt, und die anderen in der Pärchen-Konstellation sind eben auch vor dem Tode geschützt. Etwas schade ist es dennoch, hatte die Figur doch als Nebencharakter durchaus Potential.
Klar kann man jetzt drüber streiten, ob man einfach so fremde Objekte anfässt. Und ab wann die fremde Entität spricht und Gamble wirklich tot ist. Vor allem am Ende im Maschinenraum ist das eine äußerst faszinierende Frage, die nicht zufriedenstellend geklärt wird und die man gern intensiver hätte erforschen dürfen. Aber das hätte vermutlich die Laufzeit der Folge, die mit 55 Minuten eh schon länger als normal ist, noch weiter in die Höhe getrieben. Andererseits: Mut zur Veränderung, Orvilles dritte Staffel hatte auch nur 10 Folgen, aber da gingen die meisten fast 90 Minuten, weil es Raum für die Charaktere gab. Aber wir schweifen ab.
Als total unfähig (und schon fast auf TOS-Niveau) agieren hier die Red Shirts. Nicht nur das die überwältigt werden (das kann man ja vielleicht noch akzeptieren), nein Gamble selbst wird später als übermächtig dargestellt. So greift er durch ein Kraftfeld und erwürgt einen Red Shirt! Wie das genau geht, wird leider nicht erklärt, hier darf man mal wieder das Drehbuch zurechtbiegen, auch wenn man sich in eine Ecke geschrieben hat.
Ich kann ja noch akzeptieren, dass Gamble über M’Bengas Tochter nachgelesen hat, immerhin vergöttert er den ja geradezu. Aber über einen unwichtigen Red Shirt und dessen Mutter? Bis hin zum Nachmachen von deren Stimme? Kann der Gedankenlesen? Oder hat er die Infos irgendwo anders her? Ein unnötiger Creepy-Moment halt, der leider die Logik der Serie dafür opfert, dass Gamble flieht und in den Maschinenraum kommt.
Aber halt, wir müssen auch noch etwas zurückspulen. Denn auch Batel, die Freundin von Pike, ist an Bord und trifft auf Gamble. Und ja, ich hatte es ja noch bei Folge 3 befürchtet (und gehofft, sie machen es nicht), hier wird es nun traurige Gewissheit: Wir bekommen einen Super-Gorn-Mensch-Hybriden. Da ändert auch die Tatsache, dass Batel hinterher nichts mehr weiß, nichts daran, das man sie so wohl aufwerten wollte. Leider bin ich da der Meinung meines Kollegen Christopher: am Ende kann hier nur das heldenhafte Opfer Batels stehen (und Pike muss ja auch irgendwie seine Liebe zu Talos IV wiederfinden…). Nein, das hat man wirklich nicht gebraucht.
Und wo wir schon bei nicht gebraucht sind: auch das Ende, als die Kreatur wohl durch das Aufflackern des Computers deutlich macht, dass sie noch irgendwo rumgeistert, hätte man sich schenken können. Das hätte in einer etwaigen Fortsetzung auch mit einer einfachen Rückblende funktioniert. Immerhin sehen wir so die Schreibweise der Wesen: Vezda. Und der kurze Moment zwischen Pike und seiner Freundin ist ganz okay, auch wenn es schnell wieder zu den Pärchen weitergeht.
Streiten kann man an der Stelle dann auch, wie oben erwähnt, über das Ende. Denn es ist Pelia, die kurzen Prozess mit Gamble macht. Ob hier Betäuben besser gewesen wäre? Oder ist das gar eine Andeutung auf den Salzvampir? Wie sie später erklärt, hat sie Angst gehabt und deswegen abgedrückt und die Wesen bleiben auch mysteriös. Pelias Sätze werden dadurch aufgewertet, das man am Ende nicht weiß, ob sie es ernst gemeint hat, oder nur für die Kamera gesprochen hat. Gerade das macht Pelia charmant – und der Fakt, das hier Interpretationsspielraum bleibt, wertet die Figur in meinen Augen auf. Hier hat sogar Beto Ortegas dazugelernt (und zum Glück hat man darauf verzichtet, die Folge, außer zu Beginn, im Dokustil zu filmen).
Auch Scotty darf „unter Druck“ wieder glänzen und schickt den Vezda in den Puffer – eine Übung für später, denn so wird Scotty, wie wir wissen, ja auch mal enden. So gehen Verbeugungen vor Classic Trek, ohne zuviel zu verbiegen.
Besser wäre es aber gewesen, M’Benga den Trigger drücken zu lassen. Zwischen ihm und Gamble hat sich nämlich was aufgebaut (Schützling? Freundschaft? Mehr?) und das hat man als Zuschauer miterlebt, weswegen die Szene auch ganz gut funktioniert. Hier hätte der „Schlächter“ wieder hervorkommen und das ganze beenden können, das hätte M’Benga dann im Nachgang noch verarbeiten können (und das wäre besser gewesen als in Zombie-Folge 3). Aber gut, man kann nicht alles haben, auch so sind die gequälten M’Benga-Momente an der Stelle gekauft.