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Aus dem Jahr 2008: TZN Exklusiv mit Andy Robinson

Museumsstück: Im Jahr 2008 hatte TrekZone.de die Gelegenheit, ein spannendes Gespräch mit Andrew Robinson (Garak aus “Deep Space Nine”) zu führen. Das Interview fand im Vorfeld des “Evening with Andrew Robinson”, organisiert von FKM Events, statt.

To read the English transcript of this interview, please follow this link. ٩(◕‿◕)۶

Interview und redaktionelle Bearbeitung, Fotos: Henning Koonert, Marvin Luchs, Tom Gerlich, Melanie Brosowski, Klaus Wittmack (2008)

Henning Koonert (TrekZone.de): Herr Robinson, sind Sie heute zum ersten Mal in Hamburg?

Andy Robinson: Nein, ich war vor zwölf Jahren schon einmal hier anlässlich einer anderen Convention von einem anderen Organisator. Also bin ich jetzt zum ersten Mal in zwölf Jahren wieder hier, glaube ich.

TrekZone.de: Eine ganz schön lange Zeit.

Andy: Eine wirklich lange Zeit. Und wie man so sagt, seitdem ist viel Wasser den Rhein hinabgeflossen.

TrekZone.de: Waren Sie in der Zwischenzeit denn mal irgendwo anders in Deutschland?

Andy: Ja, ich war öfters hier. Anlässlich verschiedener Dinge an unterschiedlichen Orten. Sogar einfach mal nur als Tourist. Allerdings war ich noch nie zum Filmdreh hier in Deutschland.

TrekZone.de: Wir haben natürlich eine Reihe von Fragen zu Ihrer Rolle als Garak.

Andy: Klar, fragen Sie mich, was Sie wollen!

TrekZone.de: Ihr erster Auftritt war glaube ich in der dritten Folge von “Deep Space Nine”. Konnten Sie, als Sie die Rolle ergattert haben, absehen, dass es sich dabei um eine wiederkehrende Rolle handeln würde?

Andy: Nein, überhaupt nicht. Ursprünglich war ich im Rennen für die Rolle als Odo, die schlussendlich an Rene Auberjonois gegangen ist. Drei Schauspieler waren in der engeren Auswahl: ich, Rene und noch ein anderer Schauspieler. Rene hat die Rolle am Ende bekommen und ein paar Wochen später baten sie mich, noch einmal vorbeizukommen und für diese andere Rolle vorzusprechen, von der ich dachte, sie würde nur in einer Folge vorkommen. [Die Autoren] suchten nach einer Möglichkeit, Doktor Bashir stärker in die Serie einzubinden und daher versuchten sie es mit diesem Handlungsbogen. Doktor Bashir sollte diesen älteren Cardassianer treffen, der anscheinend Schneider ist. Ist er ein Spion, wer ist er? Eine sehr mysteriöse Person, der letzte Cardassianer auf der Station. Sie wollten schauen, ob zwischen Siddig und mir als Schauspieler die Chemie stimmte. Und wie Sie wissen, verstanden wir uns sofort prächtig. Wir hatten eine tolle Zeit miteinander. Als sie die Folge, ich glaube es war “Past Prologue” (“Die Kohn-Ma”), sahen und feststellten, dass wir gut zusammenarbeiteten, entschieden sie sich, weitere Folgen mit Garak zu schreiben, wofür ich auf ewig dankbar bin.

TrekZone.de: Bereuen Sie es, die Rolle als Odo nicht bekommen zu haben?

Andy: Nein. Nein, überhaupt nicht. Als Schauspieler, besonders als Schauspieler in einem gewissen Alter wird man sehr philosophisch, was diese Dinge angeht. Zu Recht, denke ich. Wer immer eine Rolle bekommt, dem gehört sie. Man kann da keine Gewissensbisse haben oder das im Nachhinein anzweifeln oder verbittert deswegen sein. Was mich betrifft, bekommt immer der richtige Schauspieler die Rolle und Rene war auf jeden Fall der richtige. Er war wunderbar als Odo.

TrekZone.de: Und natürlich stellte sich Ihre Rolle als Garak auch als ziemlich umfangreich heraus.

Andy: Oh, Garak war einer der besten Charaktere, ich meine das wirklich, er war einer der erfreulichsten, voll zufriedenstellenden Charaktere, die ich in meinem Leben gespielt habe. Dazu war es das einzige Mal, dass ich als Schauspieler einen Charakter über sieben Jahre hinweg entwickeln konnte und er gleichzeitig nicht übermäßig verwendet wurde. Damit meine ich, dass häufig den Autoren die Ideen ausgehen, was ein Hauptcharakter tun und sagen kann und dann wiederholen sich die Aktionen und Handlungsfäden für den Charakter nur noch. Das Gesetz des abnehmenden Ertrags setzt ein und der Charakter wird reduziert. Weil ich als Garak eben kein Hauptcharakter war, trat ich nur gelegentlich auf, ich glaube in 39 Folgen, und wenn ich darin vorkam, dann weil es einen Grund für mich gab, dort zu sein. Meistens jedenfalls. Bei ein paar Folgen habe ich mich gefragt, was ich überhaupt hier mache. (lacht) Aber das kommt immer mal vor und sie haben mich bezahlt, also war das schon in Ordnung.

TrekZone.de: Gibt es etwas, das Sie als Garak gern noch auf dem Bildschirm erlebt hätten? Ein Aspekt seines Charakters oder seiner Persönlichkeit, die Sie hätten erforschen wollen?

Andy: Wissen Sie, sie haben diese Liebesgeschichte begonnen. Aber sie konnten nicht die richtige Schauspielerin dafür finden. Sie wählten erst diese eine Schauspielerin aus, um den Charakter, Ziyal, zu spielen. Die mochten sie nicht. Also nahmen sie dann eine andere Schauspielerin, die aber meine Enkeltochter hätte sein können! Da fühlte ich mich ein wenig, na ja, es ist ein bisschen pervers. Und dann haben sie sich entschieden, das Ganze einfach links liegen zu lassen.

Aber es wäre wundervoll gewesen, eine Art bittersüße Liebesgeschichte zu haben. Jemand bricht Garak das Herz und versucht auf romantische Art und Weise das ihn umgebende Geheimnis zu lüften – und scheitert daran. Das war auch einer der Gründe, aus denen ich das Buch geschrieben habe, um diesen Teil von Garak, um Garaks Herz zu ergründen.

Als Schauspieler verliebt man sich in seine Charaktere, zwar nicht immer, aber zu denen, in die man sich verliebt, entwickelt man eine sehr innige Beziehung. Der Charakter nimmt dann ein eigenes Leben an, denn das versucht man als Schauspieler zu erreichen, man versucht sich in das Leben des Charakters hineinzuversetzen. Ganz offensichtlich bin ich nicht Garak, bin ich nicht Hamlet oder einer dieser Charaktere, aber man findet Berührungspunkte mit seinem eigenen Selbst, um diesen Wandel hinzukriegen.

Als ich die Rolle bekam, war ich kein “Star Trek”-Fan, ich hatte keine Ahnung, was das “Star Trek”-Universum war, wer Cardassianer oder Klingonen oder Romulaner waren. Ich hatte keine Ahnung davon.

TrekZone.de: Sie hatten es nie gesehen oder davon gehört?

Andy: Ich hatte davon gehört, aber nie auch nur eine Sekunde gesehen. Und dann: ein Cardassianer? Ich hatte keine Ahnung, was das war.

TrekZone.de: Dann mussten Sie die Maske aufsetzen…

Andy: Ja, genau. Aber sie haben mir zuerst die “Next Generation”-Folgen gezeigt, in der David Warner den Cardassianer spielt, der Picard foltert. Und ich dachte, na, der Kerl sieht ja interessant aus… Durch diese Folgen wurde dann mein Interesse geweckt. Mir wurde klar, dass sie sich mit wirklichen Themen beschäftigen. Und natürlich waren die Schauspieler wunderbar. David Warner war schon immer einer meiner Lieblingsschauspieler.

Ich habe dann einen Schauspieler-Trick angewandt, während ich mich mit der Rolle als Garak beschäftigt habe. Ich begann, ein Tagebuch zu schreiben. So als ob Garak ein Tagebuch hätte, in das er seine Einträge macht. Ich dachte mir Dinge über ihn aus. Das macht man als Schauspieler manchmal für einen Charakter, man versucht ihm eine Geschichte, ein Leben zu geben. Als dann die Serie vorüber war, wurde mir klar, dass es noch etwas über Garak zu erzählen gab und daher habe ich das Buch “A Stitch in Time” geschrieben.

TrekZone.de: Mit dem Tagebuch haben Sie angefangen, als Ihnen klar wurde, dass Garak nicht nur in einer oder zwei Folgen auftauchen würde, sondern ein wiederkehrender Charakter war?

Andy: Ja, ganz genau. Ich glaube, dass ich im zweiten Jahr angefangen habe. Ein weiterer Grund dafür war, dass ich zu der Zeit zum ersten Mal zu Conventions eingeladen wurde. Nach zwei oder drei Conventions wurde deutlich, dass es vier oder fünf Fragen gab, die mir jedes Mal gestellt wurden. Wie lange dauert das mit der Maske und so. Ich dachte mir, es wäre doch interessant, wenn ich auf den Conventions etwas anderes machen würde. Daher habe ich dann Auszüge aus diesen Tagebüchern vorgetragen. Das fand unglaublichen Anklang und daraus haben sich dann viele andere Dinge entwickelt. Wir Schauspieler überlegten uns, dass wir etwas anderes tun könnten, als auf die Bühne zu kommen und über unser Make-up und so zu reden.

Siddig und ich haben sogar ein Theaterstück zusammen geschrieben, das wir auf verschiedenen Conventions aufgeführt haben. Es war wirklich ein anspruchsvolles Stück, das sich um die String-Theorie drehte.

TrekZone.de: Worum ging es dabei genau?

Andy: Im Grunde verschlägt es Garak und Bashir an diesem Ort, von dem niemand genau weiß, was das ist, aber es sieht aus wie eine Convention mit “Star Trek”-Fans. Die beiden müssen ihren kniffligen Auftrag ausführen, vor all diesen Leuten, die an Tischen sitzen und sie beobachten. Es war sehr, sehr, sehr postmodern. (lacht) Eine Zeitlang haben wir sogar vor Publikum an einem Theaterstück gearbeitet. Zum Ende hin, als wir es schließlich geschrieben und vollendet hatten, war es am besten, aber während wir damit noch herumexperimentierten, sind glaube ich viele Leute eingeschlafen. (lacht)

Irgendwann hat jemand, David, ich habe seinen Nachnamen vergessen, zusammen mit Armin Shimerman ein Buch geschrieben und er meinte, ich solle meine Notizen zu einem Roman ausarbeiten und das habe ich dann gemacht. Meins war tatsächlich das erste “Star Trek”-Buch, das von einem Schauspieler ohne so genannte Ghostwriter geschrieben wurde.

TrekZone.de: Können Sie sich vorstellen, noch ein weiteres Buch über Garak zu schreiben?

Andy: Nein. Ich habe alles erzählt, was ich jemals zu Garak sagen könnte. Das ist das eine. Zum anderen müsste ich in einem solchen Fall aufgrund der Unternehmenspolitik von Pocket Books, der Sparte von Simon & Shuster, die die “Star Trek”-Bücher verlegt, all die anderen Bücher lesen, in denen Garak eine Rolle spielt und das interessiert mich überhaupt nicht. Tatsächlich war nämlich die Entwicklung von Garak, die ich mir ausdachte, besonders als junger Mann, seltsam meiner eigenen Entwicklung ähnlich.

TrekZone.de: Sie haben aber noch eine Kurzgeschichte geschrieben, die zeitlich nach Ihrem Roman spielt [“The Calling”, Teil der Sammlung “Prophecy and Change”]. Dort haben wir zum letzten Mal von Garak gehört und ihm ergeht es nicht sehr gut. Er ist geistig in keiner guten Verfassung. Wenn wir uns in der Zeit vorwärts bewegen könnten zu einem Ort in einer Zeit danach, wie würden wir Garak vorfinden?

Andy: Tot. Ehrlich. Denn als ich die Idee zu dieser Novelle hatte, wollte ich zunächst Garak nach Paris bringen und erforschen, wie das sein würde. Ich wohne einen Teil des Jahres über in Paris und es kommt mir wie ein Museum vor. Ich stellte mir vor, dass sie es 400 Jahre in der Zukunft tatsächlich bewahrt und es zum Museum der Welt gemacht hätten. Als ich Garak dann nach Paris brachte, wurde alles sehr deprimierend. Daher war er in keiner guten Verfassung und mir wurde klar, hätte ich noch länger über Garak geschrieben, hätte er sehr wahrscheinlich sterben müssen. Über die Gründe will ich mich nicht näher auslassen, die sind politischer Natur und Sie sind nicht wegen der Politik hier. (lacht)

TrekZone.de: Wann haben Ihnen die Autoren die Geschichte um Garaks Eltern mitgeteilt?

Andy: Die Geschichte um Enabran Tain, den Leiter des Obsidianischen Ordens, war natürlich die große Enthüllung. Aber die dahinterliegende Geschichte rund um Garak und seine Eltern habe ich mir, basierend auf dem, was auf dem Bildschirm zu sehen war, selbst zusammengereimt. Ich weiß natürlich, dass die Mutter im letzten Jahr, in der letzten Reihe von Folgen, in denen ich zu sehen war, auftauchte, als sie sich auf Cardassia versteckten und es sie in das Haus von Garaks Mutter verschlug. Aber was die Beziehungen zwischen den Charakteren angeht, habe ich selbst die Geschichte zusammengestellt.

TrekZone.de: Hatten eine Vorahnung, dass sich die Dinge in diese Richtung entwickeln würde, dass Enabran Tain Garaks Vater sein könnte?

Andy: Oh, nein! Das war für mich eine große Überraschung, das war großartig!

TrekZone.de: Dann erging es Ihnen genauso wie den Fans!

Andy: Oh, ja, auf jeden Fall! Aber so habe ich mich jedes Mal gefühlt, wenn ein neues Drehbuch von den Autoren kam, das war eine Freude, denn sie liebten es, für Garak zu schreiben. Und das hat man gemerkt, denn die Sprache, die Dialogzeilen, die sie ihm in den Mund gelegt haben, waren so köstlich, haben solchen Spaß gemacht und waren sehr ironisch. In Amerika steht Ironie nicht wirklich weit oben auf der Liste, wir als Volk wissen Ironie nicht wirklich zu schätzen. Ich denke, auch einer der Gründe, die Garak so beliebt gemacht haben, war sein Sinn für Ironie. Alles, was er sagte, hatte eine überaschende Wende und immer einen Unterton. Wahrscheinlich hat er gelogen, aber das hat er genossen und er hat es genossen zu lügen und auszutesten, bis zu welchem Grad er damit ungeschoren davonkommen konnte und wer leichtgläubig und wer gewieft war.

TrekZone.de: Genau, da gab es diese eine Folge mit dem Implantat… Da wurde das, was Sie eben beschrieben haben, am deutlichsten.

Andy: Oh, ja, “The Wire” (“Das Implantat”). Das ist meine Lieblingsfolge – bei weitem.

TrekZone.de: Vor dem Interview haben wir unseren Lesern die Möglichkeit gegeben, einige Fragen einzureichen, auf die sie sich eine Antwort von Ihnen wünschen.

Andy: Oh, gerne!

TrekZone.de: Ein Leser möchte gern wissen, wie viel Zeit Sie in der Maske verbringen mussten, um sich in Garak zu verwandeln.

Andy: Anfangs dauerte das ungefähr vier Stunden, würde ich sagen. Später hat es dann noch zwei Stunden gedauert. Mit der Zeit haben sie da an Geschick gewonnen. Gott sei Dank, denn das stundenlange Sitzen im Stuhl bedeutete, dass ich lange vor Sonnenaufgang da sein musste. Das war einfach schrecklich, es war entsetzlich! Selbst zwei Stunden war noch schlimm genug. Das ist das Einzige, was ich im Zusammenhang mit Garak überhaupt nicht vermisse!

TrekZone.de: Hat die Maske Sie auch in Ihrem Schauspiel behindert?

Andy: Na ja, das ist wirklich eine großartige, eine mysteriöse Sache, wenn man mit solch einer Maske arbeitet. Zum einen ist die Technik sehr gut, ich glaube im Ganzen bestand die Maske aus sieben Teilen, die alle sehr beweglich waren, sehr geschmeidig. Bevor man sie zum ersten Mal aufgetragen bekommt, denkt man, mein Gott, das Ding ist steif wie ein Handknochen und man ist darin eingeschlossen. Aber danach ging es mir wirklich gut, ich konnte mich bewegen. Ich war nicht so eingeschränkt wie Rene als Odo. Mit seiner Maske konnte er nicht mal essen! Er muss eine Menge Kilos verloren haben. Wäre mir das mal passiert! (lacht) Er musste durch den Strohhalm essen und durfte sich kein bisschen bewegen, wenn er keine Unordnung anrichten wollte. Wenn die Maske auch nur ein klitzekleines bisschen verknitterte, musste er für Stunden auf den Make-up-Stuhl und die ganze Prozedur über sich ergehen lassen, um die Maske wieder zu glätten.

Das Problem hatte ich natürlich nicht. Mein Problem war meine Klaustrophobie. Das habe ich erst gestern wieder erlebt, als ich mi r mit Freunden in einer Kneipe in Paris den Franzosen zugeschaut habe, wie sie gegen die Holländer verlieren… (lacht) Und das zu Recht! Die Franzosen sollten ihren Trainer rausschmeißen, der ist wirklich furchtbar. Ich war also in dieser Kneipe und fühlte mich, als ob sich alle dort um mich drängen würden, da musste ich da raus und hab mir die zweite Halbzeit zu Hause im Fernsehen angeschaut. Das war also das Problem mit der Garak-Maske.

Aber die Maske war eine Sache, aber die schwere Perücke, die sie mir aufsetzten, war eine ganz andere. Außerdem wollten sie, dass Cardassianer groß und kräftig aussehen, daher haben sie die Kostüme aus dem gleichen Material geschneidert, mit dem auch Möbel bezogen werden. Das gesamte Kostüm war also wirklich schwer und darin fühlte man sich buchstäblich wie in der Sauna. Also hab ich tatsächlich ein bisschen Gewicht, na ja, zumindest viel Wasser verloren. Wenn man dann unter all den Lampen arbeitet, hinter der Maske und der Perücke und dem Kostüm, da bilden sich ganze Flüsse aus Schweiß. Ich war da drunter völlig durchtränkt. Nicht sehr glamourös … (lacht) und ich habe sicher auch nicht wie eine Blume geduftet.

TrekZone.de: Ich habe eine weitere Leserfrage, die eine ganz andere Richtung einschlägt. Sind Sie sich bewusst, dass im Fandom über Garaks Sexualität spekuliert wird?

Andy: Oh, klar. Ich habe damit angefangen!

TrekZone.de: Wirklich? Das wird diesen Leser interessieren. Er hat uns eine Reihe von Fragen geschickt, wie zum Beispiel: Warum haben wir noch keinen schwulen Charakter in “Star Trek” gesehen? Sind Schwule im 24. Jahrhundert etwa ausgestorben? Glauben Sie, dass es jemals einen schwulen Charakter in “Star Trek” geben wird? Gehören Schwule nicht in die Zukunft von “Star Trek”?

Andy: Oh, klar, es wird schwule Charaktere geben. Derzeit bin ich fest davon überzeugt, auch wenn wir Amerikaner sehr prüde, sehr zimperlich sind, was Sexualität angeht. Ich kann mich erinnern, als ich Garak das erste Mal gespielt hab, habe ich ihn schwul gespielt! Ich hielt das für eine großartige Idee! Er sieht diesen jungen Mann, diesen jungen, sehr attraktiven Doktor auf der Station, er ist einsam, er ist der einzige Cardassianer dort, dieser Doktor zeigt Interesse an ihm, und daher war diese erste Szene, wenn Sie sich erinnern, so ein großartiger Moment, weil Sid komplett darauf eingegangen ist! Als Garak aufsteht, legt er seine Hand auf Bashirs Schulter, schauen Sie sich das noch mal an! Sid zeigte eine großartige Reaktion, das war, als ob er in dem Moment unter Strom steht. Ja, ich habe Garak in der Folge komplett schwul gespielt.

Natürlich sagten mir die Produzenten danach nicht unumwunden, dass ich ihn nicht mehr schwul spielen sollte, aber sie fingen an, für ihn ein bisschen mehr Macho-artig und mehr wie für einen typischen Cardassianer zu schreiben. Aber ich brachte ihnen gegenüber an: “Hört mal zu, das Tolle an Garak ist, dass er nicht Gul Dukat ist, dass er nicht einer dieser militaristischen Machos ist, er ist euer raffinierter Cardassianer.” Wir haben dann einen Kompromiss gefunden. Aber ich war da immer sehr offen. Ganz ehrlich, ich habe das schlussendlich nicht in den Roman gepackt, aber ich wollte ursprünglich diese Richtung einschlagen. Ich hatte eine Menge über Garaks Sexualität geschrieben, weil ich dachte, Garak wäre irgendwie … nicht bisexuell, sondern multisexuell. Ich glaube, im Grunde genommen ist alles, was sich bewegt, für ihn in Ordnung. Er hat einen unbändigen Hunger auf Sex.

Aber wie ich sagte, gibt es jetzt hier und da schwule Charaktere, aber besonders im amerikanischen Fernsehen ist das alles irgendwie kosmetisch. Dass das kommerzielle Fernsehen jemals wahre Sexualität erforscht, werden wir nicht erleben. “Star Trek” ist da sehr konservativ und “Deep Space Nine” hat sich auf eine Art und Weise diesem speziellen Konservatismus entgegengestellt, ihn herausgefordert. “Deep Space Nine” war nicht so deutlich schwarz und weiß wie die übrigen “Star Trek”-Serien. Es war anders. Es ging nicht um Leute in einem Raumschiff, die jeden Tag wieder zu einem neuen Planeten reisen, eingreifen und die bösen Außerirdischen oder irgendein Monster oder was auch immer bekämpfen. Hier ging es um eine Gemeinschaft an der Grenze, um die Gemeinschaft an sich.

Jeder einzelne der Charaktere bei “Deep Space Nine”, und dafür mochte ich die Serie, hatte moralisch mehrdeutige Facetten. Jeder einzelne von ihnen kam mit seiner dunklen Seite in Berührung, zum Beispiel in der Folge “In the Pale Moonlight” (“Im fahlen Mondlicht”), als Garak Captain Sisko mit Realpolitik vertraut macht: Okay, wenn man die Romulaner als Bedrohung ausschalten will, muss man sie töten. Verstehen Sie, und man tötet sie auf nicht allzu nette Art. Man vernichtet seinen Feind einfach. Natürlich ist das nicht fair, ist das nicht die amerikanische Art. Das hat mich überrascht und ich mochte diese Folge, weil sie in Bezug darauf sehr ausgereift war.

Andy: Die Aussage war im Grunde: Wacht auf, das ist die Welt, in der wir jetzt leben. Und natürlich ist die Welt, in der wir inzwischen leben, moralisch sehr zweideutig, um das Mindeste zu sagen. Aber ich schweife ab, das tut mir Leid. Wir sind von der Sexualität weggekommen… Ja, ich glaube, wir werden mehr schwule Charaktere sehen. Ich weiß nicht, um was es bei dem neuen Film geht, aber ich glaube, er spielt an der Sternenflottenakademie, oder?

TrekZone.de: Es ist ein Prequel. Er wird nicht komplett an der Akademie spielen, aber die Crew in jungen Jahren zeigen und aufzeigen, wie sie zusammenfindet.

Andy: Okay. George Takei ist ja offen homosexuell und heiratet jetzt glaube ich seinen Partner, weil der Oberste Gerichtshof in Kalifornien schwule Hochzeiten endlich erlaubt hat. Ich frage mich, was sie mit seinem Charakter [Sulu] in dem Film anstellen. Das wäre sehr interessant.

TrekZone.de: Sie haben nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera gearbeitet. Sie haben glaube ich auch bei einer Folge von DS9 Regie geführt. Wie haben Sie es empfunden, Ihren Kollegen plötzlich Anweisungen zu erteilen?

Andy: Ja, das war lustig. Es war ganz anders, plötzlich auf der anderen Seite der Kamera zu stehen und nicht nur mit den übrigen Schauspielern zusammenzuarbeiten. Denen ging’s gut. Aber die erste Folge hat mir wirklich Schwierigkeiten bereitet, weil ich dabei zum ersten Mal überhaupt Regie geführt habe. Bei “Star Trek” hat man dazu dann noch die Spezialeffekte als weitere Komplikation. Wobei die natürlich großartige Leute für die Spezialeffekte haben, also kommt man denen am besten nicht in die Quere und lässt sie einfach ihre Arbeit machen. Trotzdem muss man sich als Regisseur immer noch vorstellen, wie das fertige Bild aussehen wird.

Ich muss aber zugeben, dass die Regie bei den “Star Trek”-Folgen wirklich auf eine Art und Weise mein Leben verändert hat, weil ich dort mit dem Regieführen angefangen habe. Danach habe ich das dann fortgesetzt, hauptsächlich im Theater, weil ich mich immer mehr für einen Theatermenschen als einen Filmmenschen gehalten habe. Das hat mein Vertrauen gestärkt, die Karriere als Regisseur fortzusetzen, was ich auch getan habe und was auch zu meiner derzeitigen Tätigkeit als Lehrer geführt hat. Ich biete einen Schauspielkurs an der University of Southern California an. Das alles hat sich aus dem Regieführen entwickelt.

TrekZone.de: Sie waren und sind also jetzt Schauspieler, Regisseur, Sie haben ein Buch geschrieben… Ist da noch was übrig im künstlerischen Bereich? Singen, vielleicht?

Andy: Oh nein, Ich glaube nicht. Obwohl – interessant, dass Sie das fragen. Ja, ich würde wirklich gern mal in einem Musical mitspielen, Sie haben völlig Recht, eines von diesen großen Musicals. Aber ich hüpfe ja noch hin und her zwischen den anderen Dingen. Im Sommer bin ich als Schauspieler mit einem Theaterstück in San Francisco beschäftigt. Ich führe auch weiterhin Regie. Ich weiß noch nicht, wie lange ich mein Programm weiterführen werde – ich habe dies Schauspieler-Ausbildungsprogramm entworfen, das war aufregend. Ich werde nachher [im Panel] darüber sprechen. Mit jungen Schauspielern zu arbeiten, ihnen beizubringen, wie man Schauspielern erlernt, wie macht man das eigentlich? Ich konnte da meine eigenen Ideen und Gedanken darüber, wie eine Schauspieler-Ausbildung sein sollte, in einem zusammenhängenden Programm Form geben, das über drei Jahre läuft und Berufsschauspieler ausbildet. Das war sehr aufregend. Das hängt mit meiner eigenen Persönlichkeit zusammen, aber auch als Schauspieler erfindet man sich von Zeit zu Zeit neu. Man muss sich immer wieder neu erfinden; nicht verändern, sondern sich wirklich verwandeln, denn das ist unser Geschäft.

TrekZone.de: In Ihrer langen Karriere haben Sie viele Rollen gespielt, unter anderem in “Bonanza”. Ich bin großer Fan der Serie. Wie war es, mit solch wirklich berühmten Schauspielern zusammenzuarbeiten?

Andy: Oh, nein! Wie können Sie sich nur daran noch erinnern, unglaublich! Ja, das war in der allerletzten Staffel von “Bonanza”. Und es war meine erste TV-Rolle. Das war sehr schön. Das waren alles bekannte Leute, aber ich kam gerade vom Dreh meines ersten Films mit Clint Eastwood. Mit Clint Eastwood zu drehen, war wie mit Gott zu drehen. Alles was danach kam, na ja … sie sind wunderbare Schauspieler. Trotzdem, “Dirty Harry” war mein erster Film und das war herausragend. Mir gefiel der Auftritt in “Bonanza”, weil es die Serie schon ewig gab. Ich habe dabei geholfen, sie abzuwürgen, schließlich war das die letzte Staffel. (lacht) Nach der Erfahrung, “Dirty Harry” zu drehen, war ich aber viel mehr daran interessiert, in weiteren Filmen aufzutreten als im Fernsehen.

TrekZone.de: Trotzdem sind Sie in einer wirklich langen Reihe von Fernsehserien als Gaststar aufgetreten.

Andy: Ja, richtig. Meistens war ich der Bösewicht. “Dirty Harry” sei Dank… Nach “Dirty Harry” konnte sich niemand vorstellen, dass ich etwas anderes als den Schurken spielen würde.

TrekZone.de: Wären Sie gern in irgendeiner Serie als Hauptdarsteller dabei gewesen?

Andy: In Amerika ist gerade eine Serie zu Ende gegangen, ich weiß nicht, ob sie hier auch schon ausgestrahlt worden ist. Sie lief fünf Jahre auf HBO, Home Box Office, einem Kabelsender in den USA. Das ist der gleiche Sender, der auch “The Sopranos” als sein Flaggschiff hatte. Dort lief auch eine andere Serie mit dem Titel “The Wire”. Interessant, wir haben doch vorhin über meine Lieblings-DS9-Folge mit dem gleichen Titel gesprochen. Nun ja, “The Wire” ist wohl die beste Fernsehserie, die ich jemals gesehen habe. Das war eine brillante Serie. Sie spielte in Baltimore und hat die Stadt, jeden Aspekt, von Drogendealern über die Polizei und das Schulsystem bis hin zu Gewerkschaften im Serienformat beleuchtet. Das war eine erstaunliche Serie. Ich weiß nicht, wie sie das hingekriegt haben, denn eine gesellschaftlich relevante Thematik kommt in Amerika nicht gut an. Wir wollen, dass unsere Unterhaltung pur ist und frei von Dingen, die uns zum Nachdenken anregen. Das war eine brillante Serie und jedes Mal, wenn ich sie angeschaut hab, dachte ich: Oh mein Gott, was wäre ich gern dabei! Das war eine der wenigen, bei denen ich mich so gefühlt habe. Ich hoffe, die Serie wird auch hier ausgestrahlt, ach, eigentlich bin ich mir da sicher. Das muss sie. Wenn es soweit ist, müssen Sie sich das ansehen, denn sie ist wirklich herausragend!

TrekZone.de: Wir müssen langsam zum Schluss kommen. Eine letzte Frage: Gibt es eine Frage, die Sie wirklich unbedingt gern beantworten würden, die Ihnen aber noch nie gestellt wurde?

Andy: Wow. Ich muss sagen, dass ich meiner Meinung nach bereits nach allem gefragt wurde, das ich mir im entferntesten vorstellen kann. Außer einigen Fragen, zu denen ich mich lieber nicht äußern möchte, glaube ich nicht, dass es eine gibt. Nein, es gibt überhaupt keine. Ich finde die meisten “Star Trek”-Fans, vor allem in Europa, ziemlich tiefgründig. Da steckt ein Idealismus dahinter, solch eine Serie zu verfolgen, besonders in Zeiten wie diesen. Was ich meine, ist, können wir uns vorstellen, im 24. oder 25. Jahrhundert oder so angelangt zu sein und noch immer zu funktionieren? Das ist ganz offensichtlich bizarr.

Wie Sie vorhin sagten, wir sind 400, 500 Jahre in der Zukunft und wo sind all die Schwulen hin? Wo sind im weiteren Sinne all die Farbigen geblieben? Das war immer etwas. Und was ist mit Armut, mit Rassismus und Fundamentalismus und Terrorismus und all den Dingen, die uns derzeit plagen? Ich hoffe inständig, dass sich die Science-Fiction weiterentwickelt, in dem Sinne, wie manche Autoren die Herausforderung gesucht haben, darüber nachzudenken, was mit all diesen gesellschaftlichen Fragen in der Zukunft geschieht und wie wir Lösungen dafür entwerfen, oder vielleicht keine Lösungen, sondern nur Zugeständnisse und wie wir lernen, miteinander zu leben, denn schlussendlich bieten die “Star Trek”-Serien in ihren besten Momenten Erkenntnisse darüber und das ist auch großartiges Material für ein Drama: Die große Frage, wie wir lernen, miteinander zu leben, ohne Gewalt und ohne rücksichtsloses Verhalten.

Henning Koonert (TrekZone.de): Das ist ein wirklich nachdenklich machender Kommentar zum Ende. Vielen Dank für das Interview.

Andy: Es hat Spaß gemacht, ich danke Ihnen.

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