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Kurzrezension: “Star Trek: Strange New Worlds” 2×03 – “Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow”

“Strange New Worlds” wagt einen Sprung in die Vergangenheit, und bringt viel in Bewegung. Ob zum Guten oder Schlechten, das besprechen wir in der spoilerfreien Kurzrezension.

Was meinen wir mit “spoilerfrei”?

Es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen dazu, was “spoilerfrei” bedeutet. Damit ihr selbst entscheiden könnt, ob ihr die Rezension vorab lesen möchtet, machen wir hier transparent, was wir darunter verstehen:

  • Wir verraten keine wichtigen und unerwarteten Wendungen der Handlung bzw. Informationen über die fiktiven Welt und ihre Figuren.
  • Was im Vorfeld durch Vorschauclips und Trailer gezeigt wird, ist kein Spoiler.
  • Was im Cold Open (vor dem Vorspann) bzw. im ersten Akt (bei Episoden ohne Cold Open) passiert, ist kein Spoiler.
  • Handwerklichen Aspekte (Schauspiel, Drehbuch, Bühnenbild, Soundtrack, Spezialeffekte) sind keine Spoiler, sofern sie nichts Wichtiges über die Handlung verraten.

Sehr zuverlässig klappert “Strange New Worlds” die ewigen Lieblingsfolgen des Franchises ab, um seinen eigenen Spin darauf zu setzen. Diese Woche gilt es mal wieder die Welt und die Entstehung der Föderation durch eine Zeitreise zu retten.

Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow

Nach den Ereignissen aus “Ad Astra Ad Aspera” ist La’an noch immer aufgewühlt und ringt mit ihrem Augment-Erbe. Statt Hilfe von Doktor M’Benga anzunehmen, sucht sie ihr Heil lieber in Kampfsporttraining. Der Alltag auf der Enterprise wird je gestört, als ein Zeitreisender mit Schussverletzung plötzlich auf dem Schiff auftaucht und La’an ein Gerät in die Hand drückt. Noonien-Singh findet sich plötzlich in einer alternativen Zeitlinie wieder, in der das Schiff unter dem Kommando von James T. Kirk steht.

Zeitreisefolgen, in denen die Sternenflottenangehörigen aus der Zukunft unsere Gegenwart besuchen, sind seit eh und je ein Fixpunkt für “Star Trek”. “Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow” paart La’an mit einem James T. Kirk aus einer parallelen Zeitlinie und schickt sie ins Toronto des 21. Jahrhunderts. Dadurch wird das Drehbuch eine Ecke unhandlicher als üblich, aber es lenkt die Spannung weg von der Frage, ob Kirk und Noonien-Singh den Angriff auf den natürlichen Verlauf der Geschichte aufhalten können (Spoiler: Ja, wie immer) und hin auf einen möglichen Konflikt zwischen James und La’an: Nur eine ihrer beiden Zeitlinien kann existieren. Kirk merkt früh in der Story an, dass es für ihn vielleicht das Klügste wäre, die Hände in den Schoß zu legen und nicht mit La’an zu kooperieren, um seine Zeitlinie zu schützen.

Nur leider macht das Drehbuch nichts mit dieser Ausgangslage. Kirks Zukunft ist im Vergleich zu Noonien-Singhs eine derart offensichtliche Dystopie, dass die zaghaften Reibereien zwischen den beiden sich schon bald in Luft auflösen. Eine verpasste Chance.

Auch sonst ist der Plot ziemlich wackelig. Denn die Episode scheint mir wieder einmal aus einer recht “mechanischen” Motivation heraus entstanden zu sein, die ein paar Checkboxen abhaken sollte. Einerseits geht es darum, La’ans Charakter in eine bestimmte Situation zu manövrieren, die es in Zukunft rechtfertigt, Paul Wesley häufiger als Gaststar auftreten zu lassen.

Andererseits macht die Folge am Ende recht beiläufig ein ziemlich großes Fass auf, was die Fragen der Kontinuität zwischen den Roddenberry-, Bennett- und Berman-Äras von “Star Trek” auf der einen und der Kurtzman-Regentschaft auf der anderen Seite betrifft. Damit scheint die Episode die äußerst problematische Ansicht der jüngsten “Treks” zu bekräftigen, dass das Universum von “Star Trek” weitgehend determiniert ist. Gleichzeitig versucht man sich paradoxerweise eine Entschuldigung für Kontinuitätsverstöße jedweder Art zurechtzulegen, vielleicht um endgültig aus der Prequel-Zwangsjacke auszubrechen.

Für sich betrachtet greifen die Teile der Story daher nicht sonderlich gut ineinander. Die Episode kann sich nicht entscheiden, ob sie ein Zeitreisethriller, ein ernstes Drama, eine Romanze oder eine heitere Schnitzeljagd sein möchte. Statt stringenter Handlung und Tonalität gibt es viele Insider-Frotzeleien zwischen den Hautdarsteller:innen, eine merkwürdig blutleere Verfolgungsjagd und noch mehr Produkt-Platzierungen. Auch stellt sich am Ende der Episode die Frage, wann die Story eigentlich genau spielt. Es sieht aus wie 2022, aber eigentlich dürfte es frühestens 2030 sein.

Es ist irgendwie immer klar, was der nächste “Moment” ist, den Autor David Reed wohlgeformt im Kopf hatte. Dazwischen wurstelt sich die Story irgendwie von Punkt A nach Punkt B. Kein Witz: Noonien-Singh und Kirk unterbrechen für solch ein Set Piece ihre zeitkritische Mission in Toronto, und überqueren illegal die Grenze zu den USA, um einen schlecht motivierten mehrstündigen Abstecher nach Vermont zu unternehmen. Zu dem Zeitpunkt sind die beiden bereits schon einmal um Haaresbreite einer Verhaftung durch die kanadischen Behörden entgangen.

So ist “Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow” wie viel “Star Trek” in letzter Zeit auf bestimmte Szenen zugeschrieben, zwischen denen die Leerstellen im Drehbuch irgendwie gefüllt werden müssen. Das ist dann auch wohl der Grund, warum die Episode nicht organisch die naheliegenden Themen erforscht, die sie selbst aufwirft, sondern trotz ernster Untertöne insgesamt ein recht seichtes Abenteuer bleibt.

Charaktere

Genauso wenig wie Plot und Message scheint das Drehbuch daran interessiert, die alternative Realität von Kirk irgendwie dramaturgisch ernst zu nehmen. Trotz deutlicher Unterschiede in den Zeitlinien sehen wir in “Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow” einen kirkigeren Kirk als noch in “A Quality of Mercy”, dessen radikal andere Lebenserfahrung seltsam spurlos an ihm vorbeigegangen zu sein scheint.

Das ist natürlich kein Zufall, denn das Publikum soll Kirk als solchen identifizieren, sonst funktionieren einige der vorhin erwähnten “Momente” nicht so, wie sich das die Macher:innen wünschen. Paul Wesley gibt in dem informelleren Setting im 21. Jahrhundert eine deutlich bessere Figur als Kirk als am Ende der vergangenen Staffel ab. Außer einem anderen Abzeichen auf dem Uniformhemd ist er erkennbar der Typ, den wir ein Jahrzehnt später in “The Original Series” kennenlernen werden.

Aus “A Quality of Mercy” wissen wir als Publikum von einer möglichen Zukunft in der Noonien-Singh als erste Offizierin unter Kirk dient. Dass La’an nun gemeinsam mit (einer Version) von James Tiberius die Welt retten muss, ist keine schlechte Ausgangssituation. Es ist insbesondere deswegen spannend, weil das Publikum weiß, dass die Version von Kirk, die sie hier zu sehen bekommen, buchstäblich einen großen Reset-Button mit sich herumträgt. D.h. die Beziehung, die Noonien-Singh und Kirk zueinander entwickeln, ist völlig frei von den üblichen Kontinuitätsproblemen, die das Prequel mit sich bringt.

Christina Chong hat in dieser Episode erfreulich viel zu tun, sie war aus der ersten Staffel als heimlicher Star hervorgegangen, die die eigentliche Nummer Eins deutlich überstrahlte. “Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow” zeigt uns eine verletzlichere Seite von Noonien-Singh. In der zweiten Hälfte der Episode eskalieren die Gefühlswallungen in unterschiedliche Richtungen und ich bekam leichte “Discovery”-Vibes. Ja, es ist alles nachvollziehbar, was uns hier über das Innenleben von La’an erzählt wird, aber es wirkt dennoch gelegentlich überhastet und überzeichnet. Dass die Episode dennoch leidlich gut funktioniert, ist ein großer Verdienst von Christina Chong und Paul Wesley, die ihren Job wirklich souverän meistern.

Weniger überzeugt bin ich von den Antagonist:innen, die in dieser Episode auftreten. Darüber zu sprechen, geht aber nicht ohne große Spoilergefahr. Carol Kane hat eine charmante Szene, aber insgesamt gibt es neben Chong und Wesley nicht viel Platz für andere Figuren. Insbesondere hat mich verwundert, dass man eine ziemlich offensichtliche Gelegenheit für ein prominentes Cameo nicht umgesetzt hat.

Inszenierung

Amanda Row, die bereits “The Elysian Kingdom” in Staffel eins verantwortete, setzt auch “Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow” in Szene.

Eine glückliche Entscheidung des Drehbuchs ist es, die Folge explizit in Toronto spielen zu lassen, und den Produktionsstandort von “Strange New World”-Sets nicht als US-Metropole auszugeben. Das wirkt irgendwie wertschätzend gegenüber den Gastgebern und hebt SNW wohltuend von vielen anderen Fernsehstücken ab, die hier aus Kostengründen angesiedelt sind. Der Dreh an real existierenden Orten sorgt dafür, dass die Folge selbst für “Strange New World”-Verhältnisse groß und ausladend wirkt.

Der Außendreh auf einer vergleichsweise knappen Zeitschiene hat nicht nur Vorteile. Während einer Verfolgungsjagd, liegt je nach Kameraeinstellung mal Schnee, mal Schneematsch und mal gar nichts auf der Straße. Die ganze Szene wirkt etwas ungelenk, und es wäre angesichts der ohnehin langen Spieldauer von über 60 min voll OK gewesen, hier großzügig die Schere anzusetzen. Aber der aufdringlich prominenten Produkt-Platzierung des Vehikels durfte man wohl nicht zu Leibe rücken.

Ansonsten liefert Row eine absolut solide Episode ab. Der positive Gesamteindruck der Inszenierung wird auch durch den sehr guten Soundtrack unterstrichen. So stehen wie allzu oft in “Star Treks” jüngster Vergangenheit eine professionelle Produktion und gutes Schauspiel einer wackeligen Geschichte gegenüber.

Mit Rücksicht auf die Leser:innen, die die Episoden noch nicht gesehen haben, bitten wir in den Kommentaren zu diesem Beitrag auf Spoiler zu verzichten. Danke!


Podcast!

Schaut die Folge nochmal! Mit uns! Lasst unseren Podcast “Auf den Schirm” einfach mitlaufen. Während die Episode läuft, redet die TrekZone-Redaktion auf Euch ein. Auszug:

Die vollständige Podcast-Episode zu “Strange New Worlds” 2×03 findet Ihr hier!

Bewertungsübersicht

Gesamt
Handlung der Einzelepisode
Stringenz des staffel- und serienübergreifenden Handlungsstrangs
Stringenz des bekannten Kanons
Charakterentwicklung
Spannung
Action & Effekte
Humor
Intellektueller Anspruch

Fazit

Mit "Tomorow and Tomorrow and Tomorrow" liefert "Strange New Worlds" eine sehenswerte aber holprige Zeitreisefolge ab. Die Episode ist mehr daran interessiert, ihre Hauptdarstellerin wie eine Schachfigur für künftige Erzählungen in Position zu bringen, als die interessanten thematischen Prämissen des Plots auszuloten. Trotz holprigen Pacings und teilweise absurd anmutendem Fanservice liefern Paul Wesley und insbesondere Christina Chong großartige Performances ab, die über viele große und kleine Unzulänglichkeiten des Drehbuchs hinwegtrösten. Spannend bleibt ein Stück Exposition im letzten Akt der Episode, das wieder einmal kosmischen Determinismus zu zementieren scheint, aber das Publikum auch behutsam darauf einstimmt, dass "Strange New Worlds" dem Kanon künftig nur noch in groben Zügen folgen könnte.
christopher.kurtz
Christopher Kurtz
Seit den frühen 2000ern ist Christopher Redakteur im TrekZone Network. Wenn er nicht in den unendlichen Weiten nach kritisch rationalem Humanismus Ausschau hält oder sich über die Plausibilität fiktiver Technologien und Gesellschaftsformen den Kopf zermartert, findet man ihn meistens in der Nähe von Spielen der geselligen Art, egal ob analog oder digital, ob als Mitspieler oder Gelegenheitsautor.

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Achtung Spoiler:

Mich hat die neue Zeitlinie eher verwirrt. Wenn wir hier nur eine Vereinte Erde haben die keinerlei Kooperation mit anderen Spezies eingeht, wie kann dann Spock als Charakter existieren? Und warum ist Kahn 2022 nur ein kleiner Junge, wo er doch laut Kanon bereits 1996 als Kriegsherr wütete. Die Erklärung der Romulanischen Attentäterin das die Zeit selbst sich gegen die Eingriffe Wehrt erscheint an den “Ohren” herbei gezogen. Oder haben wir es hier mit einem Anormalen Zeitstrahl zu tun der gekappt werden musste? Um Captain Janeway zu Zitieren: Von Temporalen Anomalien bekomme ich Kopfschmerzen!

Die Folge hat mir sehr gut gefallen. Wer abgesehen von unserem Frauenheld Kirk kann die Schutzmauer von La’an durchbrechen? Abgesehen davon: sich ihm zu öffnen war in Anbetracht, dass er nach erfolgreichem Ende der Mission quasi nicht mehr existieren würde, absolut logisch.

Die Folge hatte Witz, etwas Spannung und zwei interessante Charaktere, deren Zusammenarbeit schön anzusehen war. Die Stunde ging trotz etwas schleppender Handlung doch irgendwie flott vorbei.

Was mir hingegen auffällt ist, dass Mont bereits in zwei Folgen kaum vorkommt. Hatte er vielleicht noch andere Verpflichtungen?

Unter Canon-Gesichtspunkten absoluter Murks. Allerdings hat die Leistung der Schauspieler mich durchaus überzeugt. Die Liebelei zum Schluss hätt’s nicht gebraucht, meiner Meinung nach.

Mit "Tomorow and Tomorrow and Tomorrow" liefert "Strange New Worlds" eine sehenswerte aber holprige Zeitreisefolge ab. Die Episode ist mehr daran interessiert, ihre Hauptdarstellerin wie eine Schachfigur für künftige Erzählungen in Position zu bringen, als die interessanten thematischen Prämissen des Plots auszuloten. Trotz holprigen Pacings und teilweise absurd anmutendem Fanservice liefern Paul Wesley und insbesondere Christina Chong großartige Performances ab, die über viele große und kleine Unzulänglichkeiten des Drehbuchs hinwegtrösten. Spannend bleibt ein Stück Exposition im letzten Akt der Episode, das wieder einmal kosmischen Determinismus zu zementieren scheint, aber das Publikum auch behutsam darauf einstimmt, dass "Strange New Worlds" dem Kanon künftig nur noch in groben Zügen folgen könnte.Kurzrezension: "Star Trek: Strange New Worlds" 2x03 - "Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow"
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