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StartLiteraturRezension: "Wendy, Darling"

Rezension: “Wendy, Darling”

Deutscher Titel:
Wendy, Darling
Originaltitel:
Wendy, Darling
Buchautor(en):
A.C. Wise
Übersetzer:
Iris Bachmeier
Verlag:
Cross Cult
Umfang (Seiten):
368
Preis:
20
Verfügbarkeit:
Regulär erhältlich
Veröffentlichungsjahr:
2021
ISBN:
978-3986664596

Peter Pan mal anders – zumindest in diesem Buch. Wie düster es wird, klärt Tom in der Review. Aber Achtung, das geht diesmal nicht ganz spoilerfrei.

Inhalt (Klappentext)

Eine feministische Neuinterpretation dessen, was mit Wendy nach Neverland geschah. Nimmerland ist ein Paradies für Kinder. Keine Regeln, keine Erwachsenen, nur endlose Abenteuer und verwunschene Wälder – alles angeführt von dem charismatischen Jungen, der nie alt werden würde. Doch Wendy Darling wurde erwachsen. Sie verließ Nimmerland und wurde eine Frau, eine Mutter und eine Überlebenskünstlerin. Und jetzt ist Peter Pan zurückgekehrt, um eine neue Wendy für seine verlorenen Jungs zu holen – Wendys Tochter! Sie muss Peter zurück nach Nimmerland folgen, um ihre Tochter zu retten und sich endlich der Dunkelheit im Herzen der Insel zu stellen.

Kritik

Mit dem “Dunklen Nimmerland” wird uns eine etwas andere Version der Peter Pan-Story präsentiert. Hier ist Peter nicht der liebenswürdige kleine Junge, sondern der Tyrann, der Nimmerland eisern beherrscht und sogar Hook tanzt eigentlich nach seiner Pfeife. Dabei läuft die Handlung auf drei Zeitebenen parallel ab, wobei die Haupthandlung 1931 spielt. Hier entführt Peter nun Wendys Tochter Jane, um sie zur neuen Wendy zu machen. Wendy bricht zur Rettung auf, und das ist quasi der Ausgangspunkt der Geschichte.

Undd ie hat da leider ein paar Probleme. Ziemlich schnell fragt man sich etwa, wo die Autorin eigentlich hin will. Dabei sind es noch nichtmal die ganzen Zeitsprünge (sprich: die drei Erzählebenen) die hier das Problem sind, sondern eher, das trotz (oder gerade wegen) dieser Ebenen es auch im Text selbst noch etliche Rückblenden gibt. Ein Beispiel: Im finalen Kampf mit Peter erinnert sich Wendy an etwas aus ihrer Zeit, als sie das erste Mal im Nimmerland war. Diese “Rückblende”, die außerhalb der sowieso noch laufenden Zeitebene des ersten Nimmerland-Besuches läuft, erstreckt sich über 3-5 Seiten. Und derartige Einschübe gibt es halt laufend während des Buches, was ein gehöriges Maß an Tempo aus der Handlung nimmt. Vor allem, da man eben eh noch die entsprechende Zeitebene hat, in der man es erzählen könnte.

Zugegeben, die Zeitebene für den ersten Nimmerland-Besuch, also quasi das ursprüngliche Peter Pan-Märchen, sind eh gering und dienen nur dazu, ein paar Sachen aufzuarbeiten, die später wichtig sind. Vom Handlungsaspekt her ist es also in Ordnung, dass dem nicht mehr Raum gewidmet wird, denn eigentlich will man ja mehr von der Haupthandlung in der Gegenwart lesen.

Die zweite Erzählebene betrifft Wendys Zeit nach der Rückkehr aus Nimmerland. Natürlich wird sie in ein Irrenhaus gesperrt und ihre Erlebnisse dort werden ebenfalls ausführlich geschildert. Zu den Details hierzu kommen wir gleich, erwähnenswert ist hierbei noch, dass sie recht früh ihre Vertraute Mary kennenlernt. Zwischen den beiden stimmt die Chemie quasi vom ersten Augenblick an und die kurzen Rückblenden zu Beginn hätten schon fast gereicht, um interessiert die beiden auf ihrer Rückholtour zu begleiten. Dann wäre das Buch allerdings deutlich kürzer ausgefallen.

So wird aber auch dieser Handlungsstrang etwas dadurch verwässert, dass man eben doch die ganze (Leidens-)Geschichte im Irrenhaus ausbreitet. Das funktioniert immer dann gut, wenn Mary und Wendy zusammenarbeiten, hapert aber, wenn Wendy mal wieder bestraft wird. Auch hier muss man sich wieder fragen, was das Ziel der Autorin an der Stelle war. Die Brutalität in einem Irrenhaus darstellen? Oder eben die allgemein verbreitete Ansicht, dass Frauen nichts zu sagen haben? Ja, die Szenen sind brutal und einschüchternd und es ist sicher nicht verkehrt, hier die Missstände in der Gesellschaft aufzuzeigen. Nur war es Anfang des 20. Jahrhunderts nunmal so, das man noch nichts von Geisteskrankheiten verstand und man in so einer Anstalt eben misshandelt wurde. Diese Zeiten sind (hoffentlich) vorbei, ebenso wie einige andere Gesichtspunkte, Stichwort: Homosexualität.

Aber darüber zu diskutieren ist eine Art Endlosspirale, bei der sich ständig die zwei Gesichtspunkte “akkurate Darstellung der Zustände damals” mit “es müssen mehr woke Sachen in Geschichten, die zur damaligen Zeit spielen”. Darauf soll an dieser Stelle auch nicht näher eingegangen werden, da es den Rahmen dieser Rezension sprengen würde, es stellt sich beim Lesen aber durchweg das Gefühl ein, dass die Intention der Autorin unter oben genannten Gesichtspunkten durchaus eine Rolle gespielt hat.

Denn Wendy wird später natürlich zwangsverheiratet, hat aber das Glück, einen relativ verständnisvollen Mann zu kriegen, der sie zu nichts zwingt. Das ist in der damaligen Zeit sicher auch nicht immer üblich gewesen. Hinzu kommt, dass Ned, so der Name, auch noch homosexuell ist, was Wendy natürlich entgegenkommt, immerhin scheint sie selbst Gefühle für Mary zu hegen. Dabei macht sie dann später aber eine Art Rückzieher, da sie sich unsicher ist. Allerdings ist hier mal eine natürliche Entwicklung der Beziehung zu sehen, statt die oftmals etwas erzwungen wirkende Konstellation in vergleichbaren Bänden, so dass es hier schon schade ist, dass das hier so wieder zunichtegemacht wird.

Wobei, so ganz ja eigentlich auch nicht, denn so richtig erschließt sich hier bis zum Ende nicht, wie denn der Status der beiden letztlich ist. Irgendwie gibt es eine Dreierkonstellation, die auch Ned mit einschließt. Aber irgendwie auch nicht, denn irgendwie hat sich bei Wendy und Ned dann doch Liebe und der Wunsch nach einem Kind entwickelt. Auch hier stellt sich halt leider wieder das Gefühl ein, etwas Halbes und Nichts Ganzes zu lesen, fast so, als hätte die Autorin Angst, allzu deutlich Stellung zu beziehen. Okay, es kommt wohl noch ein zweiter Teil, bei dem man hoffen darf, dass es vielleicht doch noch ein gemeinsames Abenteuer mit Mary und Wendy gibt. Denn was wäre das für eine Geschichte gewesen, wenn die beiden zusammen als starkes Team das Abenteuer in Nimmerland erlebt hätten?

Leider kommt es auch dazu nicht, ja, Wendy erzählt Mary offenbar nichtmal von der Rettung von Jane – zumindest liest man hier nichts drüber. Das unterminiert die in der Vergangenheitshandlung stark aufgebaute Charakterentwicklung der beiden Frauen halt noch mehr und schadet dem Buch sichtlich. Mary ist die einzige, der Wendy von Nimmerland erzählt bzw. ihr ihre Geschichte anvertraut. Ich mag es an der Stelle ja noch verzeihen, dass sie sie nicht mitnimmt, aber am Ende nicht mal eine gemeinsame Aufarbeitung des Themas? Schwach.

Die Aufarbeitung gibt es dann immerhin mit Jane – und damit müssen wir auch mal über sie und Peter und das Nimmerland reden, nachdem wir jetzt schon soviele Worte über Wendys Charakterentwicklung verloren haben. Wie erwähnt, erweist sich Peter hier als kleiner Tyrann, der seine Jungs triezt und dabei eben auch Jane miteinbeziehen will. Dies wiederholt sich einige Male, bis sie, mit einem tapferen Jungen, schließlich flüchtet. Hier kann man sich sicher fragen, warum dies nicht einer der Jungs schon vorher versucht hat, aber auch darüber kann man hinwegsehen. Was hingegen schwerer wiegt ist, das diese Handlung, bzw. der ganze Nimmerlandstrang, nie so recht in Fahrt kommen will. Dafür sind die Passagen einfach zu repetitiv.

Es wird auch nicht besser, wenn Wendy dann dazu stößt und die nähere Umgebung erforscht. Zwar gibt es Hook nicht mehr, und sie findet auch ein paar Überreste, richtig gutes Worldbuilding schaut aber leider anders aus. Man mag nun einwenden, dass das alles halt Peters Fantasie entspringt und es nicht mehr viel zu sehen gibt. Sich aber nur auf ein oder zwei Orte zu konzentrieren und Entwicklungen nur anzudeuten, trägt aber leider nicht dazu bei, die “Faszination” für das Nimmerland (immerhin heißt das Buch “Dunkles Nimmerland”) zu steigern. Dazu trägt auch bei, dass Jane etwa einiges über die verlorenen Jungs erfährt, etwa, dass diese selbst entführte Kinder sein könnten, dies aber am Ende gar nicht mehr aufgelöst wird. Selbst als einer der Jungs sein Leben gibt, heißt es nur noch “Tschüss” und ab gehts. Okay, das Nimmerland schien in sich zusammenzufallen, aber zumindest eine kurze Erwähnung, was nun aus den gefangenen Personen dort geworden ist, hätte drin sein können. (Erneut an dieser Stelle: Es kommt noch ein zweiter Teil). So verpuffen etwaige Charakterszenen im Nimmerland im… Nimmerwo (Wortspiel beabsichtigt).

Zudem hätte Wendy auch direkt in Peters Lager fliegen können, um Jane zu befreien. Okay, vielleicht nicht DIREKT, am Ende kämpft sie auch gegen mehrere Jungs, daher wäre etwas Vorsicht angebracht gewesen. Aber ewig lange herumzusuchen, wo Jane sich aufhält, hätte man sich wohl sparen können. Wobei man sich am Ende mehr zufällig beim großen Geheimnis über den Weg läuft. Immerhin gibt es noch eine Konfrontation mit Wendy und Peter. Die ist zwar kurz und die Action ist auch eher dürftig, aber zumindest hier kann Wendy nochmal einiges aufarbeiten.

Immerhin: das Buch sieht gut aus, es kommt mit einem schicken Farbschnitt daher.


Bewertung

Das "Dunkle Nimmerland" ist eher etwas lau und leidet darunter, dass Charakterszenen am Ende wieder unterminiert werden und man irgendwie das Gefühl hat, es sollte hier keine Stellung bezogen, sondern alles absichtlich etwas vage gehalten werden. Darunter leidet aber leider die Geschichte, und das nicht zu knapp. Fans von Else-Märchen-Stories sollten vielleicht erstmal eine Leseprobe anschauen. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob der zweite Band das Ruder hier noch herumreißen kann. Dazu muss er sich nämlich sichtlich Mühe geben.

Bewertungsübersicht

Bewertung
Thomas Götz
Thomas Götz
Seitdem er 1985 zum Ersten Mal Episode IV sah und ausrief "Aber das heisst doch, Vader ist Lukes Vater" ist Tom der Science Fiction verfallen. Star Trek Fan wurde er, wie viele seiner Kollegen, 1990 mit "The Next Generation" in Deutschland. Seine ersten Buchrezensionen zu Star Trek Büchern erschienen schon 1995 im Alter von 16 Jahren im Star Trek Fanclub. Seit 2006 schreibt er auch Online Rezensionen (ab 2009 Trekzone-Exklusiv) und hat kürzlich seine 2000.Rezension veröffentlicht.

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Das "Dunkle Nimmerland" ist eher etwas lau und leidet darunter, dass Charakterszenen am Ende wieder unterminiert werden und man irgendwie das Gefühl hat, es sollte hier keine Stellung bezogen, sondern alles absichtlich etwas vage gehalten werden. Darunter leidet aber leider die Geschichte, und das nicht zu knapp. Fans von Else-Märchen-Stories sollten vielleicht erstmal eine Leseprobe anschauen. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob der zweite Band das Ruder hier noch herumreißen kann. Dazu muss er sich nämlich sichtlich Mühe geben.Rezension: "Wendy, Darling"
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