Ein apokalyptischer Future-Roman im Zeichen von LGBTQ+.
Inhalt (Klappentext)
Mach dich bereit zu sterben. Sein Reich ist nah. Der sechzehnjährige Transjunge Benji ist auf der Flucht vor den Menschen, die ihn großgezogen haben – einer fundamentalistischen Sekte, die ein Armageddon verursacht und fast die ganze Weltbevölkerung ausgelöscht hat. Verzweifelt sucht er nach einem Ort, an dem die Sekte ihn, oder noch viel wichtiger die Biowaffe, mit der sie ihn infiziert hat, nicht in die Finger bekommen kann. Als ihn Monster in die Enge treiben, wird Benji von einer Gruppe Jugendlicher aus dem örtlichen Acheson LGBTQ+ Center, ALZ genannt, gerettet. Ihr Anführer Nick, ist wunderschön, autistisch und ein tödlicher Scharfschütze. Er kennt Benjis dunkles Geheimnis: Die Biowaffe der Sekte lässt ihn zu einem Monster mutieren, das tödlich genug ist, um die Menschheit endgültig zu vernichten. Dennoch bietet Nick Benji Unterschlupf in seiner Gruppe queerer Teenager, solange er das Monster kontrollieren und seine Kraft zur Verteidigung des ALZ einsetzen kann. Benji will unbedingt dazugehören und akzeptiert Nicks Bedingungen … bis er herausfindet, dass der mysteriöse Anführer des ALZ einen ganz eigenen Plan verfolgt und mehr als nur ein paar Geheimnisse hat.
Kritik
Wie erwähnt, spielt das Buch in einer post-apokalyptischen Zukunft, in der die Menschheit fast zerstört ist. Viel wird von der Welt allerdings nicht erklärt und vieles muss sich der Leser selbst zusammenreimen. Das ist anfangs etwas verwirrend, klappt aber ganz gut, wenn man mal etwas tiefer in der Geschichte ist. Fassen wir die Ausgangslage trotzdem kurz zusammen. Eine religiöse Sekte hat ein Virus vernichtet und fast alle Menschen getötet. Die Überlebenden kämpfen ums Überleben und gegen die Sekte. Die Menschen verwandeln sich dank des Virus in grauenhafte Mutanten, genannt Gnaden/Gräuel. Hauptfigur Benji ist nicht nur der Sohn der Sektenführerin, sondern auch der „Erlöser“, denn an ihm/ihr (er war früher ein Mädchen) wurde experimentiert und er kann die Gnaden kontrollieren. Das hat allerdings seinen Preis, denn Benji steht selbst kurz vor seiner Transformation.
Zu Beginn des Buches ist Benji auf der Flucht vor den Sektenmitgliedern und findet Zuflucht in einem LGBTQ+-Zentrum. Soweit so bekannt, denn leider ist die Story nicht unbedingt neu. Okay, es sind diesmal keine Zombies, welche die gebeutelte Menschheit heimsuchen, sondern eben besagte mutierte Menschen bzw. Monster, der Kampf der Überlebenden läuft aber in altbekannten Bahnen ab. So liegt es natürlich an unseren Helden, die Welt zu retten und die Bösen sind, nunja, die Bösen. Hier wird etwas versäumt, denen Profil zu verpassen. Zwar gibt es am Ende kurze Einblicke in das brutale Sektenleben, da ist es aber fast schon zu spät. Da es sich um eine religiöse Sekte handelt, werden ziemlich oft Bibelzitate in den Raum geworfen. Auch das mag aufzeigen, wie indoktriniert man durch solch eine Institution teilweise wird, die Passagen nerven aber nach einiger Zeit schon etwas. Das wird im weiteren Verlauf etwas besser (als hätte der Autor dies selber gemerkt), bleibt aber weiter störend. Lediglich Theo erhält hier einigermaßen Kontur, aber auch hier wird eher an der Oberfläche gekratzt.
Zudem ist die Welt der Zukunft (es wird später mal kurz ein Datum von früher erwähnt, nämlich 2038, der Roman spielt also einige Zeit danach) recht leer. Außer unserer religiösen Sekte und den LGBTQ-Leuten (und natürlich den Monstern) gibt es hier nur wenig zu entdecken. Oder sagen wir mal, die Welt ist recht leer. Hier gibt es keine Militärs, keine weiteren differenzierten Gruppen – nur unsere Helden und die Bösen, die im obligatorischen Clash aufeinandertreffen. Gut, es soll hier um queer und das drumherum gehen und nicht so sehr um die Welt. Das Buch ist zudem die Aufarbeitung von Alpträumen des Autors – das kann ich durchaus akzeptieren. Ein solider Weltrahmen gehört aber einfach dazu, so leid es mir tut.
Denn wenn man den nicht hat, müssen zumindest die Charaktere stimmen und können die schwache Rahmenhandlung noch abfedern. Auch da hapert es aber leider auch. Im Grunde begleiten wir hier Benji auf seinem Selbstfindungstrip. Da gibt es Zweifel, die er überwinden muss und das betrifft hauptsächlich seine Mission, die Welt zu retten (oder, wenn es nach den Bösen geht: zu zerstören). Auf seine trans-Identität wird nur kurz eingegangen, er wird von seiner Umwelt so akzeptiert, wie er ist (außer vielleicht von den größten Fanatikern). Es ist gut, dass darauf nicht allzu groß rumgeritten wird, denn genauso sollte es heutzutage sein. Freilich kann man aber nun argumentieren, dass Benji eben mit LGBTQ-Leuten abhängt, für die das ja sowieso nicht schwer fällt. Dennoch steht das hier meinem Empfinden nach nicht im Mittelpunkt.
Leider bleiben die neuen Freunde von Benji etwas blass. Zum einen kommen sie kaum vor, zum anderen nimmt man leider zu keinem Zeitpunkt das Zusammenwachsen mit Nick (quasi der Gegenpart im queeren Center) ab. Es kommt hier erfreulicherweise nicht zu einer obligatorischen Liebesgeschichte (obwohl es manchmal Andeutungen gibt), aber unterm Strich bleibt auch das nur ein Kratzen an der Oberfläche. Man hätte am Ende beispielsweise mehr Spannung aufbauen können und erklären können, warum Nick so spät zu Hilfe kommt. Aber wie die Welt auch, ist auch das eben nicht wirklich tiefgängig ausgearbeitet. Das Potential indes wäre aber da gewesen.