Auch Tom hat die beiden Auftaktfolgen der dritten Staffel gesehen und wirft in dieser Spoiler-Review nochmal einen Blick darauf.
Eigentlich hatte ich ja gedacht, ich mache dieses mal Pause. Also mit den Reviews. Nachdem meine Meinung aber doch etwas konträr zu der meiner Kollegen geht… sollte ich mich vielleicht doch äußern. Und so gibt es auch von mir ein Review zu den ersten beiden Folgen der dritten Staffel.
Ey mir sans, die Gorn!
Und damit mitten rein in die Handlung, denn wir beendeten vor nun immerhin schon zwei Jahren (echt schon wieder so lange her?) die zweite Staffel mit einem gefangenen Außenteam. Also quasi “In den Händen der Borg” – äh Gorn. Natürlich muss die Enterprise sich nachdem Kampf erstmal zurückziehen, während die Echsen mit ihren Geiseln entkommen.
Das führt uns dann gleich zur neuen Titelsequenz. Okay, was heißt neu, da ist jetzt Starbase 1 mit ihren hydroponischen Anbauen mit drin und meines Wissens nach war sie das vorher nicht. In der Vor-Titelsequenz bekommen wir dann auch etwas zu sehen, dass sich durch die ganze Folge ziehen wird, und vermutlich durchaus als Charakterentwicklung durchgeht. Pike fragt seine Offiziere um Rat und selbst im hitzigsten Gefecht gibt es eine kurze Diskussion darüber, wie man weiter verfährt. Das gefällt an dieser Stelle durchaus, auch wenn man dies möglicherweise als Verzweiflung Pikes ob der Verletzung von Batel abtun kann. Aber auch so wird Pike hier nicht als übermäßiger Alleswisser dargestellt und die Einbeziehung der Crew fühlt sich sehr organisch an und nicht so gekünstelt wie etwa bei “Discovery”.
In der folgenden Sequenz darf dann auch ein Peilsender an das Gornschiff geheftet werden und auch hier kann man wieder für die ganze Folge sagen: Effekttechnisch braucht sich das neue Trek nicht zu verstecken. Okay, das wussten wir schon und es soll hier auch nicht weiter thematisiert werden. Bleibt lediglich anzumerken, dass hier weiter auf gewohnt hohem Niveau gearbeitet wird. Okay, zugegeben, manchmal (vor allem in Folge 2) wird man den VR-Wand-Hintergrund noch deutlich ausmachen können, aber das ist auch bei anderen Serien so, da sind wir jetzt mal nicht päpstlicher als der Papst, wie es so schön heißt.
Schön ist in der Folge auch, dass April, nach dem Rückzug der Enterprise, quasi inoffiziell eine Rettungsmission autorisiert. Ja, das kann man vermutlich von einem Ex-Enterprise-Kommandanten erwarten, zumindest aber am Anfang sind hier noch Badmiral-Vibes zu spüren. Es ist schön, dass man hier einen anderen Weg geht. Zu Kirks (oder vielleicht auch Picards) Zeiten ist sowas fast völlig undenkbar… aber wie gesagt, es ist ja April. Kleine Überlegung am Rande: Würde der Schauspieler im Prequel zum Prequel (also die Abenteuer von April) neu besetzt werden? Okay, lieber die Produzenten nicht auf weitere Ideen bringen, aber wie es aussieht nähert sich ja die Kurtzman-Ära von Star Trek, nicht zuletzt wohl auch wegen des Zusammenschlusses mit Skydance, dem Ende. Aber das ist natürlich ein anderes Thema.
Zur Handlung um Batel kommen wir gleich noch, schließen wir an der Stelle zunächst die “Actionsequenzen” rund um Pike und auf der Brücke ab. Hier gefällt auch die Einbindung von Scotty, der von Pelia unter Druck zu Höchstleistungen gezwungen wird. Ja, er wirkt hier noch recht jung verglichen mit dem späteren TOS-Scotty, aber es gibt hier durchaus Brücken, die zu gefallen wissen. Natürlich geht, wie schon bei TOS, jedweder Akzent im Deutschen verloren, aber damit kann man leben. Die beiden Ingenieure gefallen im gegenseitigen Wechselspiel, gern mehr davon.
Viel holpriger ist an der Stelle aber das ganze politische rund um die Gorn. Die haben also einen Sektor (oder war es ein System?) annektiert und eine Demarkationslinie gezogen. Und die Föderation will da nicht weiter provozieren. Das kann man sicher bis zu einem gewissen Grad verstehen, immerhin ist über die Gorn ja wenig bekannt. Das nimmt ja alles In-Universe erst in fünf Jahren bei Kirk Fahrt auf. Äh Moment… aber dazu kommen wir gleich noch.
Zunächst mal, wenn sich Lebewesen in dem Bereich befinden, sollte die Föderation da doch sicher einschreiten (das System kommt mir sogar aus TNG bekannt vor), und nicht zuletzt natürlich die Kolonisten. Zum Glück sieht das auch April so und schickt Pike los (siehe oben), wobei man immerhin noch daran gedacht hat und erwähnt, das man immer noch im Wiederaufbau nach dem Klingonenkrieg festhängt (Discovery Season 1). Dass Pike dann mit der beschädigten Enterprise weiterfliegt… nun, da drücken wir mal ein Auge zu. Es ist ja auch in anderen Serien so, das die Helden immer an vorderster Front sind und alles erleben, immerhin begleiten wir sie als Zuschauer ja auch.
Viel befremdlicher ist dagegen, dass es so einfach gelingt, die Gorn zu täuschen. Ja, auch da wird kurz scherzhafterweise erwähnt, dass die Gorn hoffentlich keine Fenster haben (auch wenn es vielleicht anders aussieht) und sie visuell anders sehen (waren es Licht-Spektren?). Später sieht man sogar einen Gorn in einem Jäger fliegen und zumindest irgendeine Art von Sicht muss es geben. Also muss der Sender auch die Sensoren der Gorn täuschen, damit das alles funktioniert.
Noch abenteuerlicher wirds, wenn man die Gorn durch ein Lichtermeer in den Tiefschlaf schickt. Lassen wir das visuell beeindruckende mal außen vor, wäre das doch eigentlich auch ein guter Moment gewesen, zu erklären, das Gorn bei Hitze träger werden, wie in diversen Comics oder eben der TOS-Folge “Arena” (“Ganz neue Dimensionen”) angedeutet. Aber selbst wenn es so gelingt, die Gorn zu täuschen und schlafen zu schicken, wären sie doch leichte Beute für ihre Nachbarn. Gut, die Föderation wird sie sicher nicht überfallen, aber die Tholianer oder andere? Da können die Gorn nur hoffen, dass sie gute automatische Grenzsicherungen haben – und in gewisser Weise erklärt das auch, dass sie dann ein paar Jahre später zornig Cestus angreifen.
Warum dann aber zu TOS-Zeiten all die Infos hier vergessen sind, steht auf einem anderen Blatt (Prequel-Problem). Denn eigentlich hätte man die Gorn ja dann einfach erneut schlafen schicken können. Und dann eigentlich immer wieder… also ja, dieser Aspekt ist leider etwas holprig geraten.
Frau Doktor, bitte!
Dann ist da ja noch die Handlung um die Heilung von Batel, die mit Gorn-Eiern infiziert auf der KS liegt. Hier darf Chapel beweisen, was in ihr steckt, später unterstützt von Spock
Während ich aber bei der Enterprise und das sie, trotz Flotte im Hintergrund, allein weiterfliegt, noch ein Auge zudrücken kann, kann ich das bei dem Krankenstationsszenario aber nicht. Chapel agiert hier nicht wie eine Krankenschwester, sondern wie eine Ärztin, die routiniert in ihren Behandlungsmethoden jongliert. Es ist einfach unglaubwürdig, dass es hier nur M’Benga als einzigen Arzt für 400 Mann geben soll. Was, wenn der mal krank ist (oder wie hier, anderweitig ausfällt)? Da kann es noch soviel Stress geben, das ist an der Stelle einfach unpassend und dient nur dazu, Chapel mehr Raum zu geben. Vor allem später, wenn M’Benga zurück ist und nach Tagen Dauerstress gleich weiter behandelt… ist der auf Drogen der Mann? (Lustigerweise scheinen DANN plötzlich weitere Ärzte aufzutauchen).
Ok, sie wird später Ärztin sein, aber erst zu Zeiten der Kinofilme, soweit ich mich erinnere. Immerhin, hier bekommen sie und Spock ein paar schöne Szenen spendiert und auch Batel darf im Gespräch mit Pike glänzen, denn er gibt später zu, nicht ohne sie leben zu wollen. Aber ja, die ganze Szenerie ist nur dazu da, Spock und Chapel während der Behandlung Zeit zu einer Aussprache zu geben. Wie mans halt macht, wenn man nebenher operiert…
Dass es indes nicht glücklich ausgehen kann, wissen wir ja aus TOS und auch hier laufen wir wieder in die Prequel-Falle, da das Verhalten der beiden dort nicht so recht zu dem hier passt. Aber darüber reden wir lieber in der nächsten Folge. Hier dürfen die beiden quasi Mediziner spielen und es kommt zumindest kurzzeitig eine Art moralischer Diskussion auf, wenn es darum geht, ob man Unas Blut einsetzen sollte. Natürlich wird Pike das im Logbuch nicht erwähnen, aber hier sehe ich, wie viele, eigentlich durchaus das Kelvin-Problem. Denn auch da hat man mit Khans Blut den Tod geheilt und Unas Blut erweist sich hier fast schon als weitere Wunderwaffe. Da hätte man echt etwas dedizierter drangehen können.
Natürlich ist das alles weit von richtig gutem Tiefgang bzw. Auseinandersetzung mit dem Thema entfernt, auch wenn die Szenen sicher zu einem Großteil in Ordnung gehen. Trotzdem darf dieser Strang getrost als der schwächste der Folge betrachtet werden.
Mass Effect lässt grüßen!
Bleibt dann noch der dritte und letzte Handlungsstrang um die entführten Crewmitglieder, die in einer Art Verdauungskokon aufwachen. Das erinnert irgendwie frappierend an Mass Effect 2, als der dortigen Crew etwas ähnliches wiederfuhr. Aber genau genommen ist das ganze Szenario an Bord des Gornschiffes ja so ein wenig von Alien geklaut. Gorn die an der Decke wandeln, Eier die in Menschen abgelegt werden. Klingt vertraut, oder? War natürlich bereits in den letzten Staffeln auch so, also neu ist das nicht. Die Gorn waren halt noch nie so beweglich (okay, in Enterprise gab es schon Anzeichen dafür).
Womit wir auch gleich schon beim nächsten Punkt sind, denn die Crew sieht hier ziemlich eindeutig die Gorn (auch wenn man vielleicht argumentieren könnte: nur in Kampfanzügen). Trotzdem lässt sich das halt nur schwer mit der späteren TOS-Folge vereinbaren. Eine Auflösung diesbezüglich erwarte ich übrigens nicht, das wird zum Ende der Serie auch weiter so offen stehen bleiben, da gebe ich fast Buch und Siegel drauf. Wenn die Produzenten drauf angesprochen werden, werden sie es vermutlich mit kleineren Änderungen in der Zeitlinie erklären (“Minimal shifts in the Timeline”). Ähnliches gab es ja bereits in der letzten Staffel, da die Eugenischen Kriege in die 2030er verschoben wurden.
Übrigens sehe ich den “Glory Kill” nicht ganz so kritisch wie meine beiden Kollegen. La’an hat ja sowieso schon ein Brass auf die Gorn und wie wir in der nächsten Folge erfahren, wird es auch Ortegas mitnehmen. Für mich ist das einfach eine Kurzschlussreaktion durch eben diese Misshandlungen ausgelöst. Bleibt zu hoffen, dass im weiteren Verlauf der Staffel daraus noch etwas gemacht wird.
La’an ist dann auch diejenige, die sich aus den Kokons befreien kann – das schieben wir mal auf ihre Abstammung, denn den anderen gelingt das ja nicht. Oder haben die Gorn nur bei ihr stümperhaft gearbeitet? Da wäre durchaus etwas mehr Kontext schön gewesen. Ortegas fehlen dann auch gleich zwei Finger. Kann man machen und ja, bei der Medizin des 23.Jahrhunderts sicher kein Thema mehr, aber die Arme wird sowieso gut durchgewalkt hier. Immerhin wird sie auch von einem Gorn aufgeschlitzt und muss dann noch das Schiff fliegen. Beim Satz, sie würde das Schiff fliegen, dürften indes einige geschmunzelt haben, war das doch die Kernaussage der letzten Staffel, wenn es um Ortegas Charakter geht, denn vielmehr hatte man nicht über sie erfahren.
Hier darf sie nun zumindest einen entscheidenden Teil beitragen, oder anders ausgedrückt, zumindest schwerverletzt das Fluchtvehikel steuern. Klappt soweit ganz gut, auch wenn man sich fragen kann, wie die Enterprise am Ende die vielen Kolonisten beamen kann. Zum einen ist da natürlich die Zahl, war da nicht von einigen Hundert die Rede? Das dürfte ein wenig eng werden auf der Enterprise, zumal es auch zu TNG-Zeiten nicht möglich ist, soviele auf einmal zu beamen. Aber lassen wir das Platzproblem mal außen vor, in irgendeinem Frachtraum wird man die schon stapeln, dann stellt sich mir die Frage, ob man die wirklich alle so einfach aus ihren Pods beamen kann. Verdaut und so, auch wenn man Zugriff auf die Gorn-Protokolle hat. Auch hier hätte ich mir halt mehr Kontext gewünscht, statt es so lapidar abzutun.
Denn man hat es sich meiner Ansicht nach wieder etwas zu leicht gemacht. Das Hauptaugenmerk ist halt unser Außenteam, die Kolonisten laufen nur als “Beiwerk” nebenbei und werden dann später auch in wenigen Sätzen auf der Krankenstation abgehandelt. Zugegeben, das war früher auch schon so, ist aber halt schon etwas ärgerlich.
Das Crescendo um Ortegas steigert sich dann, weil es ihr eben immer schlechter geht und sie sogar die Konsole vollblutet. Es wäre ein echter Paukenschlag gewesen, die Frau hier über die Klippe springen zu lassen. Das hatte sich hier nicht nur über die Folge hinweg aufgebaut, sondern wäre auch ein emotional mitreißender Abschluss gewesen, der die Folge deutlich aufgewertet hätte. Leider aber, wie bei vielen “Toden” in New Trek, überlebt sie. Nicht falsch verstehen, ich mag den Charakter grundsätzlich schon, nur wenn immer alle davon kommen, kann auch keine richtige Spannung aufkommen. Denn es ist ja nicht nur Ortegas, auch Batel überlebt ja die Behandlung von Spock und Chapel. Wie so oft gibt es also auch hier ein paar verpasste Chancen.
Ganz ehrlich? Wie lange mussten wir auf diese Folge warten, und was hat sie kreativ anzubieten? Eine Geschichte wie aus der McDonalds-Tüte. Der Plot ist maximal generisch und vorhersehbar, nichts ist irgendwie bemerkenswert. Die Gorn sind eine absolute Lachnummer und ohnehin komplett geklaut. Und wie BerlinBär schreibt: Die Brüche zu TOS sind frappierend und in keiner Weise erklärbar. Was soll das alles? Inwiefern bringt es Star Trek weiter? Warum soll gerade das ein modernes, frisches Star Trek sein? Ich gebe zu, der Auftakt von SNW zu Beginn von Season 1 war ja noch gut, aber inzwischen hab ich für diese… Weiterlesen »
Ja, das Prequel-Problem ist für mich auch etwas, das mich stört. Ich bin wirklich kein Kanon-Puritaner, aber es ist trotzdem nicht stimmig zu TOS. In der Folge “Arena” verfolgt die Enterprise ein unbekanntes Schiff, das Cestus III verlässt. Wenn die Gorn hier eine so prominente Rolle einnehmen, dann wäre das feindliche Schiff ja nicht unbekannt, und man wüsste auf der Enterprise ja, dass es ein Gorn-Schiff ist. Aber ok, die Macher des New Trek haben ja schon oft bewiesen, dass Schlüssigkeit für sie nicht unbedingt die größte Rolle spielt.