Dark Fantasy in London? In dieser Spoiler-Review werfen wir einen Blick drauf.
Inhalt (Klappentext)
Der Höllenschlund unter London, genannt die Katakomben: ein in den 90er Jahren entdecktes Höhlensystem jenseits der U-Bahn-Tunnel, das Tausende Meter in die Tiefe reicht. Seinen Grund hat man bis heute nicht gefunden. Maeve O’Sullivan studiert an der University of Dublin und verfolgt das Ziel, zu einem Mudlark zu werden: einem eingefleischten Tiefenschürfer, der nach Schätzen in den Gewölben sucht. Angestachelt durch eine Wette steigt sie in die Tunnel hinab … verirrt sich jedoch. In dem Versuch, an die Oberfläche zurückzukehren, gelangt sie immer tiefer in dieses Netzwerk verworrener Korridore, bevölkert von grotesken Wesen wie heimtückischen Schlingpflanzen und wandernden Steinen. Dort begegnet sie dem rätselhaften Blaise. Er rettet sie vor dem sogenannten Wächter, einer Kreatur, die selbst die Mudlarks fürchten. Maeve wird von diesem mit einem Zeichen belegt, das sie zu einem Leben in der Tiefe verdammt – ohne die Möglichkeit, die Katakomben je wieder zu verlassen. Gemeinsam mit Blaise beginnt sie eine Reise in die Tiefe, mit dem Ziel, am Grund der Unterwelt eine Heilung zu finden.
Kritik
Mit dem ersten Band der „Lichter unter London“ wird ein Zweiteiler gestartet, der das Setting von Katakomben unter großen Städten zum Thema macht. Die Dinger kennt man ja z.B. von Venedig oder gar Paris, wo sogar Partys gefeiert werden sollen. Und natürlich gibt es viele viele Gerüchte, was dort unten wohl vor sich geht.
In diese durchaus faszinierende Kerbe schlägt nun dieser Roman, der quasi ein Alternativweltszenario entwickelt. In diesem Fall wurden vor 35 Jahren unter London ebensolche Katakomben entdeckt, die eine ganz eigene Welt mit Lebewesen, Magie und allerlei sonstigem Kram beinhalten. Und in diese Welt verschlägt es Maeve, die ein Mudlark, ein Tiefenschürfer werden will.
Natürlich kommt es, wie es kommen muss und sie gerät schnell in Probleme, aus denen sie einer der Einheimischen, Blaise, retten muss. Wenn man der Geschichte eines vorwerfen kann, dann sicher, dass er damit eine Art Standardszenario (anders ausgedrückt: Klischee) bedient. Und wer sich mit ähnlichen Geschichten auskennt, der hat schon zu Beginn ungefähr eine Ahnung, was es mit Blaise auf sich hat (es wird nämlich in der Hintergrundgeschichte zur Welt das ein oder andere „verdächtige Element“ erwähnt). Und zwischen den beiden Helden wird es doch sicher noch zu einer Liebesgeschichte kommen, oder?
Zumindest an der Stelle kann ich aber einen ersten Zahn ziehen: wird es nämlich nicht. Klar, es ist eine Annäherung da, die ist aber vordergründig aufs Überleben ausgerichtet. Romantische Tendenzen mögen ganz seicht mal wieder aufblitzen, stehen aber nie als letztliches Ziel im Vordergrund. Zumindest dieses Klischee wurde also gekonnt umschifft.
Und auch mit dem restlichen Setting kann man hier ganz gut leben, da die Geschichte zum einen von den Charakteren, zu einem Großteil aber von der faszinierenden Welt, die hier beschrieben wird, lebt. Die übertrumpft die Heldenreise an dieser Stelle deutlich und ja, man merkt, dass ich ein Fan der „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ bin, aber auch sonst kann ich dem Katakombenszenario einiges abgewinnen.
Da ist es sehr hilfreich, dass hier eine ebenso faszinierende Welt unter der Welt erschaffen wird, mit neuen Lebewesen, Eigenschaften, Pflanzen und noch einiger anderer Sachen, die ich hier gar nicht länger beschreiben will, da man sie einfach selbst erlebt haben muss (respektive: gelesen). Auf jeden Fall habe ich nach dem Lesen durchaus Bock auf den zweiten Band, auch wenn die Geschichte vielleicht etwas langsamer vonstattengeht und sich nicht spannend wie andere entwickelt.
Neben dem großartigen Worldbuilding gibt es natürlich noch die obligatorischen Bösewichte, welche die native Welt zerstören wollen. Auch das nicht neu und auch hier kann man sicher Parallelen zur Vergangenheit ziehen und in der Tat bleiben die Bösewichte etwas blass. Hier hoffe ich mir für den zweiten Band schon fast ein „Sprengen der Ketten“ und ein Zerschlagen der Oberwelt-Ordnung, auch wenn ich, mit Blick auf die Kürze der Geschichte, damit wohl nicht rechnen darf. Aber ich schweife ab.
Nebenbei erwähnt werden sollte auch kurz, dass man hier auch einen kleinen Kontrast zum Gendern eingebaut hat. Das kommt hier ganz natürlich daher, sowohl von Hauptcharakter Maeve als auch den Einwohnern, ganz so, wie es sein sollte.