Museumsstück: Unsere rasenden Reporter Sara und Thomas Hoeft interviewten im Jahr 2010 im sonnigen Biergarten des NH Hotels in Deggendorf den Star der Veranstaltung “An Evening with …”: Nana Visitor.
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Dann starten wir mit der ersten Frage: Wie konnten Sie die Figur der Kira Nerys beeinflussen?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Wie ich die Rolle beeinflussen konnte? Natürlich begann es mit dem Drehbuchautoren und der Idee von einer anderen Art von Frau im Fernsehen. Sehr anders. Sie kam zu mir, als ich eine Verbindung zu ihr aufnahm, als ich das Script gelesen hatte. Ich wusste, wer sie war, und als ich zum Vorsprechen kam, war ich sie. Und sie sagten: Ja, du bist sie, so wie wir sie uns vorstellen. Und die Schreiber und ich haben sie zusammen geformt. Wirklich.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Und wie hat Kira Nerys Sie verändert?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Wie sie mich verändert hat? Sie machte mich mutiger als ich es vorher war. Ich musste diese Eigenschaft in mir selbst finden; musste selbstloser werden. Und es gelang mir.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Hatten Sie je den Eindruck, dass Sie – außerhalb der Studios – auf den Charakter der Kira Nerys reduziert wurden?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Ja, sehr häufig. Ich habe sehr viele Jahre Soap Operas in den Staaten gedreht, als ich jung war. Und die Leute, die mich daher kannten, hatten nie Probleme, sich zu mir zu setzen und mit mir zu sprechen, wenn ich irgendwo mit meiner Mutter mittags gegessen hatte. Damals existierte Nana noch nicht. Aber Trek-Fans, Trekkers und Menschen, die die Serie schauten, sind nicht ganz so. Sie sahen immer Nana – und in ihr dann Kira. Das war eine Aufwertung, weil es sehr anders war. Und ich liebte das! Ich mochte Kira. Ich mochte sie sehr. Es hält Kira in mir lebendig, wenn sie sie in mir erkannten. Meist war es wohl auch meine Stimme. Ich weiß nicht warum. Wenn ich zum Beispiel in eine Bank an den Schalter ging und sagte “Könnte ich vielleicht …” – dann (imitiert ein verwundertes Gesicht) schaute man verwundert hoch: ‘Oh Gott, das ist ja Kira!’ – Das ist schon sehr lustig. Das ist meine Stimme. Wohl mehr als mehr mein Gesicht.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Hier in Deutschland ist Ihre Stimme auf Grund der Synchronisation ja eher unbekannt …”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Oh, natürlich! Natürlich! Tja, das ist schon ein wenig bizarr.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Können Sie sich an das erste Mal erinnern, als ‘Star Trek: Deep Space Nine’ startete? Bis dahin kannten wir ja nur diese klinisch saubere Atmosphäre aus TNG. Als ich Kira das erste Mal sah, fand ich sie ein wenig zu ruppig. Ich kannte nur die seichten Charaktere von Deanna Troi oder Beverly Crusher, eben diese typischen Frauenrollenbilder. Aber Kira war ein etwas anderer Charakter, und ich muss zugeben dass ich sie anfangs nicht mochte. Aber später …”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Sie war unausstehlich. Sie war sehr unausstehlich. Wissen Sie, es ist schwer zu wissen, einen unausstehlichen Charakter zu spielen. Als Schauspieler betrügt man immer gewissermaßen die Wahrheit. Und die Wahrheit sah so aus, dass Kira sehr rasend war, gern die Kontrolle hatte und – da sie behandelt wurde wie eine Sklavin – niemandem vertraute, auch nicht der Föderation. Schließlich hatte sie nichts zu verlieren. Sie führte ein raues Leben. So hatte sie auch nichts zu verlieren, indem sie höflich war bzw. vorgab so zu tun. Insofern war sie anfangs ganz anders als ich. Ich wusste, wenn sie später den anderen mehr vertrauen würde, entspräche sie mehr meinem eigenen Ich.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Haben Sie Kontakte und Freundschaften zu den anderen Schauspielern von DS9?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Oh ja, immer, wenn ich sie sehe. Aber es ist nicht sehr oft, da ich jetzt in New Mexico lebe, was eine große Distanz zu L.A. bedeutet. Oder New York oder London. Dahin, wo jeder Einzelne eben hingezogen ist. Natürlich sind Alexander Siddig und ich ständig in Kontakt, weil wir einen Sohn haben. Es ist ein wunderbarer Weg, die Freundschaft aufrecht zu erhalten bzw. in der Form mit jemandem etwas gemein zu haben. Und ich sah Avery (Brooks) gerade das erste Mal seit Langem wieder in Las Vegas, und das war wunderbar. Es war so schön, ihn wiederzusehen.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Wie denken Sie über die Veränderungen bei ‘Star Trek’ während der letzten Jahre?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Ich mochte den letzten Film! Ich denke, sie haben sehr gute Arbeit geleistet. Ich war sehr froh darüber. Es war notwendig, ‘Star Trek’ auf etwas Relevantes zu fokussieren, damit es weitergehen kann. Verstehen Sie, wie ich das meine? Es musste um etwas strengere Dinge gehen als bisher. Jede Reise nach draußen ist eine Reise in uns selbst. Und das war es, was diesen Film so brillant machte: Die Möglichkeit, die Charaktere zu uns zu reflektieren. Und dass es gut möglich ist, etwas zu erreichen, wenn man es energisch angeht.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Sehen Sie es als Problem, dass viele Filme neue Fassungen von alten sind?
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (seufzt lächelnd) Fernsehen und Film sind heutzutage sehr seltsame Plätze. Reality-TV beeinflusst das Geschäft heutzutage sehr. Wir sind eigentlich keine Geschichtenerzähler mehr. Was ich damit sagen will: Einige meiner Lieblingsserien und –filme verändern sich in diese Richtung. Es gibt zwar gute Autoren, aber es schaut so aus, als wären die Ideen für Geschichten durch Unfälle entstanden und produziert worden. Das ist zwar nicht immer so, aber meistens. Ich weiß nicht, wer hierfür die Entscheidungen fällt, aber es fehlt eindeutig an Kreativität. Ja, es ist das Business, und das war es auch immer, aber es ist an einer anderen Stelle angelangt, als ich es in meinem Leben gern hätte. Ich bin kein großer Fan von dem, was da gerade geschieht.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Haben Sie es genossen, in den Spiegeluniversum-Folgen eine böse Version von Kira Nerys zu spielen?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (nickt) “Das machte unglaublich viel Spaß, einen Charakter auf so eine Art umzudrehen. Sie hatte genau das Gleiche in sich wie Kira. Sie hatte die gleiche Loyalität, die gleiche Leidenschaft, aber eben in einer egozentrischen Art und Weise und insofern selbstlos – wie Kira. Das war faszinierend für mich. Ich musste mir selbst eine Menge Fragen über Kira stellen. Ich wusste durch die Intendantin mehr über Kira, da es klar sein musste, was Kira nicht war, und was die Intendantin war.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Welche technische Errungenschaft des 24. Jahrhunderts würden Sie heutzutage gern nutzen, wenn Sie es könnten?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (zögert zunächst) “Oh! Definitiv die Art des Reisens. (Gemeinsames Lachen) “Aber wissen Sie was? Es ist schon recht verrückt für mich, wenn ich irgendetwas auf meinem iPhone mache, bei dem ich im TV immer nur vorgab so etwas zu tun: Mit Menschen sprechen, Informationen bekommen, bestimmte ausgewählte Sachen lesen. Insofern haben wir eigentlich ja schon vieles davon. Ich habe keinen Zweifel, dass auch der Rest eines Tages kommen wird. Ich möchte nur nicht die Erste sein, die dann aus vielen kleinen Teilchen wieder zusammengesetzt wird. (Lacht.) Ich warte lieber, bis sie die Bugs behoben haben.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Vermissen Sie die Dreharbeiten von DS9?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (nickt) “Ja, ich vermisse es. Ich vermisse es die ganze Zeit. Es waren sieben Jahre meines Lebens, Sieben wirklich bedeutsame Jahre meines Lebens und (lächelt) ich vermisse es die ganze Zeit.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Würden Sie zurückkehren ins ‘Star Trek’-Universum – zu einem Film oder einer neuen Serie – wenn Sie die Chance hätten?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (nickt) “Wenn dieselben Drehbuchschreiber involviert sind oder ebenbürtige: (entschieden) Ja! Ich wäre glücklich.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Welchen ‘Star Trek’-Charakter mögen Sie am meisten, welchen am wenigsten?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Welchen Charakter ich am wenigsten mag? (konzentriert nachdenklich) Ich kann mir gar keinen Charakter vorstellen den ich nicht mögen würde. (Grübelt weiter.) Nein…, nein. Kira, natürlich, hasste Ferengi, hasste Quark. (Lacht). Oder Cardassianer. Obwohl diese so eine Art eidechsenartige Würde an sich hatten. Aber als Nana selbst sehe ich das nicht so. Ich denke, der Commander, Commander Sisko, Captain Sisko ist mein Lieblingscharakter. Ich mochte ihn sehr. Ich mag Charaktere, die Fehler haben, die gewissermaßen gemäßigt sind und nicht in eine bestimmte Schublade gesteckt werden können. Eben das macht sie gerade glaubhafter.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Und welche Episode von ‘Star Trek: Deep Space Nine’ war Ihre Lieblingsfolge?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (lächelt) “Also, ich liebte ‘Trouble with Tribbles’ (‘Star Trek: The Original Series’ – 2.13 – ‘Kennen Sie Tribbles?’). Ich liebe diese Episode. Die Folge, die ich am meisten mochte und bei der ich mitwirkte, war ‘Duet’ (‘Star Trek: Deep Space Nine’ – 1.19 – ‘Der undurchschaubare Marritza’).”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Das war eine Folge aus der ersten Staffel, glaube ich.”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Ja, das war sie. Sie wurde geschrieben, weil es im Pilotfilm (‘Star Trek: Deep Space Nine’ – 1.01 – ‘Der Abgesandte’) und den ersten Folgen recht viele Spezialeffekte gab und nun Geld gespart werden musste. Daher kamen nun verstärkt Episoden mit vorwiegend zwei darstellenden Charakteren und ohne Spezialeffekte. Solche Folgen werden ‘Bottle Shows’ genannt. Das bedeutet zunächst Geld sparen, später kommen dann die ‘großen’ Folgen. Aber diese (‘Duet’) haben sie in eine so große Episode verwandelt. Wir dachten eigentlich, dass wir am Anfang gar nicht solche großen Episoden machen könnten. Eher so: ‘Naja, das stehen wir schon irgendwie durch!'”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Ich finde, es war die beste Folge der ganzen Staffel.”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Ja, ist das nicht lustig? Und dabei waren es hauptsächlich gerade mal zwei Schauspieler. Das war ein tolles ‘Star Trek’!”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Gibt es eine Szene, die Sie nicht gerne gedreht haben bei DS9?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (lächelt) “Ja! Da war eine. Ich stand noch unter Hormonen. Gerade hatte ich meinen zweiten Sohn geboren. Selbstverständlich gab es die Storyline, in der ich schwanger war. Also mussten sie die Geburt des Babys drehen. Ich hasste es, die Geburt des Babys zu drehen, weil ich so unter Hormoneinfluss stand. (ernst) Und sie hatten einen Säugling, beschmiert mit Frischkäse und Marmelade, damit es so aussah, als ob es gerade geboren wurde. Und das arme Baby war so kalt in dem kalten Studio … Ich stand so unter den Hormonen, dass ich nur an das Baby dachte, dass ihm kalt war. (nickt) Das hatte mich aufgeregt.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): Hatten Sie ‘Star Trek’ gesehen, bevor Sie die Rolle der Kira Nerys angenommen haben?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Ja, ich habe die Originalserie gesehen, als ich eine junge Schauspielerin am Broadway war. Um 18:00 Uhr habe ich vor dem Fernseher zu Abend gegessen und ‘Star Trek’ gesehen. Wenn ‘Star Trek’ vorbei war, war es für mich an der Zeit zum Theater zu gehen. So war es mein Wecker.” (lacht)
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Viele Ihrer Kollegen haben auch bei mehreren ‘Star Trek’-Folgen Regie geführt. Ich glaube, Sie nicht …”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (schüttelt den Kopf) “Nein, ich entschied mich das nicht zu tun. Ich weiß, dass viele von ihnen auch bei anderen Serien Regie geführt haben oder das in Zukunft machen wollten. Ich wollte das nie. Ich fühlte, dass es hätte sein können – selbst wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte und ich begierig danach gewesen wäre, aber – also: (bestimmt) Ich bin Schauspielerin, keine Regisseurin. Ich könnte die Crew gar nicht durch den Dreh bringen. Das muss recht hart sein, so etwas überhaupt zu erlernen. Sehr hart.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Das war ja schon fast wie ein Sport unter den Darstellern. Bob Picardo, Avery Brooks, Roxann Dawson, …”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “… Alexander Siddig (lächelt), Michael Dorn – und Michael hat danach auch noch bei anderen Serien Regie geführt. Und Siddig hat das schon vor Avery getan. Oder René (Auberjonois). Aber wie gesagt: Wenn man heutzutage die Möglichkeit geboten bekommt, Regie zu führen, dann ist das schon schön, aber nur um der Möglichkeit willen es dann auch zu tun – nein! Das sollte man nicht tun.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Verfolgen Sie derzeit neue Projekte?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Ich habe aktuell ein Geschäft. Ich habe eine Partnerin und mit ihr eine Art ‘Dessert-Betrieb’, den wir nur über Internet betreiben. Ich habe eine Serie Desserts und Kuchen kreiert, und das hat mich in dieser Hinsicht unglaublich erfüllt.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Aha. Aber ich glaube, das ist doch etwas ganz anderes als das, was Sie vorher gemacht haben?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Nicht wirklich. So viele Schauspieler haben eigene Restaurants oder lieben es zu kochen oder Leute zu bewirten. Das ist beides sehr gleichartig, sehr kreativ. Ich habe während DS9 mit Siddig jeden Sonntag Dinner-Parties veranstaltet und jedes Mal waren normalerweise 12 bis 16 Leute da – und ich habe es immer geliebt, auf diese Art und Weise zu geben. Es war dann gewissermaßen immer mehr auf die Person fokussiert.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Haben Sie es genossen, die Rolle der Pamela Vorhees in der neuen Fassung von ‘Freitag der 13.’ zu spielen?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Oh Gott, nein! (Schüttelt dabei energisch den Kopf.) Überhaupt nicht! Nichts dabei hat Spaß gemacht! Das war schon ein recht harter Dreh. Es war mitten in der Nacht im Regen. Mein Startpunkt war in giftigem Efeu – gibt es hier auch so etwas? Also, das ist eine Pflanze, die hier (deutet auf ihren linken Oberarm) furchtbare juckende Rötungen verursacht. Und ich stand so da, mitten im Regen … (gemeinsames Lachen) Das einzige Faszinierende war es, zu sehen wie mir der Kopf abgeschlagen wurde und er – blopp! – in den Matsch fiel. Das war schon interessant. Aber der Rest nicht. Das Herstellen dieses Kopfes, der für den Film notwendig war und – ich hatte noch nie diese Art Makeup – war schon abscheulich! Dabei verdecken sie [die Maskenbildner] dir komplett das Gesicht. Sie haben keine Ahnung wie beängstigend das ist, bis sie es bei Ihnen mit Plastik gemacht haben. Oh mein Gott! Nicht lustig, kein Teil davon!”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Gibt es eine bestimmte Art von Rolle, die Sie gerne einmal verkörpern würden?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (nachdenklich) “Ja, ich würde gern einmal … eine zerstörte Frau spielen. Das wäre interessant. Möglichst eine mental zerstörte Frau.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “War nicht Pamela Vorhees so?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): (gemeinsames Lachen) “Wissen Sie eigentlich, dass ich diesen Film nie gesehen habe?”
Sara und Thomas: (verwundert) “Nein?!”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Nein! Damit kann man mich jagen! Ich kann dieses Blut nicht sehen! Ich fürchte mich davor so (macht eine erstarrte abwehrende Geste). Die Leute können sagen, dass es nur ein Film ist – für mich ist es das nicht. Ich habe das nie gesehen. Ich habe einmal in einem anderen Film mitgemacht, der hieß ‘Babysitter Wanted’. Ich habe gehört, dass der unglaublich blutig sein soll. Aber auch den würde ich mir nie anschauen. Das sind keine Filme, in die ich reingehen würde.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Bereuen Sie Rollen wie diese?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Nein, überhaupt nicht. Ich weiß, dass diese Filme ihr Publikum haben, und irgendetwas daran erfüllt diese Leute, wenn sie sich sowas anzuschauen.” (lacht)
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “Hin und wieder mag ich das auch …”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Zu sehen, wie sexy Teenager gekillt werden – (an Sara gerichtet) Was soll das eigentlich? Das verstehe ich nicht! Fand ich schon immer befremdlich. Aber, nein, ich bereue es nicht. Ich sehe mir das bloß nicht freiwillig an.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Sie haben in sehr vielen Rollen in Film und Fernsehen mitgewirkt. Gibt es andere Rollen, die Sie aus heutiger Sicht bedauern?”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Oh Gott, ja! Wenn ich morgens um 2.00 Uhr fernsehe, dann ist da tatsächlich etwas (lacht). Einige ältere Sachen – oh mein Gott – wie ‘Knight Rider’.
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “‘Knight Rider’? Ich habe nie eine Folge davon gesehen.”
Sara Hoeft (TrekZone.de): “Ich schon, als ich noch ein Kind war.”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Serien wie diese lassen mich manchmal erschaudern, aber bei den meisten musste man damals eben einfach durch. Und wenn ich heutzutage deswegen mitunter etwas verlegen bin, behalte ich immer in Gedanken: ‘Du hattest dich immer gefragt, auch bevor du Kinder hattest: Würde ich wollen, dass sich mein Kind so etwas anschaut?’ Wenn die Antwort ‘Nein’ war, habe ich den Job nicht getan.”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): “‘Freitag der 13.’ kam dann später.”
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): “Viel später. (nickt und lacht) Viel später. Und natürlich fragte ich mich diesmal nicht: ‘Werde ich jemanden umbringen? Nein, nicht auf dem Bildschirm.'”
Thomas Hoeft (TrekZone.de): „Wie denken Sie darüber, dass Fans Geld für ein Event wie dieses heute (Anm.: “An Evening with Nana Visitor”) bezahlen?“
Sara Hoeft (TrekZone.de): „Nur um Sie zu treffen?“
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): „(kopfschüttelnd) So ist es gar nicht. Es ist nicht nur, um mich zu sehen. Wenn ich das denken würde, wäre dies (nach dem richtigen Wort suchend) bewusstseinsverändernd. Aber das ist so sehr ein Teil von… – Es ist ein Weg ‘Hallo’ zu Menschen zu sagen, die man nicht kennt. Und außerdem hast du etwas, was du erzählen kannst. Es ist ein Club, die Interaktion von Menschen. Manche Menschen, die ich heute zu meinen Freunden zähle, reisten mir zehn Jahre lang hinterher. Es waren immer die gleichen. Es gab während dieser Zeit zwei Hochzeiten in dieser Gruppe. Sie kommen, um mich in bestimmten Städten zu sehen. Aber es ist eher wegen der Party danach. Ich bin nur die Ausrede. Ich bin eine gute Ausrede dafür, viel Spaß zu haben (lacht).“
Sara Hoeft (TrekZone.de): „Was für Veranstaltungen bevorzugen Sie? Größere wie die FedCon (Nana schüttelt ihren Kopf) oder kleinere wie heute Abend?“
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): „Definitiv kleinere Veranstaltungen. Das ist keine Frage. Die großen… Du bist da schon froh, wenn du irgendwem in die Augen schauen kannst, wenn du Autogramme schreibst. Ich verstehe es als Grund, warum die Menschen dort hinkommen. Sie könnten auch ein Bild schicken, damit ich es signiere. Es ist, weil… Sie sehen mich, aber sie wollen, dass ich sie sehe, sie wiedererkenne. Wenn die dann sagen ‘Beeil dich! Du musst dich beeilen’, da sage ich nein. Ansonsten ist es zwecklos.“
Thomas Hoeft (TrekZone.de): „Die heutigen Convention sind einfach zu groß…“
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): „Ja, sind sie. Und wir hätten gar nicht die Zeit, das hier zu tun (heftig kopfschüttelnd). Keinesfalls. Da wäre keine Zeit für irgendetwas.“
Thomas Hoeft (TrekZone.de): „Seit ‘Star Trek’ haben Sie Fans überall auf der Welt. Konnten Sie sich vorstellen, dass Sie auf der ganzen Welt Fans haben werden, als Sie die Rolle der Kira Nerys erhalten hatten?“
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): Nein. Und Rick Berman rief mich an, weil ich auf Anraten meines Managers den Job zunächst ausgeschlagen hatte. Also Rick Berman rief mich zu Hause an und sagte ‘Hör zu! Du weißt nicht, was das ist. Du wirst Fans haben, Menschen, die dir folgen werden.’ (kopfschüttelnd) Aber ich verstand es immer noch nicht. Ich konnte es nicht. Und ich konnte diesen Job auch nicht machen mit dem Gedanken: Das wird weltweit gesehen. Ich konzentrierte mich auf das, was vor mir lag, was ich tat. Später – (an Thomas gerichtet) Sie haben nach vorher gefragt – als Kira entstanden ist, wurde sie durch die Autoren und durch mich, aber auch durch die Menschen auf den Conventions beeinflusst. Da war zum Beispiel die Frau, die mir ihre Nummern auf ihrem Arm zeigte (deutet mit ihrer Hand auf ihren linken Arm), die sie in einem Konzentrationslager erhalten hatte und erzählte dass sie sich mit Kira sehr verbunden fühlte. Solche Dinge prägten mich, den Charakter anderswohin zu entwickeln. Ich ließ das durch Leute wie diese geschehen. Oder durch kleine Mädchen, die mir erzählten, dass sie durch Kira tapferer wurden. Es ließ mich härter und verantwortungsvoller mit dem Charakter umgehen.“
Thomas Hoeft (TrekZone.de): „Haben Sie jemals schlechte Erfahrungen mit Fans gemacht?“
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): „(zögert zunächst) Niemals (schüttelt dabei den Kopf). Niemals schlechte Erfah- (schaut nun wegen einer Erinnerung kurz aufwärts) Doch! Einmal, einmal war da ein Mann, der nicht verstehen wollte, dass ich nach einer Veranstaltung allein ein Essen einnehmen wollte. Und er war deswegen sehr böse auf mich. Aber es ist doch so: Die eine Zeit bin ich mit jedermann zusammen, die andere Zeit brauche ich für mich allein. Das ist eine notwendige Sache, zumindest für mich. Womöglich gibt es Leute, die keine Zeit benötigen, um sich zu erholen. Aber nachdem ich so viele Seelen kennen lernte und nach solch vielem gedanklichen Austausch fand ich es (das Verhalten des Mannes) psychisch ermattend. Aber das war auch das einzige Mal – in wie vielen Jahren? – dass mal jemand verärgert mit mir war.“
Sara Hoeft (TrekZone.de): „Welche Person – tot oder lebendig – würden Sie gerne mal treffen?“
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): „Oh mein Gott, da gibt es so viele. So viele. Eine wäre Mme Sharice, meine Großmutter. Ich habe so viele Fragen an sie. Meine Familie war mütterlicherseits teils Mythos, teils Wahrheit. Und ich wüsste gern: Was ist was? Wir waren eine sehr dramatische und wilde Familie…“
Thomas Hoeft (TrekZone.de): „Wie fühlen Sie sich dabei, dass es einen Asteroiden namens Nanavisitor gibt?“
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): „Das finde ich verrückt. Das ist eines dieser Dinge, bei denen ich so (setzt einen verwunderten Blick auf) schaue: ‘Da ist ein Asteroid namens Nanavisitor’ (lacht). Und bisweilen schießt es mir dann wieder durch den Kopf: ‘Oh mein Gott, das ist ja unglaublich.’“
Sara Hoeft (TrekZone.de): „Beide Elternteile Ihres Sohnes sind Schauspieler. Möchten Sie, dass Ihr Sohn ebenfalls Schauspieler wird… (Nana schüttelt bereits mit einem „No!“ energisch den Kopf) und würden Sie ihn so pushen wie es zum Beispiel die Smiths mit ihren Kindern tun?“
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): „Nein. Nein, ich bevorzuge da etwas anderes. Was ich am Kochen und Backen liebe, ist, dass ich alle Zutaten habe. Ich habe die Kontrolle darüber. Wenn ich etwas kreieren möchte, kann ich einfach loslegen. Einige werden es dann essen, andere womöglich nicht. Aber ich habe selbst die Zutaten bestimmt, um ein Ergebnis zu verwirklichen, und das ist dann sehr befriedigend für mich. Aber schauspielern ist eher eine gemeinschaftliche Anstrengung. Man muss auf die Gelegenheit warten oder auf andere Menschen, das richtige Licht, die Kamera – eben für den Job. Und das…, das ist frustrierend. Und deswegen bevorzuge ich es für meine Kinder zu warten, bis sie selbst wissen, was sie wollen.“
Sara Hoeft (TrekZone.de): „Die letzte Frage. Sie spielten vormals auch in Musicals. Ebenso sang Kira Nerys auf dem Holodeck. Wenn Sie die Chance hätten, würden Sie ein Musik-Album aufnehmen?“
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): „Wissen Sie, (etwas nachdenklich) eine Broadway-Schauspielerin, die ich sehr bewundere, ist Elaine Stritch. Ich schaute mir einmal eine Show an in der sie mitwirkte. Damals war sie in den späten 70ern. Sie sang ein Lied und sagte dazu: ‘Wisst ihr, Frauen in den 50ern versuchen normalerweise dieses Lied zu singen, aber die sind dafür eigentlich noch nicht alt genug. 60 Jahre- nein! ICH bin dafür alt genug!’ – Und ich denke, ich warte deshalb, bis ich das richtige Alter habe. Um wirklich etwas zu sagen zu haben. Und ich glaube nicht, dass ich aktuell musikalisch schon etwas sagen könnte.“
Sara & Thomas Hoeft (TrekZone.de): Vielen Dank für das wunderbare Interview!
Nana Visitor (“Deep Space Nine”): Sehr gerne!