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Kurzrezension: „Star Trek: Strange New Worlds“ 3×09 – „Terrarium“

Erica Ortegas geht auf einer Mission mit einem Shuttle in einem Wurmloch verloren. Während sie den Gefahren auf der anderen Seite des Phänomens trotzt, sucht die Crew der Enterprise fieberhaft nach einem Lebenszeichen, bevor sie mit wichtigen medizinischen Gütern an einem anderen Ort benötigt wird.

Terrarium

„Terrarium“ ist eine „Enemy Mine“-Geschichte, bei der sich Alan B. McElroy freizügig an Klassikern wie „Arena“, „The Enemy“ und „Darmok“ bedient. Traditionell griff „Star Trek“ sehr oft und gerne genau dieses erzählerische Klischee auf („Day of the Dove“, „Dawn“ …), weil es eine Steilvorlage bietet, das Publikum an eine empathische Perspektive für eine vermeintlich ausweglose Konfliktsituation heranzuführen. Damit eignen sich diese Art von Geschichten sehr gut, um das humanistische Weltbild von „Star Trek“ mit einer aufregenden Erzählung zu unterfüttern – selbst wenn diese Stories, wie im Fall von „Darmok“, tragische Wendungen beinhalteten.

Pike in "Terrarium" (Photo: Marni Grossman/Paramount+)
Pike in “Terrarium” (Photo: Marni Grossman/Paramount+)

Nun also versucht sich „Strange New Worlds“ an diesem wohlbekannten Muster. Das Ergebnis muss man leider stark differenziert betrachten. In Isolation betrachtet, ist „Terrarium“ über weite Strecken eine sehr unterhaltsame, teils sogar spannende Episode mit tollen Schauwerten. Betrachtet man sie jedoch als Teil der Kontinuität der Serie und im Vergleich zu „Star Trek“ (1966), sorgt die Folge für viel Kopfschütteln. Das Drehbuch stolpert in der zweiten Hälfte immer häufiger über die eigenen Füße und verfehlt letztlich sein Ziel.

Spoileralarm

Üblicherweise verraten wir in einer Kurzrezension keine Spoiler – gemäß unserer Definition: „Alles, was in Trailern und im ersten Akt gezeigt wird, ist fair game.“ „Terrarium“ lässt sich jedoch praktisch nicht sinnvoll besprechen, ohne dem zweiten Akt vorzugreifen. Wer komplett ahnungslos in die Episode starten möchte, sollte also jetzt das Browsertab schließen, denn die Identität des feindlichen Wesens, mit dem Ortegas kooperieren muss, ist offensichtlich als (schlecht versteckte) Überraschung gedacht.

Ortegas in "Terrarium" (Photo: Marni Grossman/Paramount+)
Ortegas in “Terrarium” (Photo: Marni Grossman/Paramount+)

Selbstredend ist die feindliche Pilotin, die mit Ortegas auf einem kargen Felsmond abgestürzt ist, eine Gorn. Jetzt mögen geneigte Leser:innen dieser Rezension sich daran erinnern, dass ich mich seit dem Erscheinen der ersten Staffel von „Strange New Worlds“ sehr darüber wundere – sprich: ärgere –, wie der Konflikt zwischen Sternenflotte und Hegemonie geschrieben wurde. Es geht mir gar nicht so sehr um den Kanon, sondern vielmehr darum, dass die Autor:innen der Serie sich ununterbrochen sadistische Rechtfertigungen ausdenken, warum der Konflikt mit den Gorn ausschließlich und vermeintlich gerechtfertigt mit unerbittlicher und bestialischer Gewalt geführt werden müsse.

Unwidersprochen (sowohl innerhalb des Seriennarrativs als auch auf einer thematischen Ebene) steht La’an Noonien-Singhs These im Raum, dass die Ideologie der Föderation, Konflikte durch Empathie für ihre Gegner:innen zu begegnen, falsch sei, weil es nun mal echte Monster gebe. Das gipfelte darin, dass unsere Held:innen in „Hegemonie, Part I“ aus dem Hinterhalt Kinder erschossen, ohne dass dieses Verhalten jemals in der Serie wieder thematisiert, geschweige denn dekonstruiert wurde.

Vor diesem Hintergrund wäre eine Auseinandersetzung mit dem Verhältnis der Sternenflottenoffizier:innen zu ihren Gewalthandlungen bzw. eine Auseinandersetzung der Autor:innen mit ihrer fragwürdigen Gewaltverherrlichung bitter nötig.

Wenn man „Darmok“ bei Wish bestellt

„Terrarium“ ist ein bitteres Lehrstück darüber, was eigentlich den „Star Trek“-Wertekanon in der endenden Kurtzman-Ära ausmacht. Das traditionelle Herz von „Enemy Mine“-Erzählungen ist es, durch mühsamen Versuch und Irrtum eine neue, produktive Art der Verständigung mit dem Anderen oder Andersartigen zu finden. Erfolgreiche Kommunikation setzt ein Mindestmaß an Empathie voraus, weil ich eine Sprache wählen muss, die mein Gegenüber verstehen kann. Die Handlung der Erzählung und ihre Botschaft gehen also Hand in Hand.

Wer jetzt glaubt, „Terrarium“ würde sich auch nur eine Minute damit beschäftigen, wie die politischen, kulturellen und sprachlichen Barrieren zwischen Ortegas und der Gorn-Pilotin in einer ähnlich spannenden und nachvollziehbaren Weise wie zwischen Picard und Dathon in „Darmok“ abgetragen werden können, kennt „Strange New Worlds“ nicht.

Selbstverständlich und irrsinnigerweise ist die Gorn-Pilotin sofort bereit und willig, mit Ortegas zu kooperieren (ein Einzeiler am Episodenende versucht das zu rechtfertigen). Die Sternenflottenoffizierin tut sich umgekehrt anfangs ein bisschen schwerer. Doch eine Auseinandersetzung mit ihrer PTBS, ihren Vorurteilen oder gar den Gräueltaten ihrer Crewmitglieder findet ebenso wenig statt wie irgendeine Art der interkulturellen Verständigung. Weil die Gorn-Pilotin Ortegas tagelang kein Haar krümmt, ist sie plötzlich für Letztere das strahlende Beispiel für das wahre Gesicht der ganzen Spezies.

Das ist eine ziemlich naive und anmaßende Zuschreibung, die nicht bloß eine subjektive Äußerung Ortegas‘ ist, sondern offensichtlich den Standpunkt des Drehbuchs teilt. Zu diesem Ausspruch kommt es, obwohl Ortegas und Publikum zwischenzeitig nichts über Perspektive und Motivation der Gorn erfahren hätten, was zur Entspannung des Verhältnisses beitragen könnte – weder in dieser Episode noch in anderen „Strange New Worlds“-Folgen. McElroy reduziert das „Enemy Mine“-Motiv auf eine extrem oberflächliche, rein interpersonelle Verständigung zweier Wesen, die mäßig motiviert miteinander kooperieren und dabei völlig unrealistisch außerhalb jedes historischen, kulturellen oder politischen Kontexts agieren. Die Plumpheit ist grotesk.

Damit kristallisiert die Episode unfreiwillig den faulen Kern dessen heraus, was die Kurtzman-Ära ausmacht: die Überhöhung individueller Subjektivität, bloßer Dramaturgie bzw. Melodramas ohne Substanz, wobei man ständig irgendwelche wohlfeilen Wohlfühl-Mantras vor sich herträgt. Rechte Echokammern sprechen da heuchlerisch von “Virtue-Signaling”, dem ritualisierten Vorzeigen von Tugendsymbolen ohne echtem Wert. Alan McElroy ist sich der Potenz der traditionellen “Star Trek”-Botschaft durchaus bewusst, und versucht auch “Terrarium” in direkte Nähe eine seiner Ikonen zu rücken, nur endet die Vergleichbarkeit frustrierender weise wieder einmal bei formelhaften Oberflächlichkeiten.

Irrwitzigerweise wurde den Figuren aus „The Next Generation“ vorgeworfen, unrealistisch, zu perfekt und geradezu übermenschlich charakterisiert zu sein. Tatsächlich ist es das zeitgenössische „Trek“, das offenkundig mit Übermenschen operiert, die qua Drehbuchlogik nur tugendhaft handeln können. Alles ist gerechtfertigt, nichts muss jemals hinterfragt oder dekonstruiert werden. Nicht nur Ortegas verhält sich in dieser Episode fragwürdig, nein, auch andere Offizier:innen der Enterprise begehen in dieser Folge Taten, die in einer halbwegs rational geführten Organisation drastische Konsequenzen haben müssten. Aber weil unsere Figuren vom Halo der Vorsehung beschienen werden, sind kalkulierte Lügen gegenüber Vorgesetzten mit weitreichenden Folgen für Tausende oder anlasslose, tödliche Gewaltanwendung kaum ein Schulterzucken wert. Was die Episode sagen will und was sie tatsächlich transportiert, steht in karrikaturhaftem Kontrast zueinander.

Ein Finale zum Kopfschütteln

Die abenteuerlichsten Momente finden sich in den letzten Minuten der fast einstündigen Darbietung. Das Drehbuch telegrafiert ungefähr ab der Hälfte der Folge, dass die Dinge nicht ganz so liegen, wie sie scheinen. Selbstredend kommt es am Ende der Episode zu einer Auflösung, die sich als gleichermaßen erwartbarer wie auch absolut überflüssiger Fan-Service entpuppt („Wir reden nicht mehr drüber, weil’s sonst den Kanon sprengt“-Reset-Button inklusive). Das wäre für sich genommen schon dreist genug. Der Gipfel der Selbstbeweihräucherung ist jedoch die Wahl der Referenz. Denn damit stellt sich „Terrarium“ in eine Reihe mit einer der besten und ikonischsten Episoden der Originalserie, deren Botschaft sie ähnlich wie „A Quality of Mercy“ in Bezug auf „Balance of Terror“ gänzlich missverstanden hat.

Bewertung

"Strange New Worlds" schaut "Arena", "The Enemy" und "Darmok", versteht nur die Hälfte und klatscht uns diesen streckenweise unterhaltsamem Abklatsch vor die Brust.

Bewertungsübersicht

Gesamt
Christopher Kurtz
Seit den frühen 2000ern ist Christopher Redakteur im TrekZone Network. Wenn er nicht in den unendlichen Weiten nach kritisch rationalem Humanismus Ausschau hält oder sich über die Plausibilität fiktiver Technologien und Gesellschaftsformen den Kopf zermartert, findet man ihn meistens in der Nähe von Spielen der geselligen Art, egal ob analog oder digital, ob als Mitspieler oder Gelegenheitsautor.

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Sorry kann diesen “Hate” nicht nachvollziehen! Vielleicht stecken manche noch zu sehr in der Vergangenheit und ihrer eigenen kleinen Star Trek Welt

Ich fand die Folge auch nicht schlecht…vorallem nachdem was uns die letzten Folgen serviert wurde. Wiederholungen gibt es immer wieder, zuletzt bei Enterprise 2×13 mit Trip mit einem ähnlichen Szenario. Wir haben endlich mal eine Ortegas Episode sowie wurde die schon längst fällige Kommunikation mit den Gorn aufgegriffen!

Gestrandet alleine auf einen unwirtlichen Planeten mit einem verständigungsinkompatiblen Alien. Hatten wir glaube ich auch schon gefühlt … naja, sehr oft.
Damit es ein “bisschen” innovativ daher kommt, vermantscht man das mit einer der ikonischsten Folgen von TOS. Voilà, wir haben wieder mal eine typische SNW Folge.

Aber zumindest ist die Einzelfolgenlogik von SNW wesentlich erträglicher als bei DISCO.

Abgesehen von der 08/15-Idee und dem – wie in der Rezension schon erwähnten – unnötigen Fanservice, war die Episode allerdings halbwegs solide.

Danke. Sehr lesenwerte Rezension, die mindestens diejenigen Sterne erhält, die dieser Folge zu viel gegeben wurden 🙂

Wieder mal eine Rezension auf den Punkt. Die Folge war wieder mal ein kümmerliches Machwerk. Über Pike kann ich nur noch traurig lachen.

"Strange New Worlds" schaut "Arena", "The Enemy" und "Darmok", versteht nur die Hälfte und klatscht uns diesen streckenweise unterhaltsamem Abklatsch vor die Brust.Kurzrezension: „Star Trek: Strange New Worlds“ 3x09 – „Terrarium“
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