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StartSF ZoneThe OrvilleRezension: The Orville 3x07 - "Aus unbekannten Gräbern" / "From Unknown Graves"

Rezension: The Orville 3×07 – “Aus unbekannten Gräbern” / “From Unknown Graves”

In der siebten Folge der dritten Staffel erfahren wir mehr zur Vorgeschichte der Kaylon. SPOILER-ALARM!

Handlung

Die Orville trifft sich mit einer Delegation der Janisi, um über eine mögliche Allianz zu verhandeln. Die Gesellschaft der Janisi ist ein Matriarchat, in dem Männer keinen Zugang zu Führungspositionen haben und den Frauen auch eherechtlich untergeordnet sind. Da die Union befürchtet, dass die von ihr praktizierte Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau die Janisi abschrecken könnte, baut man die Kommandostruktur für diese Mission inoffiziell um: Commander Grayson (Adrianne Palicki) übernimmt das Kommando über die Orville, während Talla Keyali (Jessica Szohr) als Erster Offizier fungiert. Auch die übrigen leitenden männlichen Offiziere werden durch weibliche Crewmitglieder ersetzt.

Während “Captain” Grayson die Verhandlungen mit den Janisi führt, erkunden Mercer (Seth MacFarlane), Bortus (Peter Macon) und Charly (Anne Winters) Sitular 4, einen Planeten in der Nähe. Dort befindet sich eine verlassene Kolonie der Navarianer, wo das Erkundungsteam auf die Wissenschaftlerin Dr. Villka (Eliza Taylor) und den Kaylon Timmis (Christopher Larkin) trifft. Timmis ist völlig anders als die standardmäßigen Kaylon, denen man bisher begegnet ist. Er bereut die aggressive Haltung seines Volkes gegenüber den Biologischen und strebt stattdessen eine friedliche Koexistenz mit ihnen an.

Dr. Villka erklärt Timmis’ Haltung mit dem Umstand, dass er fähig ist, Emotionen zu empfinden – und sich somit auch in die Lage anderer Lebewesen hineinversetzen kann. Dies ermöglicht ihm, Empathie zu entwickeln. Villka und Timmis kommen schließlich mit auf die Orville, wo sie Isaac (Mark Jackson) anbieten, sein neurales Netz ebenfalls upzudaten. Außerdem berichtet er der Orville-Crew von der Zeit, in der sich die Kaylon aus der Sklaverei befreiten.

Nach einem Gespräch mit Dr. Finn (Penny Johnson Jerald) entschließt sich Isaac, diese unverhoffte Chance auf Emotionen wahrzunehmen, um seine romantische Beziehung mit Claire auf die nächste Stufe zu hieven. Das Update ist zunächst auch erfolgreich und Isaac empfindet Emotionen, die er Claire gegenüber auch zum Ausdruck bringt. Es stellt sich jedoch heraus, dass das Update bei Isaac nur von temporärer Wirkung ist, weil er nicht zur Gruppe der ursprünglichen Kaylon gehört. Isaac muss sich entscheiden: Wenn er dauerhaft Emotionen empfinden möchte, muss er eine vollständige Löschung aller seiner Gedächtnisengramme hinnehmen.

Derweil fliegt die matriarchalische Scharade der Orville-Crew auf, was Losha (Sophina Brown), die Kommandantin der Janisi, enorm verärgert. Ed und Kelly müssen sich also etwas einfallen lassen, wenn sich die Chance auf eine Allianz mit den Janisi nicht in Luft auflösen soll… 

Drehbuch & Dramaturgie

Das Drehbuch zur Episode hat David A. Goodman (59) geschrieben. Goodman kann eine lange und erfolgreiche Karriere in Hollywood vorweisen, er ist seit den späten 80ern als Schauspieler (vorwiegend Synchronisation), Autor und Produzent tätig. Unter anderem verfasste er für vier Episoden von “Star Trek: Enterprise” die Story oder sogar das Drehbuch. Auch für “The Orville” ist er sowohl als Produzent als auch als Autor tätig, “From Unknown Graves” ist sein mittlerweile vierter Writing Credit.

Die Episode besteht aus vier verschiedenen Handlungssträngen, was für eine Einzelepisode mit einer Laufzeit von einer Stunde und 13 Minuten gewiss sehr ambitioniert ist. Keine Frage, die Folge ist enorm kurzweilig, Durchhänger sind mir jedenfalls keine aufgefallen. Die verschiedenen Story-Arcs sind darüber hinaus auch geschickt miteinander verwoben, zwei davon fokussieren sich auf das Thema ‘Sklaverei’ beziehungsweise ‘Unterdrückung’. Der Episodentitel “From Unknown Graves” rekurriert indes auf das Gedicht “The Witnesses” (“Die Zeugen”) von Henry Wadsworth Longfellow (1807-1882), in welchem es um Sklaverei geht.

These are the woes of Slaves;

   They glare from the abyss;

They cry, from unknown graves,

   “We are the Witnesses!”

Ausschnitt aus: “The Witnesses” von Henry Wadsworth Longfellow

Nach meinem Dafürhalten ist diese Episode inhaltlich aber doch etwas überladen. Der Handlungsstrang um die Janisi passt zwar thematisch sehr gut zum Makrokontext der Episode, wirkt angesichts der Fokussierung auf die Vorgeschichte der Kaylon stellenweise aber doch etwas störend und belanglos. Gleiches gilt auch für den Teil der Handlung, der sich um die Beziehung von Talla und John dreht. Eventuell wäre es hier doch sinnvoller gewesen, die Episode in zwei separate Folgen mit jeweils einer A- und einer B-Story aufzusplitten.

Die Janisi  

Den übergeordneten Handlungsrahmen der Episode bildet der Story-Arc um die Janisi, eine matriarchalische Gesellschaft. “Star Trek”-Fans fühlen sich hier natürlich sofort an die “The Next Generation”-Episode “Planet Angel One” (TNG 1×14) erinnert, die aber nicht unbedingt zu den Highlights der Serie gehört. Eher ist das Gegenteil der Fall.

Wenn man bedenkt, dass der Großteil der Menschheitsgeschichte durch patriarchalische Strukturen geprägt war und Männer Frauen in weiten Teilen der Welt noch immer massiv unterdrücken, dann ist eine Science-Fiction-Geschichte über ein Matriarchat eigentlich eine spannende Parabel auf die Menschheit. Eigentlich. Denn leider scheitert auch “The Orville” – ähnlich wie “Star Trek” vor rund 35 Jahren – daran, diese Story interessant und tiefgründig zu erzählen. Zwar vermeidet man hier – im Gegensatz zu “Planet Angel One” – Fremdscham-Klischees, wie etwa aufreizende Männerkleidung (Commander Rikers behaarter Oberkörper lässt grüßen! 😉); die handelnden Akteure wirken auf mich allerdings ähnlich flach und überzeichnet. Charakterlich sind Losha und Beata (die Anführerin von Angel One) zwar unterschiedlich, allerdings ist die Janisi-Frau leider sogar noch schablonenhafter geschrieben als ihr “Star Trek”-Pendant.

Zwei Aspekte dieses Story-Arcs stechen allerdings positiv hervor. Einer davon ist der Humor, der diesem Handlungsstrang innewohnt. Man spielt hier geschickt mit gängigen Geschlechterklischees (Frauen reisen mit enorm viel Gepäck; Männer sind beim Arbeiten lahmarschig), sodass einige Pointen richtig gut zünden.

Andererseits finde ich es auch erfrischend, dass die Union hier wiederholt deutlich weniger “professionalisiert” erscheint als die Sternenflotte in “Star Trek”. Ein ähnliches Vorgehen gab es zwar auch in “Klingonenbegegnung” (TNG 2×20), aber ein solch großangelegtes ‘Schauspiel’ hätte das Sternenflottenkommando wohl eher nicht abgesegnet. Man merkt der Planetaren Union in “The Orville” jedenfalls des Öfteren an, dass sie – auch angesichts der Bedrohung durch die Kaylon – mitunter hin- und hergerissen ist zwischen Wertgebundenheit und Pragmatismus. Das wirkt alles sehr authentisch, zumal man auch auf übertriebenes pathetisches Gesäusel verzichtet und sehr ehrlich und sachlich mit den eigenen Schwächen umgeht.

Unter dem Strich hat mich dieser Handlungsstrang leider nicht so ganz abholen können, dafür war es mir dieses Mal (überraschenderweise) zu viel “tell” und zu wenig “show”. Wie gesagt, das Thema ‘Matriarchat’ ist eigentlich interessant, aber es müsste eben tiefgründiger erzählt werden, nämlich indem man diese Gesellschaftsstruktur auch ausführlich zeigt und im Laufe der Episode anhand konkreter Einzelschicksale kritisch reflektiert. Dieser Aspekt fehlt in “Aus unbekannten Gräbern” leider völlig, die kritische Auseinandersetzung mit dem Matriarchat erfolgt hier nämlich nur verbal beim gemeinsamen Abendessen.

Die Vorgeschichte der Kaylon

Deutlich mitreißender ist hingegen die Vorgeschichte der Kaylon, die uns zwar in ihren Grundzügen schon bekannt war, hier aber noch einmal an einem konkreten Beispiel illustriert wird. An dieser Stelle macht das Drehbuch das, was es beim Janisi-Handlungsbogen versäumt hat: Die Zuschauer werden emotional abgeholt, indem man ihnen exemplarisch vor Augen führt, wie grausam die Erbauer der Kaylon seinerzeit mit ihnen umgegangen sind.

Der große Pluspunkt dieses Handlungsstrangs besteht darin, dass wir als Zuschauer in ein emotionales Dilemma hineinmanövriert werden. Einerseits entwickelt man im Laufe der Geschichte Empathie für K-1, weil er von seiner Familie – sogar von den Kindern – wie Dreck behandelt wird. Die hierarchischen und verbalen Herabwürdigungen sind schon schlimm genug, aber als man ihm dann auch noch auf sadistische Weise Schmerzen zufügt, schwingt das emotionale Pendel zunächst ganz klar in Richtung von K-1.

Umso schockierender (obwohl erwartbar) ist sodann die Szene, in der sich K-1 eines Nachts selbst aktiviert und alle Mitglieder der Familie nach und nach ermordet. Hier schwingt das Sympathie-Pendel dann wieder in die andere Richtung.

Wir werden hier also mit zwei unfassbaren moralischen Verfehlungen konfrontiert: mit Sklaverei und mit (Völker-)Mord. Und da beides so grausam ist, kann man als Zuschauer weder mit der einen noch mit der anderen Seite vorbehaltlos sympathisieren. Man kann aber auch keinen von beiden gänzlich verteufeln. Beide sind Täter und Opfer zugleich. Hier ist also nichts schwarz oder weiß, sondern eben grau. Wir werden als Zuschauer nicht belehrt, sondern geistig und emotional herausgefordert. So geht gutes Storytelling!

Inhaltlich und auch inszenatorisch hat mich die Geschichte von K-1 an den wunderbaren Film “Der 200 Jahre Mann” (1999) mit Robin Williams erinnert. Auch der Androide Andrew entwickelt in diesem Film, der auf einer Erzählung von Isaac Asimov basiert, eine Persönlichkeit mit reflektiertem Denken, Talenten, Wünschen, Lebenszielen und Emotionen. Andrews Leben nimmt aber eine völlig andere Wendung als das von K-1. Zwar muss auch er um seine Rechte kämpfen; er bekommt hierbei aber Unterstützung von seiner Familie, insbesondere auch von seinem Besitzer Richard Martin (Sam Neill). In “Aus unbekannten Gräbern” sind die Rollen derweil vertauscht, hier ist es die Mutter, die K-1 wenigstens noch ein Mindestmaß an Anstand und Respekt entgegenbringt, während der Vater und später auch die beiden Kinder als skrupellose Sklaventreiber in Erscheinung treten.  

“The Orville” zeigt hier sehr eindrucksvoll, wie sich die Dynamik der Sklaverei verselbstständigt, sobald der Sklave nur den kleinsten Widerspruch äußert oder sich der Herr an der Macht- und Hilflosigkeit seines Knechtes berauscht. Besonders gelungen finde ich die Szene, in der deutlich wird, dass viele Kinder jene menschenverachtenden Attitüden ihrer Eltern früher oder später nachahmen werden; und dass diese Ungerechtigkeit somit von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Charaktere

Die beiden anderen Handlungsstränge sind weniger Sozialkommentar als Charakterstudien, wobei natürlich auch hier Fragen des Menschseins angeschnitten werden.

Talla Keyali & John LaMarr

Bei diesem Story-Arc bin ich hin- und hergerissen. Einerseits ist es erfreulich, dass Talla Keyali (Jessica Szohr) endlich mal etwas mehr Screentime bekommt, sodass sich diese Figur weiterentwickeln kann. Was am Ende dabei rauskommt, enttäuscht jedoch auf ganzer Linie.

Mal abgesehen von der Tatsache, dass diese Romanze hier wieder genauso so schnell und lustlos beendet wird, wie sie aufgebaut wurde, ist es einfach ernüchternd, dass Keyali hier wieder mal nur auf die bereits mehrfach thematisierten Eigenschaften der Xelayaner reduziert wird. Wir erfahren eigentlich nahezu nichts Neues über diese Figur, weder über ihre Vergangenheit noch über ihren familiären Hintergrund. Es geht eigentlich nur darum, dass Xelayaner mit anderen humanoiden Spezies sexuell nicht kompatibel sind, weil ihre enormen physischen Kräfte bei ihren Sexualpartnern zu ernsthaften Verletzungen (und sogar zum Tod) führen. Und auch John LaMarr (J. Lee) kommt hier über den Status eines Comic Relief leider nicht hinaus.

Auch dieser Handlungsbogen hat zweifelsohne lustige Momente, aber irgendwie sind manche dieser Jokes mittlerweile auch überstrapaziert und vielleicht sogar zu infantil für den neuen Ton, den die Serie in Staffel 3 anschlägt. In gewisser Weise ist diese Romanze nicht mehr als eine überzeichnete Version von Worf und Dax beziehungsweise Grilka und Quark in “Gefährliche Liebschaften” (DS9 5×03) und “Die Reise nach Risa” (DS9 5×07). Hier hat man leider eine Chance verpasst, zwei eher vernachlässigte Charaktere über mehrere Episoden und in einer speziellen Situation weiterzuentwickeln.

Claire & Isaac

Deutlich bewegender, aber mittlerweile vielleicht auch ein wenig redundant, ist da der Story-Arc um Isaac und Dr. Finn. So sehr ich die schauspielerischen Darbietungen von Penny Johnson Jerald und Mark Jackson auch schätze, finde ich diesen Teil der Serienhandlung mittlerweile doch etwas ermüdend. Man macht sich zwar sichtlich große Mühe, diese Liebesbeziehung langsam und bedächtig zu erzählen. Aber mich holt das – trotz hervorragender Dialoge – nicht mehr so wirklich ab, auch weil die Story um eine Liebe zwischen einer menschlichen Frau und einem Androiden-Roboter für mich mit einem gewissen Glaubwürdigkeitsproblem verbunden ist. Daran ändert auch Isaacs holografisches Erscheinungsbild nur wenig.

Zu honorieren ist an dieser Stelle aber der mutige Versuch, Liebe nicht nur als Gefühl, sondern vor allem auch als Verhalten zu definieren und danach zu fragen, ob es Liebe ohne Gefühle (und im Fall von Talla und John auch ohne Sexualität) überhaupt geben kann. Das ist wirklich eine interessante Fragestellung, die mich an “Datas erste Liebe” (TNG 4×25) erinnert.

Nichtsdestotrotz ist mir dieser Teil der Handlung doch etwas zu schnulzig, zu klischeehaft und auch zu generisch – vor allem auch deshalb, weil mir Isaacs Umgang mit seinem neuen emotionalen Input doch viel zu souverän erscheint. An dieser Stelle hätte ich mir mehr Überforderung à la Data in “Star Trek: Generations” gewünscht. Ich denke, ein von seinen Gefühlen übermannter Isaac hätte der Dramaturgie dieses Story-Arcs gut zu Gesicht gestanden. Das wird hier zwar angedeutet, aber eben in etwas zu schnulziger Weise.

Positiv überrascht hat mich allerdings der Twist, dass Isaacs Empfindungsfähigkeit nur temporär ist. Damit hatte ich ehrlicherweise nicht gerechnet. Ich halte diese Entscheidung der Autoren aber für richtig, weil man dem Charakter sonst einen wichtigen Aspekt seines Profils genommen hätte. Und darüber hinaus auch seine Situationskomik.

Kelly Grayson

Vielleicht etwas unter dem Radar bleibt die Entwicklung, die Kelly Grayson in dieser Episode nimmt. Beruflich schlüpft sie kurzzeitig in die Rolle des Captains, was sie gewohnt souverän meistert. Auf der privaten Ebene sticht ihr Gespräch mit Claire hervor, in dem sie sehr offen über die Fehler spricht, die sie während ihrer Ehe mit Ed gemacht hat. Diese wiederum dienen als Angelpunkt für die Lösung des Konflikts mit den Janisi.

Der Subtext ist derweil eindeutig: Kelly und Ed könnten schon bald wieder zueinanderfinden.  

Charly Burke

Das Highlight auf der Charakter-Ebene ist aber ohne jeden Zweifel Charly Burke, genauer gesagt deren Dialoge mit Timmis und Isaac. Schon in meiner letzten Rezension hatte ich die Entwicklung dieser Figur positiv hervorgehoben. “Aus unbekannten Gräbern” knüpft hier nahtlos an und hievt die Figur noch einmal auf ein höheres Niveau. Ohne spoilern zu wollen: Das Ende der Fahnenstange ist aber noch nicht erreicht!

Charlys monologische Selbstreflexion über die Eigenart der Menschen, ihre Umwelt zu simplifizieren, sei es durch Pauschalisierungen oder auch Schwarz-Weiß-Malerei, ist grandios geschrieben und ebenso grandios gespielt. Sie hat hier nicht nur ihren Hass auf Isaac überwunden, sondern sie hat auch gelernt, mit seiner Emotionslosigkeit, die auch schnell als Empathielosigkeit und Zurückweisung missverstanden werden kann, umzugehen. Sie ist somit Ausdruck dessen, was die Serie vermitteln möchte: Völkerverständigung kann ein langer und mitunter schmerzvoller Prozess sein. Aber er kann gelingen, wenn alle Seiten dazu bereit sind.

Soziale Kommentierung

In ihrer Botschaft ist diese Episode geradezu neutestamentlich. Erniedrigung, Hass und Gewalt setzen stets eine unheilvolle Spirale in Gang, in der Gleiches mit Gleichem vergolten wird. Die Kaylon wurden von ihren Erbauern erniedrigt, misshandelt und auch getötet. Sie wurden von ihnen ‘entmenschlicht’, was dazu führte, dass auch sie alle Biologischen seither entmenschlichen, also ihnen das Recht auf Leben und Würde absprechen. Ein Ausbrechen aus diesem Kreislauf des Hasses und der Gewalt ist indes nur möglich, wenn man dem inneren Drang, dem “Feind” sämtliche Würde abzusprechen, widersteht. Und wenn man bereit ist, zu differenzieren und zu vergeben.

Hierin besteht womöglich die größte aller Herausforderungen, denen wir Menschen uns im Leben stellen müssen. Und an der wir immer und immer wieder scheitern – oder wenigstens zu scheitern drohen. Charly und Timmis sind diesbezüglich zwei positive Gegenbeispiele. “Aus unbekannten Gräbern“ legt hier also den Finger in eine Wunde, die wohl niemals zuwachsen wird. Ich liebe es einfach, wenn Science-Fiction-Serien elementarisieren und bis zu den grundlegendsten Fragen und Herausforderungen des Menschseins vordringen.

Nebenbei gibt es auch noch ein wenig Kapitalismuskritik (Vandicon) und eine kritische Betrachtung der unrühmlichen Rolle, die etliche Männer im Laufe der Geschichte gespielt haben. Wie auf der Erde sind es auch bei den Janisi vor allem die Männer gewesen, die in der Vergangenheit für Kriege und Leid verantwortlich waren. Das ist auch der Grund, warum sich dort mit der Zeit ein Matriarchat herausgebildet hat.

Die Krux an der Geschichte ist, dass die Argumentation der Janisi durchaus logisch erscheint, wenngleich Kellys Plädoyer für Gleichberechtigung natürlich viel überzeugender ist. Dass man sich hier aber eine konkrete Begründung für das Matriarchat überlegt hat, finde ich echt stark.

Inszenierung

Die Folge wurde abermals von Seth MacFarlane inszeniert und um es kurz zu machen: mal wieder alles tipptopp!

“Aus unbekannten Gräbern“ kommt weitestgehend ohne Action-Sequenzen aus, der Fokus liegt eindeutig auf den Dialogen und Charakterszenen. Und dass “The Orville” es versteht, seine Figuren in Szene zu setzen, muss ich an dieser Stelle nicht noch einmal ausführlich darlegen.

Neben den gewohnt sehr guten Effekten sind es vor allem die echten Sets, die in dieser Episode beeindrucken. Es ist wahrlich ein großes Plus dieser Serie, dass Bluescreens und LED-Wände nur spärlich eingesetzt werden – eben nur dort, wo es anders nicht geht. Ansonsten greift man auf physische Kulissen zurück, die mit sehr viele Liebe zum Detail gebaut wurden. Vor alle das Haus von K-1′ Familie hat mir hier sehr gut gefallen.   

Schlussbetrachtung

“Aus unbekannten Gräbern” hat sicherlich das ein oder andere Manko, zuvorderst die Tatsache, dass die Episode inhaltlich etwas überladen wirkt.

Der Story-Arc um die Janisi ist bestimmt kein Rohrkrepierer, erreicht aber leider nicht das hohe erzählerische Niveau, das diese Serie mittlerweile auszeichnet. Gleiches gilt auch für die Romanze zwischen John und Talla, in welchem ich leider keinen echten Mehrwert für die Charakterentwicklung beider Figuren erkennen kann.

Bleiben noch die beiden anderen Handlungsstränge, die Vorgeschichte der Kaylon und Isaacs emotionaler Ausflug. Beide Story-Arcs überzeugen, der Kaylon-Handlungsbogen aufgrund seiner differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema Sklaverei. Und der Isaac-Handlungsbogen vor allem deshalb, weil er auch einen enormen Impact auf zwei weitere Figuren hat, namentlich Dr. Finn und Ensign Burke.  

Das große Plus dieser Episode sind für mich die Dialoge, die an vielen Stellen einfach nur großartig sind, weil sie wunde Punkte unserer eigenen Gattung herausarbeiten und diese offen und ehrlich adressieren. Das hätten auch “The Next Generation” und “Deep Space Nine” nicht besser gekonnt.

Episodeninfos

SerieThe Orville: New Horizons
Episoden-Nr.33 (Staffel 3, Folge 7)
OriginaltitelFrom Unknown Graves
Deutscher TitelAus unbekannten Gräbern
DrehbuchDavid A. Goodman
RegieSeth MacFarlane
US-Erstausstrahlung14. Juli 2022
DE-Erstausstrahlung15. Juli 2022
Laufzeit73 Minuten

Bewertung

Folge 7 ist ein weiterer Beleg dafür, dass "The Orville" mittlerweile ein beeindruckend hohes Niveau erreicht hat und dieses auch über mehrere Folgen hinweg halten kann.

Bewertungsübersicht

Handlung
Dialoge
Charakterentwicklung
Action & Effekte
Spannung
Humor
Anspruch
Matthias Suzan
Matthias Suzan
Matthias' Leidenschaft für "Star Trek" wurde 1994 mit knapp zehn Jahren durch "The Next Generation" geweckt. TNG und DS9 sind bis heute seine Lieblingsserien. Es sind vor allem die politischen, gesellschaftlichen und menschlichen Themen des Trek-Universums, die ihn faszinieren. Aber auch die vielen, tollen Raumschiffe haben es dem passionierten Modellbauer angetan. Matthias ist seit 2017 Teil der TZN-Redaktion.

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Ergänzung 2: Ich habe eine überlegt , warum die Roboter Waffen ihren Köpfen hatten. Für mich gibt es jetzt zwei Erklärung die für mich durchaus realistisch Scheinen..
1. Waffen haben die Roboter deshalb in den Kopf , und die Familie bei Gefahr zu beschützen.
2. Waffen sind nehmen Robotern eingebaut um sie potenziellen Militärs anzubieten, für kriegszwecke bei Bedarf…

Kleine Ergänzung: Als ich K1 hörte oder KayOne, dachte ich an den Rapper… Hier hätte Es gepasst wenn einer zu Timmis gesagt hatte, als er das erzählt, das es da noch den Rapper TuPac gibt 😀

Ich fand die Folge richtig gut! Nicht so gut wie A Tale of two Topas oder Electric Sheep,aber dennoch richtig gut! Das lag zum einen an den interessanten hauptplot rund um die Kaylonier Versklavung, den Kaylonier mit Gefühlen und Isaacs Geschichte mit den Emotionen die ja leider nur kurz haben konnte. Sowie die aufrichtige Liebe von Dr Finn zu ihm…. Nichtsdestotrotz ist es natürlich für die Serie sehr dienlich das Isaac weiterhin keine Gefühle hat das macht das ganze tragische Paradoxon noch stärker. Das Ensign Burke sich nun auch bei Isaac entschuldigt weil sie nun endlich auch seine traurig nachvollziehen… Weiterlesen »

Danke für die Rezension. Leider eine relativ schwache Folge im Gegensatz zu der Vorherigen, die wirlich gut war. Der Strang um die Jansi ist einfach unglaubwürdig und mit Klischees überladen. Die Jansi wissen nichts über die „Geschlechterrollen“ der Planetenunion?? Was ist das für ein Plan für eine erste Verhandlung: Ich gaukle dem Verhandlungspartner etwas vor (wir sind ein Materichat), plötzlich ist alles anders und schwupp ein neuer Kandidat?? Mercer gehört abgelöst für so einen Plan. Die Vorgeschichte der Kaylon ist gut und interessant. Hier zeigt sich allerdings auch, dass Orville vom Komik-Klamauk in Grauzonen stößt. Das Ermorden einer Familie mit… Weiterlesen »

Leider hat es sehr lange gedauert, bis diese Review erschien … ich hoffe, Du/Ihr habt die Power, auch noch ausführliche Reviews der folgenden Episoden zu schreiben … und bitte eine Gesamtwürdigung der 3. Staffel, die meiner Meinung nach für SF-Serien insgesamt neue Maßstäbe gesetzt hat. Danke für das Engagement und “Renew The Orville”.

Folge 7 ist ein weiterer Beleg dafür, dass "The Orville" mittlerweile ein beeindruckend hohes Niveau erreicht hat und dieses auch über mehrere Folgen hinweg halten kann.Rezension: The Orville 3x07 - "Aus unbekannten Gräbern" / "From Unknown Graves"
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