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StartPicardPicard - Season 2Kurzrezension: Star Trek: Picard 3x03 - "Seventeen Seconds"

Kurzrezension: Star Trek: Picard 3×03 – “Seventeen Seconds”

Die dramatische Konfrontation mit der Shrike geht in die nächste Runde. Lest hier unsere spoilerfreie Rezension zu Episode 3×03 “Seventeen Seconds”.


Was meinen wir mit “spoilerfrei”?

Es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen dazu, was “spoilerfrei” bedeutet. Damit ihr selbst entscheiden könnt, ob ihr die Rezension vorab lesen möchtet, machen wir hier transparent, was wir darunter verstehen:

  • Wir verraten keine wichtigen und unerwarteten Wendungen der Handlung bzw. Informationen über die fiktiven Welt und ihre Figuren.
  • Was im Vorfeld durch Vorschauclips und Trailer gezeigt wird, ist kein Spoiler.
  • Was im Cold Open (vor dem Vorspann) bzw. im ersten Akt (bei Episoden ohne Cold Open) passiert, ist kein Spoiler.
  • Handwerklichen Aspekte (Schauspiel, Drehbuch, Bühnenbild, Soundtrack, Spezialeffekte) sind keine Spoiler, sofern sie nichts Wichtiges über die Handlung verraten.

Seventeen Seconds

Nachdem Jack Crusher nicht an Captain Vadic ausgeliefert wurde, beginnt Letztere eine Hatz auf die U.S.S. Titan, die sich in jeder Hinsicht unterlegen immer tiefer in einen unerforschten Nebel zurückziehen muss. Picard und Crusher haben 20 Jahre Geschichte aufzuarbeiten, während Raffi und Worf weiter nach den Drahtzieher:innen des M’talas-Anschlags fahnden.

Handlung

Das Ende von “Disengage” liefert die Ausgangsbedingungen für eine klassische U-Boot-Jagd im Stile von “Balance of Terror”, “The Wrath of Khan”, “Insurrection” oder “Memento Mori”. Glücklicherweise ist “Seventeen Seconds” kein Remake dieser bekannten Vorlage und somit auch keineswegs vorhersehbar.

Der Kampf gegen die Shrike ist zwar ein wichtiger, aber nicht der entscheidende Aspekt der Story. Captain Vadics Angriffe auf die Titan sind vielmehr der Katalysator für die Handlung auf der Titan.

Picard und Chrusher in "Seventeen Seconds" (Szenenphoto: Paramount)
Picard und Dr. Crusher in “Seventeen Seconds” (Szenenfoto: “Star Trek: Picard” 3×03 © Paramount)

Zunächst der Elefant im Raum: Jack ist Picards Sohn. Sicherlich haben viele Zuschauer:innen berechtigte Sorge, wie dieser Teil des Plots erklärt und gehandhabt wird. Und ganz offensichtlich wussten das auch die Autorinnen Jane Maggs und Cindy Appel. Es freut mich, zumindest für den Moment festzuhalten, dass “Seventeen Seconds” diese Herausforderung meistert. Jack Crusher wird für mich plausibel in die Kontinuität der Serie eingeführt, ohne dass wir einen unglaubwürdigen Retcon schlucken müssen.

In einem zweiten Handlungsstrang der Folge werden Picard und Riker in eine sehr ungewohnte Lage gebracht. Die wachsende Bedrohung durch die Shrike und die schwindenden Ressourcen der Titan setzen die beiden und ihre Beziehung unter Druck. Auch wenn sich die Episode vordergründig am Kampf zwischen zwei Raumschiffen abarbeitet, geht es doch in Wirklichkeit um den wachsenden Konflikt auf der Brücke.

Picard und Riker in "Seventeen Seconds" (Szenenphoto: Paramount)
Picard und Riker in “Seventeen Seconds” (Szenenfoto: “Star Trek: Picard” 3×03 © Paramount)

Im dritten Handlungsstrang auf der Titan bilden Jack Crusher und Seven of Nine ein Team der Außernseiter:innen, über deren Mission ich aus Spoilergründen keine Details verraten kann. Nur so viel: In dieser Episode wird erstmals in Ansätzen erkennbar, dass der Terroranschlag auf M’talas Prime und Captain Vadics Shrike in Verbindung zueinander stehen. Was besonders schön ist: Regisseur Jonathan Frakes hält sich an das Prinzip “show, don’t tell”. Eingefleischte Trekkies haben eine Chance, zu erkennen, was vor sich geht, bevor es ein paar Szenen später ausgesprochen wird. So belohnt man jahrzehntelange Treue.

Und damit wird auch die B-Handlung (abermals in der Unterwelt von M’talas Prime) gegen Ende interessant. Das hat nicht nur (aber auch) damit zu tun, dass Michael Dorn als Worf in Fleisch und Blut auf der Bildfläche erscheint. Auch die Ermittlungsarbeit wird endlich spannend. Nämlich als klar wird, dass “Seventeen Seconds” eine bedeutsame Verbindung zum etablierten “Star Trek”-Kanon hat. Die Enthüllung ist extrem wirkungsvoll und ein bisher gut gehütetes Geheimnis, auf das uns Trailer erfreulicherweise nicht vorbereitet haben. Die Kanonverbindung ist sinnvoll, glaubwürdig und schraubt ordentlich an der Fallhöhe dieser dritten Staffel. Gleichwohl bin ich froh, dass wir offenbar mit dieser Episode endlich M’talas Prime verlassen können.

Charaktere und Dialoge

“Seventeen Seconds” ist für mich das bisherige Highlight dieser Staffel. Und das hat ganz wesentlich mit der ersten größeren Szene zwischen Stewart und McFadden zu tun, in der beide mit unglaublicher Intensität aufspielen. Das fühlt sich alles wahrhaftig, aufrichtig und angemessen an. Was in diesen fünf Minuten an Emotionen vom Bildschirm ins Wohnzimmer schwappt, ist einfach großartig.

Picard und Chrusher in "Seventeen Seconds" (Szenenphoto: Paramount)
Picard und Crusher in “Seventeen Seconds” (Szenenfoto: “Star Trek: Picard” 3×03 © Paramount)

Selbst wenn “Picard” es wieder einmal nicht schaffen sollte, die Staffel zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen, so muss ich ehrlich sagen: Allein für diese Szene hat sich der Aufwand dieser drei Staffeln mit all ihren Problemen und Tiefpunkten gelohnt. Ich hatte mit wohligen Nostalgiemomenten gerechnet. Aber nicht damit, dass mich McFadden mit ihrer ersten große Dialogszene bewegt und sprachlos zurücklässt.

Nicht nur Picard und Crusher müssen ihre Beziehung in dieser Episode auf neue Füße stellen, auch Picard und Riker werden durch die Umstände in eine ungewohnte Dynamik geworfen. Eine Dynamik, die die Grenzen ihres gegenseitigen Vertrauens und ihrer langen Freundschaft auslotet. Im Gegensatz zur Crusher-/Picard-Paarung finde ich diesen Konflikt, der sich im Laufe der Folge zuspitzt, unglaubwürdig, schlecht motiviert und unnötig. Zwischen Picard und Riker sollte eigentlich kein Blatt passen – gerade in einer Stresssituation, in der es um Leben und Tod geht. Leider ist die unglaubwürdige Entwicklung zwischen den beiden die große Enttäuschung dieser Episode.

Ein überraschend gutes Doppel geben indes Raffi Musiker und Worf ab. Beide stellen einen schönen Persönlichkeitskontrast dar und haben zudem eine tolle Chemie. Diese Figuren verbindet mehr, als es auf den ersten Blick erscheint. Die Good Cop/Bad Cop-Dynamik in einem Verhör, bei dem der Klingone das freundlichere Gesicht verkörpert, ist Gold wert. Ebenso wie Worfs trockene One-Liner, mit denen er Raffis Sarkasmus ins Leere laufen lässt.

Raffi in "Seventeen Seconds" (Szenenphoto: Paramount)
Raffi in “Seventeen Seconds” (Szenenphoto: Paramount)

Positiv aufgefallen sind mir zudem verschiedene kleinere Szenen. Ashlei Sharpe Chestnut als Sidney La Forge besucht die vom Dienst suspendierte Seven of Nine und entwickelt sich mit nur wenigen Dialogzeilen zu einer echten Sympathieträgerin. Auch eine kleine Szene zwischen Jonathan Frakes’ Will Riker und Ed Speleers’ Jack Crusher gehört zu den kleinen Highlights der Folge.

Todd Stashwick hat wegen einer Drehbuchvolte diese Episode nicht so viel zu tun, wie man annehmen könnte. Aber nach einer schwächeren Vorwoche darf sein Captain Shaw dennoch kurz auftrumpfen und zeigen, dass er nicht umsonst auf dem Stuhl in der Mitte sitzt.

Durch den starken Fokus auf die Geschehnisse auf der Titan müssen wir aber leider auf eine signifikante Szene mit Amanda Plummers Captain Vadic verzichten. Diese beschränkt sich aufs Rauchen und das gelegentliche Erteilen von Feuerbefehlen.

Inszenierung

Jonathan Frakes steht sowohl für “Seventeen Seconds” als auch für die vierte Episode (“No Win Scenario”) als Regisseur am Ruder. Und in dieser Folge nimmt er das Drehbuch mit vielen starken Szenen auch dankend an, was sich in einer tadellosen und mitreißenden Umsetzung widerspiegelt.

Das einzige, was gegen die Wirksamkeit der Episode arbeitet, ist wohl die Erwartungshaltung, es mit einem dichten U-Boot-Thriller im Stile von “Memento Mori” zu tun zu bekommen. Ja, “Seventeen Seconds” hat entsprechende Elemente, und die Weltraumhatz spielt auch eine wichtige Rolle. Entscheidend und spektakulärer ist aber, was zwischen den Charakteren passiert. Und da kitzelt Frakes aus seinen alten und neuen Co-Stars wirklich sehenswerte Leistungen heraus.

Diese Episode ist für mich, wie bereits gesagt, die Rechtfertigung dafür, die alte Garde noch einmal so spät in ihrer Karriere für “Star Trek: Picard” vor die Kamera gestellt zu haben. Auch wenn der Funke in den ersten beiden Staffeln nie so richtig zünden wollte: Hier gelingt es. Denn Frakes animiert sein Ensemble zu einem echten Feuerwerk.

Shrike und Titan in "Seventeen Seconds" (Szenenphoto: Paramount)
Shrike und Titan in “Seventeen Seconds” (Szenenphoto: Paramount)

Ein Feuerwerk gibt es aber nicht nur zwischen den Figuren, sondern natürlich auch im Weltraum. Auch wenn sich schon einige “Star Trek”-Raumschiffe durch wabernde Nebel verfolgt haben, sah das noch nie so gut aus wie in “Seventeen Seconds”. Die diffusen Lichtverhältnisse sind für die hochglänzenden Raumschiffmodelle vorteilhaft, sodass der “Blechbüchsen-Look” der letzten Episode dieses Mal weniger prominent heraussticht. Stattdessen gibt es schicke Lichteffekte in den farbigen Wolkenfeldern sowie dynamische Flugakrobatik.

Neben der rein optisch tadellosen Präsentation fährt die Episode, wie bereits “Disengage” vor ihr, ein paar coole Ideen auf, um die üblichen Muster dieses “Star Trek”-Untergenres aufzulockern und frisch zu halten.

Beobachtungen

Jack und Beverly Chrusher in "Seventeen Seconds" (Szenenphoto: Paramount)
Jack und Beverly Crusher in “Seventeen Seconds” (Szenenfoto: “Star Trek: Picard” 3×03 © Paramount)
  • Zeitdauern (ohne Zusätze) als Episoden- und Filmtitel sind allgemein recht weit verbreitet. Beispielsweise hieß die erste reguläre Episode von “Battlestar Galactica” (2003) “31 Minutes”, ein Kennedy-Drama heißt “Thirteen Days” und “36 Hours” ein Kriegsthriller von 1965. Für “Star Trek” ist es nach “Thirty Days” in “Voyager” erst das zweite Mal, dass die Episode nur mit einer Zeitdauer betitelt ist.
  • De-Aging ist ein visueller Effekt, der nicht zu den Stärken von “Picard” gehört. Ich freue mich schon auf die Fan-Remakes der Flashback-Sequenz.
  • Wir sehen im Flashback schon wieder eine neue Uniform-Variante, diesmal vom in “First Contact” eingeführten Schnitt. Die wörtliche Bedeutung von “Uniform” scheint bei der Sternenflotte langsam in Vergessenheit zu geraten…
  • Ich finde es sehr seltsam, dass die Crew keinerlei Initiative zeigt, die ungewöhnlichen Eigenschaften des Nebels genauer zu untersuchen, obwohl die Titan doch angeblich ein “Exploratory Vessel” ist. Seltsam, dass man einen potentiellen taktischen Vorteil links liegen lässt. Stattdessen Shaw: “Das ist lustig. Will sonst noch wer merkwürdigen Scheiß nach mir werfen?” (frei übersetzt basierend auf Englischen Sprachfassung)
  • Wie häufig haben wir es schon in “Star Trek” gehört (oder gedacht), dass einfach mal jemand aus dem Fenster gucken sollte? Wie erfrischend, dass Shaw dazu tatsächlich mal die Order erteilt!
  • Es wundert mich, dass weder Riker noch Picard auf die Idee kommen, die Hilfe von Seven of Nine in der sich eskalierenden Krisensituation zu suchen. Schließlich hat die Staffelpremiere klar gezeigt, dass zumindest Picard das Wissen um aktuelle Protokolle und Schiffsspezifikationen gut gebrauchten könnte.
  • Worf spielt zum Mok’bara-Training den “Chanson d’Hylas” aus der Oper “Les Troyens” von Hector Berlios. Das Stück war bereits schon einmal in “Star Trek” zu hören. Picard starrt zu den selben Takten in “First Contact” aus dem Fenster seines Bereitschaftsraumes.
  • Worf stellt sich nicht nur als “Sohn des Mogh” vor, sondern auch als Sohn seiner Adoptivfamilie (und noch ein paar netten weiteren “Referenzen”).
  • Köpfungen finden Mittwochs statt. Worf war schon immer der heimliche Klassenclown.
  • Worf besitzt noch seinen alten “Cobrahead”-Phaser vom Typ 2, wie er auf der Enterprise-E in “Nemesis” verwendet wurde.
  • Titus Rikka wird von Thomas Dekker gespielt, am besten bekannt als John Connor aus “The Sarah Connor Chronicles”, aber auch schon mit mehreren Nebenrollen in “Star Trek”
  • Der große Twist über die Hinterleute des M’talas-Anschlages und die Verbindung zu den Geschehnissen im Ryton-System kann immer noch nicht die komplette Story sein. Captain Vadic und ihre Crew scheinen einer anderen Fraktion anzugehören und eigenen Motiven zu folgen.
  • Die Episode reinterpretiert in diesem Kontext einen bekannten visuellen Effekt. Wobei ich mir wie häufig unschlüssig bin, ob diese neue und mutmaßlich teurere Umsetzung wirklich eine Verbesserung zur Originalversion darstellt.
  • Riker befiehlt “alles, was wir haben”, abzufeuern. Warum sind das nur vier Torpedos und keine Phaser?
  • Zwei Photonentorpedo-Merkwürdigkeiten: Erstens konnte Tasha Yar in “Encounter at Farpoint” sie noch so programmieren, dass sie in bestimmter Entfernung zum Schiff/Ziel detonieren, das scheint nicht mehr möglich. Zweitens konnte Malcom Reed in “Fight or Flight” Torpedos nach dem Abfeuern ebenfalls noch den Befehl für eine vorzeitige Sprengung übermitteln, auch das scheint man im 25. Jahrhundert verlernt zu haben.
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Mit Rücksicht auf die Leser:innen, die die Episoden noch nicht gesehen haben, bitten wir in den Kommentaren zu diesem Beitrag auf Spoiler zu verzichten. Danke!

Bewertung

"Seventeen Seconds" ist eine Sternstunde für Gates McFadden und Patrick Stewart. Dabei hilft ein Drehbuch, das plausibel die Herkunft von Jack Chrusher beantwortet. Aber auch Jeri Ryan, Ed Speleers und Michelle Hurt geben tolle Performances. Einziger Wermutstropfen ist ein unglaubwürdiger Konflikt zwischen Riker und Picard, während der große Plot-Twist dieser Folge Spannung für den Rest der Staffel verspricht.

Bewertungsübersicht

Gesamt
Handlung der Einzelepisode
Stringenz des staffel- und serienübergreifenden Handlungsstrangs
Stringenz des bekannten Kanons
Charakterentwicklung
Spannung
Action & Effekte
Humor
Intellektueller Anspruch
christopher.kurtz
Christopher Kurtz
Seit den frühen 2000ern ist Christopher Redakteur im TrekZone Network. Wenn er nicht in den unendlichen Weiten nach kritisch rationalem Humanismus Ausschau hält oder sich über die Plausibilität fiktiver Technologien und Gesellschaftsformen den Kopf zermartert, findet man ihn meistens in der Nähe von Spielen der geselligen Art, egal ob analog oder digital, ob als Mitspieler oder Gelegenheitsautor.

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Nach drei Folgen wage ich ein erstes Fazit: mir gefällt nicht alles, es gibt Schwächen, aber soweit haben sie die Kurve bekommen. Es fühlt sich nach Star Trek an, es fühlt sich sogar nach TNG an. Picard hat als Figur 2 Staffeln für mich nicht so richtig funktioniert. Hier tut er es. Bisher gefällt mir die Staffel.

"Seventeen Seconds" ist eine Sternstunde für Gates McFadden und Patrick Stewart. Dabei hilft ein Drehbuch, das plausibel die Herkunft von Jack Chrusher beantwortet. Aber auch Jeri Ryan, Ed Speleers und Michelle Hurt geben tolle Performances. Einziger Wermutstropfen ist ein unglaubwürdiger Konflikt zwischen Riker und Picard, während der große Plot-Twist dieser Folge Spannung für den Rest der Staffel verspricht.Kurzrezension: Star Trek: Picard 3x03 - "Seventeen Seconds"
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