Die Crew der Enterprise steht vor dem Dilemma, die entführten Kolonisten und Crewmitglieder aus den Händen der Gorn zu befreien, ohne einen Krieg mit der Hegemonie auszulösen. Derweil kämpfen Spock und Chapel um das Leben der mit Gorneiern infizierten Captain Batel.
Was meinen wir mit “spoilerfrei”?
Es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen dazu, was “spoilerfrei” bedeutet. Damit ihr selbst entscheiden könnt, ob ihr die Rezension vorab lesen möchtet, machen wir hier transparent, was wir darunter verstehen:
- Wir verraten keine wichtigen und unerwarteten Wendungen der Handlung bzw. Informationen über die fiktiven Welt und ihre Figuren.
- Was im Vorfeld durch Vorschauclips und Trailer gezeigt wird, ist kein Spoiler.
- Was im Cold Open (vor dem Vorspann) bzw. im ersten Akt (bei Episoden ohne Cold Open) passiert, ist kein Spoiler.
- Handwerklichen Aspekte (Schauspiel, Drehbuch, Bühnenbild, Soundtrack, Spezialeffekte) sind keine Spoiler, sofern sie nichts Wichtiges über die Handlung verraten.
Nicht das beste zweier Welten
“Hegemony” soll der “The Best of Both Worlds”-Moment für “Strange New Worlds” sein. Dass der legendäre Zweiteiler eine starke Inspiration für diese Staffelbrücke war, hat selbst Autor Henry Alonso Myers zugegeben.

Das Problem von “Hegemony” (wie von so viel “Star Trek” aus der sich dem Ende neigenden Kurtzman-Ära) ist, dass es ohne tiefgehendes Verständnis des Originalmaterials oberflächliche Elemente kopiert. Ja, in beiden Zweiteilern steckt die Enterprise und ihre Crew in einem Dilemma zwischen der Rettung Einzelner und der Verteidigung der ganzen Föderation. Ja, in beiden Zweiteilern droht das Leben einer wichtigen Figur von einem furchterregenden “Anderen” verzehrt und transformiert zu werden. Und ja, in beiden Geschichten kann der Kampf gegen eine erdrückende Übermacht nicht gewonnen, sondern nur durch ein gewagtes Himmelfahrtskommando vertagt werden. Es soll anerkennend erwähnt sein, dass sich der “Kniff” für die Auflösung etwas weniger an den Haaren herbeigezogen anfühlt als beim 35 Jahre alten Vorbild.
Unabhängig von der Plausibilität des großen Finales dienten jedoch in “Best of Both Worlds” alle diese äußeren Handlungselemente dazu, den eigentlichen Kern der Geschichte nach vorne zu kehren und aus unterschiedlichen und überraschenden Winkeln zu beleuchten: Wer ist William Riker? Ein Offizier, der sich im Schatten seines überlebensgroßen Captains eingerichtet und aus Angst vor Verlust verlernt hat, Risiken einzugehen? Oder ein Anführer, der auf eigenen Füßen steht und sich mutig vom Status quo fortentwickeln kann?

Wer ein vergleichbares verbindendes Element in dem stets bildgewaltigen und teils wirren Actionabenteuer “Hegemony” sucht, kommt mit leeren Händen zurück. Nicht nur, dass die drei Handlungsstränge der äußeren Handlung thematisch und inhaltlich nahezu getrennt verlaufen, unsere Charaktere oszillieren weiter ausschließlich um die uns bereits seit zwei Staffeln bekannten Knackpunkte. Und während “Hegemony, Part I” noch Anstalten machte, die äußere Handlung mit einigen Figuren zu verknüpfen, hat der zweite Teil hieran schlicht gar kein Interesse.
Zwar werden einige Charaktere mit psychologischen Schrammen aus dem Spektakel hervorgehen, aber “Strange New Worlds” vermeidet jede noch so naheliegende echte Konsequenz für unsere Held:innen. Auch die im ersten Teil angedeutete Möglichkeit, die feindliche Andersartigkeit der Gorn als Monster zu Gunsten empathischer Kommunikation aufzulösen, gelingt kaum. Auch in “Part II” gibt es wieder eine Szene, in der Gewalt unserer Sternenflottencrew gegen die Reptilien mit einem “Glory Kill” zelebriert wird, der mich unwillkürlich an das Videospiel “Doom” erinnert hat. Eine Reflexion dazu bleibt aus.

Fazit zu “Hegemony, Part II”
Das ist also der Status quo von “Star Trek”. Nostalgisch angehauchte Actionabenteuer, die jede Form von intellektueller oder emotionaler Herausforderung scheuen und konsequent unter dem Niveau der vermeintlichen Vorlagen bleiben.
Würde ich mein Fazit auch durch ein Zitat aus “Best of Both Worlds” inspirieren lassen, würde ich wohl sagen: Wenn Henry Alonso Myers und Davy Perez keine mutigen Drehbücher schreiben können, dann sollten sie Platz machen für jemanden, der es kann (hust, “Andor”, hust).
Übrig bleibt eine gefällige Action-Achterbahn, die mit hoher Geschwindigkeit und großartigen Schauwerten durch ein paar Lichtjahre-breite Logiklöcher braust.
Beobachtungen
- Meine Güte, was kann die Enterprise an Prügel einstecken?
- Warum schickt April die schwer beschädigte Enterprise sofort wieder in eine potentielle Kampfsituation, wenn er aus einer Armada einsatzbereiter Schiffe wählen kann?
- Kümmert sich auf der Enterprise niemand um Arbeitssicherheit? Bis zum Ende der Folge hätten doch mal mindestens ein paar DOTs die allerschlimmsten Stolperfallen aus den Korridoren und zentralen Betriebsbereichen zur Seite kehren können.
- Wenn man Zeit für die Entwicklung einer Behandlungsmöglichkeit für Batel schinden will, braucht man keine komplizierte Stasis- oder Cryo-Technik. Es reicht, ein Shuttle auf knapp unter Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Die relativistischen Effekte (Zwillingsparadoxon) sorgt dann dafür, dass die Zeit für Batel (und die Gornembryonen) im Vergleich zum restlichen Universum beliebig verlangsamt werden kann. Zugegebenermaßen ein häufiges Plot-Problem in vielen Science-Fiction-Werken.
- Pikes Zwickmühle in allen Ehren, aber ein bisschen weniger Melodrama beim Zurücklehnen auf dem Kapitässessel täte vermutlich Wunder für die Mannschaftsmoral.
- War es nicht ein entscheiden Plotpunkt im Binärsystem nur gerade so und für kurze Zeit mit Hilfe der Schilde überleben zu können? Warum kann die Enterprise dann am Ende der Folge Personen an Bord beamen?
Mit Rücksicht auf die Leser:innen, die die Episoden noch nicht gesehen haben, bitten wir in den Kommentaren zu diesem Beitrag auf Spoiler zu verzichten. Danke!
Also ich für meinen Teil fand schon Part I des Cliffhangers ziemlich mies. Mal ehrlich: Wo ist denn hier bitte das Innovative, Frische zu finden? New Trek klaut sich alles aus anderen Franchises zusammen und scheut jedes noch so kleine Risiko, mal eine eigenständige Idee zu entwickeln. Ja, werden jetzt wieder viele sagen, bei den alten Serien war auch nicht alles Gold. Nein, war es nicht. Aber es gab reichlich Versuche, eigene Inhalte zu entwickeln, vor allem bei TOS, TNG, DS9, aber selbst bei VOY und ENT gab es mehr Mut zur Entwicklung. SNW wärmt zwar an der Oberfläche das… Weiterlesen »