Roger Korby untersucht Tempel in Skygowan, einer Spur folgend, die zum interdimensionale Gefängnis für die Vezda auf Vadia 9 zurückreicht. Dort trifft er auf den Hohepriester Zeperez. Scotty findet heraus, dass der Vezda erfolgreich aus dem Transporterpuffer ausgebrochen ist und seinen letzten Wirtskörper aus Versatzstücken rematerialisiert hat. Zeperez entpuppt sich als eben dieser Vezda im Körper des rematerialisierten Gamble. Es beginnt ein Wettlauf zwischen der Crew der Enterprise und Zeperez um die Gefangenen auf Vadia 9.
Was meinen wir mit “spoilerfrei”?
Es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen dazu, was “spoilerfrei” bedeutet. Damit ihr selbst entscheiden könnt, ob ihr die Rezension vorab lesen möchtet, machen wir hier transparent, was wir darunter verstehen:
- Wir verraten keine wichtigen und unerwarteten Wendungen der Handlung bzw. Informationen über die fiktiven Welt und ihre Figuren.
- Was im Vorfeld durch Vorschauclips und Trailer gezeigt wird, ist kein Spoiler.
- Was im Cold Open (vor dem Vorspann) bzw. im ersten Akt (bei Episoden ohne Cold Open) passiert, ist kein Spoiler.
- Handwerklichen Aspekte (Schauspiel, Drehbuch, Bühnenbild, Soundtrack, Spezialeffekte) sind keine Spoiler, sofern sie nichts Wichtiges über die Handlung verraten.
New Life and New Civilizations
Im Staffelfinale versucht Strange New Worlds sehr ambitioniert, lose Fäden zusammenzuführen, die aus der gesamten Staffel stammen. Das Ergebnis ist ein sehr buntes Potpourri, das große Schwierigkeiten hat, die emotionale Wucht zu entfalten, die offensichtlich beabsichtigt ist. Das Drehbuch stammt aus den Federn von Dana Horgan und Davy Perez, die Inszenierung von Regie-Veteranin Maja Vrvilo.

Obwohl die Geschichte viel Zeit auf Nebenspielplätze und andere Charaktere verwendet, soll das emotionale Zentrum der Episode die Beziehung zwischen Batel und Pike sein. Die zweite Hälfte der Episode wirkt wie ein überhasteter Aufguss von The Inner Light oder The Visitor und versucht eine Intimität zwischen Publikum und Kapitänspaar zu schaffen, die in der gesamten vorherigen Staffel nicht zustande gekommen ist.
Überhaupt muss die Episode viel zu viel wirre Vorarbeit leisten, bevor sie ihren Kern offenbart. Die erste Hälfte ist ein sehr bunter Blumenstrauß unterschiedlicher Versatzstücke und Ideen, die so schlecht zusammenpassen, dass neue grundlegende Eigenschaften des Weltraums, Genetik und Evolution intelligenter Spezies in den Kanon eingeführt werden müssen, damit der zentrale Konflikt überhaupt erst greifbar wird. Und auch der kann sich nur materialisieren, weil nach einer inneren Logik oder Kanonkontinuität niemand mehr fragt.
Determinismus vs. Selbstbestimmung die 42ste
Thematisch wird von Strange New Worlds wiederholt die Frage aufgeworfen, ob unsere Figuren ihre Zukunft selbstbestimmt in der Hand haben oder ob verschiedene Arten von Vorsehung (inkl. Zeitreisen) ihr Schicksal bestimmen. Das begann bereits in der zweiten Staffel von Discovery, in der Pike seine Zukunft aufgebürdet wurde, setzte sich fort in Episoden wie Children of the Comet oder The Elysian Kingdom. Perfider wurde das Motiv in A Quality of Mercy und Tomorrow and Tomorrow and Tomorrow entwickelt, wo unseren Protagonist:innen erklärt wurde, selbst vermeintlich erfolgreiche Änderungen des Schicksals würden durch eine Art galaktische Vorsehung wieder zurückgebogen bzw. hart sanktioniert. Final Destination lässt grüßen.
Star Trek, das war einmal: „Es gibt immer Möglichkeiten“ (Kirk in Der Zorn des Khan) oder: „Dinge sind nur so lange unmöglich, bis sie es nicht mehr sind“ (Picard in When the Bough Breaks). Mit Strange New Worlds scheint Star Trek ein Menschenbild völlig aufgegeben zu haben, nachdem weicher und harter Determinismus selbstbestimmt überwunden werden kann.
Und in dieselbe Kerbe schlägt auch New Life and New Civilizations. Das wirre Setup der ersten Akte dient letztlich dazu, dass Captain Batel ihr vermeintliches Schicksal ähnlich deutlich vor Augen geführt wird wie Pike vor ihr. Das regt kurzfristig oberflächliche Gespräche der beiden darüber an, ob man sich dem Determinismus ergeben solle oder der freie Wille vielleicht doch noch eine Chance hat.
Was die Folge aus dieser Ausgangslage macht, finde ich geradezu infam, aber konsequent. New Life and New Civilizations spielt mit der Hoffnung des Publikums und bedient sich wieder einmal an Motiven von verdienten Klassikern des Franchises, nur um deren lebensbejahenden Botschaften zu ignorieren.

Man mag einwenden, dass Batel ihr Schicksal frei wählt, aber damit verkennt man die erzählerische Absicht der Episode. Batel klagt am Anfang der Folge darüber, dass etwas an ihr zerren würde, das sie nicht benennen könne. Als sich ihr vermeintliches Schicksal zu erkennen gibt, behandelt sie es geradezu als Erlösung. Diese Schicksalsergebenheit ist in der Erzählweise von Strange New Worlds etwas tugendhaftes.
Niemand macht auch nur einen ernstzunehmenden Versuch, eine alternative Erklärung für Batels Situation, geschweige denn eine alternative Lösung anzubieten. Der Rest unserer Held:innen agiert nur noch als Erfüllungsgehilf:innen eines spekulativen Schicksals. Wie schon Dutzende Male zuvor reißen die Autor:innen nur dort gigantische Logiklöcher auf und biegen den Kanon zurecht, wo es die Ausweglosigkeit der Situation zu zementieren gilt, niemals um einen Ausweg aufzuzeigen.
Ein unrühmliches Staffelende
Wie schon A Quality of Mercy offenbart New Life and New Civilizations die Dystopie eines deprimierenden Universums, in dem niemand aus der Reihe tanzen kann und Vorsehung, Determinismus und Prädestinationsparadoxe selbstbestimmtes Leben unmöglich machen. Damit endet eine durchwachsene dritte Staffel von Strange New Worlds mit einem neuen Tiefpunkt für die Serie. Blödeleien wie in Four-and-a-Half Vulcans oder Selbstbeweihräucherungen wie A Space Adventure Hour wirken vergleichsweise harmlos gegen dieses Finale. Das Strange New Worlds-Marketing mag jetzt bitte endlich aufhören, von einer optimistischen und hoffnungsvollen Zukunftsvision zu schwafeln.
Die Botschaft ist klar: Auch angesichts multipler Krisen wird sich am Ende alles zum Guten wenden, solange du dich brav in dein Schicksal fügst. Nachdem sich der selbe Kern in einem Drehbuch nach dem nächsten manifestiert, kann man Zufall in dieser Frage mit großer Sicherheit ausschließen. Und damit – es muss leider in aller Härte gesagt werden – ist Strange New Worlds zum „Opium des Volkes“ für markentreue Trekkies verkommen.
Beobachtungen

- Scotty erscheint zum Abendessen im Kapitänsquartier in Galauniform komplett mit Schottenrock.
- Pelia macht eine unmotivierte Referenz zu einem zeitreisenden Doktor, eine unverhohlene Anspielung auf Doctor Who, das Franchise, das öffentlichkeitswirksam den Schulterschluss mit Star Trek vollzogen hat. Die Tardis war zudem bereits als Easter Egg in The Selach Who Ate His Tail zu sehen.
- Eine Gedankenverschmelzung scheint über ca. 100 m Distanz schneller Informationen übertragen zu können als Subraumfunk.
- Die Wärmeleitfähigkeiten der Artefakte scheinen unfassbar zu sein. Wir erinnern uns: Es geht darum, Energie in der Größenordnung eines Sterns zu absorbieren. Batel und Pike können in unmittelbarer Nähe stehen und bekommen nicht mal Sonnenbrand.
- Als Pike am Ende der Episode nach seiner Küchenschürze greift, war ich mir sicher, die Episode würde das Ende von The Inner Light spiegeln. Chapeau, dass diese Erwartung enttäuscht wurde. Das war ein sehr schöner, wenngleich auch schmerzlicher Moment.
Mit Rücksicht auf die Leser:innen, die die Episoden noch nicht gesehen haben, bitten wir in den Kommentaren zu diesem Beitrag auf Spoiler zu verzichten. Danke!
Da sitzt jedes Wort, vielen Dank für diese Serienkritik!
Bravo! Toll geschrieben und entspricht auch total meiner Auffassung. Star Trek wird hinsichtlich seiner Werte und seines Markenkerns völlig ausverkauft. Neben der Pervertierung der emanzipatorischen Grundidee des klassischen Franchise gesellt sich bei New Trek grottenschlechtes Storywriting ohne Sinn und Verstand hinzu. Jahr um Jahr muss ich feststellen, wie sehr Star Trek verunstaltet worden ist und wie sehr alles, wofür es einmal stand, unentwegt mit Füßen getreten wird. Mit einer halben Gehirnzelle und Smartphone-wischend auf dem Sofa hocken und nebenher sowas laufen lassen geht vielleicht, aber wenn man sich ernsthaft mit dem Stoff befassen will, stehen einem schnell die Haare zu… Weiterlesen »
sind die Drehbuchschreiber und Produzenten von diesen bösartigen Wesen übernommen worden um uns Trekkies zu quälen?
Okay ich habe eine Fundamentale Frage. Egal ob es Designs, Canon Treue oder Grundlegene Philosophie geht. Wenn man kein Star Trek machen will. Warum nennt man dann diese Serie Star Trek? Das könnte als Auftakt einer Event Horizion Serie funktionieren. Aber nicht als Star Trek Folge. So okay ich bin Fair man muss einer Star Trek Serie 3 Staffeln zeit geben um sie zu Bewerten denn sonst müsste man TNG auch als Furchtbar werten. Hier ignoriere ich mal das wir eigentlich von der Folgenanzahl noch immer bei Staffel 1 einer alten Serie wären. Strange New World hat gut begonnen und… Weiterlesen »
Sehr schön zum Ausdruck gebracht! Ich schließe mich voll an!