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StartPicardPicard - Season 3Zweitrezension: Star Trek: Picard 3x08 - "Unterwerfung"

Zweitrezension: Star Trek: Picard 3×08 – “Unterwerfung”

Mit einer generischen Recapture-Story und einer gehörigen Portion Nostalgie beschließt Folge 8 den zweiten Akt der dritten “Picard”-Staffel. Lest hier unsere zweite SPOILER-Rezension.

Handlung

Vadic (Amanda Plummer) hat die Kontrolle über die Titan übernommen und stellt Jack (Ed Speleers) das Ultimatum, binnen zehn Minuten auf die Brücke zu kommen und sich zu ergeben. Als Jack dieser Forderung zunächst nicht nachkommt und stattdessen versucht, seine besonderen Kräfte einzusetzen, um die Kontrolle über das Schiff zurückzuerlangen, beginnt Vadic mit der Erschießung ihrer Geiseln. Derweil durchforsten auch Vadics Truppen das Schiff und töten dabei einige Besatzungsmitglieder.

Jack, Picard (Patrick Stewart), Beverly (Gates McFadden) und Geordi (LeVar Burton) sehen nur eine Möglichkeit: Sie müssen Data (Brent Spiner) dabei helfen, seinen inneren Kampf gegen Lore zu gewinnen. Anschließend könnte Data seine enorme Rechenkapazität dazu nutzen, um die Schiffssysteme wieder unter Kontrolle zu bringen. Doch Data droht den Kampf gegen seinen bösen Bruder ein und für alle Mal zu verlieren.

Unterdessen klären Will (Jonathan Frakes) und Deanna (Marina Sirtis) in der Arrestzelle der Shrike ihre anhaltenden Eheprobleme. Gemeinsam mit Worf (Michael Dorn) und Raffi (Michelle Hurd) gelingt beiden schließlich die Flucht. Mit dem getarnten Shuttle fliegen sie zur Titan, wo sie Picard und die anderen bei der Rückeroberung des Schiffes unterstützen.

Nachdem es Data gelungen ist, über Lores Bewusstsein zu triumphieren, übernimmt er die Kontrolle über die Schiffssysteme und befördert Vadic und die übrigen Wechselbälger auf der Brücke durch das Öffnen der Raumschotten ins All. Anschließend zerstört die Titan die Shrike vollständig.

Doch es bleiben nur noch wenige Stunden, bis der “Frontier Day” beginnt. Zweiundzwanzig Jahre nach ihrer letzten gemeinsamen Mission muss die Crew der alten Enterprise noch einmal alles daran setzen, die Föderation vor ihrem Untergang zu bewahren. Damit dies gelingen kann, muss Jack zunächst das Geheimnis lüften, das sich hinter seinen seltsamen Fähigkeiten verbirgt. In einer gemeinsamen Therapiesitzung mit Deanna will er der Sache auf den Grund gehen und das Mysterium der roten Tür erforschen…

Drehbuch & Dramaturgie

Das Drehbuch zur achten Episode stammt von Matthew Okumura, der in der zweiten Staffel gemeinsam mit Chris Derrick bereits das Skript zu “Hide and Seek” / “Das Versteckspiel” (PIC 2×09) verfasst hat. Okumura scheint auf Action-lastige Geschichten mit “endzeitlichem” Grundton spezialisiert zu sein, denn auch “Surrender” gefällt sich darin, Konflikte im Kontext einer Nullsummenlogik zu erzählen. Diese Erzählweise mündet sehr oft in einer extensiven Darstellung von Sadismus und letaler Gewaltanwendung und das ist auch hier der Fall. Thriller-, Horror- und Action-Fans kommen in dieser Episode also voll auf ihre Kosten.

Ich möchte an dieser Stelle gar nicht mehr großartig darauf eingehen, wie sehr ich es bedauere, dass von der einstigen humanistischen Botschaft und vielschichtigen Erzählweise früherer Iterationen in “Picard” fast nichts mehr übriggeblieben ist. Das ist mittlerweile auch gar nicht mehr zu leugnen. Mir geht es in dieser Rezension um einen ganz anderen Punkt: um das Fehlen einer authentischen Dramaturgie.

Da Geschichten, die auf einer Nullsummenlogik basieren, im Normalfall keine Grautöne zwischen Gut und Böse kennen, enden sie in der Regel auch stets so, wie sie angelegt sind: vorhersehbar und meistens auch eher einfallslos. Deshalb verfehlen auch die vermeintlichen Wendepunkte in der Handlung, wie etwa Datas nur wenige Sekunden andauernde Niederlage, ihre angedachte Wirkung als Überraschungsmoment. Man spürt zu jeder Sekunde, dass die Geschichte gleich wieder in die andere Richtung kippen wird. Eben weil diese Art von Episoden dazu neigen, ein Sklave ihrer simplen Logik zu sein: Am Ende gewinnen immer die Guten. Einen Mittelweg kann es gar nicht geben. Über allem schweben lediglich die beiden Fragen, wie teuer dieser Sieg erkauft werden muss und wie der Feind besiegt wird.

Folglich wirkt auch die Spannung von “Surrender” enorm künstlich. Sie ist nicht das Ergebnis eines cleveren Drehbuchs mit vielschichtigen Figuren, sondern einer simplen Nullsummenlogik, die man auch in etlichen mittelmäßigen Actionfilmen wiederfindet. Wenn dann auch noch der Weg zu diesem Sieg weitestgehend auf Lazy Writing basiert, dann kommt eben so eine austauschbare Folge wie “Surrender” dabei raus.

Mein erster Kritikpunkt bezüglich der Episode ist die wiederholte Einfallslosigkeit der Handlung. Da macht man eine eigene Serie für und über Jean-Luc Picard…ich wiederhole: JEAN-LUC PICARD! Und was zeigt man uns? Ein generisches Geiseldrama mit Recapture-Story, wie beides schon x-mal irgendwo erzählt worden ist. Wenn man dann auch noch bedenkt, dass “Star Trek” eine ähnliche Geschichte vor gerade einmal knapp zwei Jahren erzählt hat (DIS 3×12 “There Is A Tide…”/”Es gibt Gezeiten…”), dann muss man sich wohl besorgt die Frage stellen, ob das Franchise schon wieder an einem Punkt angelangt ist, wo die neuen Ideen fehlen. Ganz ehrlich, für mich ist das aus kreativer Sicht schon wieder die nächste Bankrotterklärung.

Aber anders als noch vor 20 Jahren kann man die breite Masse heutzutage mit aufgewärmtem Zeug scheinbar bei der Stange halten, sofern die Inszenierung stimmt. Darauf deuten zumindest die vielen gute Kritiken der Episode hin. Doch wie lange kann das funktionieren? 

Aber auch aus handwerklicher Sicht hat mich die Episode nicht überzeugen können. Auch hier reiht sich wieder ein Plot Hole an das nächste. Die Episode nimmt sehr oft fragwürdige Abkürzungen, um zum Ziel zu kommen. Einige davon kann man sicherlich unter “business as usual” verbuchen – und auch verschmerzen. Dazu zählen nichtexistente Schutzschilde beziehungsweise Sicherheitssysteme an Bord der Shrike; ebenso wie die Tatsache, dass die Wechselbälger Riker und Troi nicht sofort getötet haben, nachdem diese wichtige Informationen preisgegeben haben. Aber einige andere Konstellationen sind einfach so auffällig unglaubwürdig und gleichzeitig so essentiell für die Handlung, dass man dem Autor hier wirklich fehlende Gewissenhaftigkeit – und wohl auch ein Mangel an Kreativität – vorwerfen muss. Hier mal eine Liste der schwerverdaulichen Plot Holes:

  • Vadic hat die Schiffskontrolle, kann Jack aber trotzdem nicht auf die Brücke beamen – weder mit dem Transporter der Titan noch mit dem der Shrike.
  • Vadic sagt ja selbst, dass sie die vollständige Kontrolle über die Umweltsysteme des Schiffes besitzt. Also warum flutet sie sämtliche Abteilungen mit Ausnahme der Brücke dann nicht einfach mit Anesthizingas?
  • Picard, Beverly, Jack und Sidney können sich unbemerkt in der Krankenstation aufhalten, ohne dass mal ein Sturmtrupp der Wechselbälger auftaucht. Vadic weiß doch, wo Picard zuletzt gewesen ist.
  • Der Weg zum EPS-Kontrollraum wird dann auch ohne Zwischenfall einfach so beschritten.
  • Ist Picard nun ein Android/Golem oder nicht? Komischerweise hat Datas Golem viele Eigenschaften, die auch Datas alter Körper schon besaß. Aber Picards prositronisches Gehirn hat scheinbar weniger Rechenleistung und wohl auch keinen Kabelanschluss. Die Autoren schreiben sich ihr posthumanistisches Androiden-Gedöns immer so, wie sie es gerade brauchen. Ich find’s nur noch lächerlich und völlig unglaubwürdig. Man macht sich gar nicht erst die Mühe, eine gewisse In-Universe-Plausibilität herzustellen.
  • Data ist hier vor allem ein sehr durchschaubares Plot Device. Auch hier zeigt man keinerlei Ambitionen, genauer zu erklären, warum Data so einfach die Kontrolle über das Schiff erlangen kann. Er kann es einfach. Alles geht schnell, schnell, schnell.
  • Stichwaffen töten Wechselbälger, die sich verhalten wie unbeholfene Grobmotoriker. Matt Okumura ist wirklich ein Meister darin, dümmliche Antagonisten zu schreiben. Schon seine borgifizierten Elitesoldaten in “Hide and Seek” waren Slapstick pur.

Neben zahlreichen plumpen, nichtssagenden oder auch schlecht platzierten Dialogen gibt es tatsächlich auch zwei Gespräche, die einen gewissen philosophischen Gehalt aufweisen. Nämlich einerseits, als Troi und Riker über die Verarbeitung von Trauer reden. Und ein zweiter, in welchem Data Lore klar macht, worin eine Lebensleistung tatsächlich besteht.

Unter dem Strich muss ich aber leider sagen, dass diese Folge ähnlich schwach ist wie Episode 7. Das Drehbuch ist mir zu simpel gestrickt, nimmt zu viele leicht durchschaubare Abkürzungen und lässt somit schlicht Innovation, Präzision und Ernsthaftigkeit vermissen. Vieles wirkt einfach lustlos niedergeschrieben und das versucht man mal wieder mittels Action und Nostalgie zu kaschieren. Eine mittlerweile bekannte Masche, die bei nicht wenigen Kritikern aber auch zu funktionieren scheint.

Der Episodentitel “Surrender” ist erneut mehrdeutig und bezieht sich sowohl auf die Situation an Bord der Titan, auf Datas Kampf gegen Lore als auch auf Riker, der sich nach Thads Tod sprichwörtlich aufgegeben hatte. Insbesondere letzterer Aspekt sorgt bei mir mal wieder für Stirnrunzeln, was den deutschen Episodentitel “Unterwerfung” betrifft. Die psychologische Komponente des englischen Titels wird hiermit nämlich gar nicht erfasst. “Aufgabe”, “Ergebung” oder auch “Sichfügen” hätten hier besser gepasst, zumal “Unterwerfung” eigentlich auch “submission” entspricht.

Charaktere

Picard / Beverly / Jack

Die eigentlich angebrachte Aufarbeitung von Picards und Beverlys Mordgelüsten in Folge 7 bleibt hier leider (wie erwartet) aus. Und auch am Ende suchen beide erst gar nicht nach einem Weg, Vadic und ihre Leute unschädlich zu machen, ohne sie dabei auch zu töten. Abgesehen vom moralischen Aspekt hätte es hier auch Sinn gemacht, noch mehr Informationen aus Vadic herauszuholen. Oder es zumindest zu versuchen.

Insgesamt bleiben Picard und Beverly hier wieder enorm blass. Beide werden in ihrem Denken und Handeln erneut auf ihr Elternsein reduziert. Von deren jahrzehntelanger Erfahrung als hochdekorierte Sternenflottenoffiziere sowie deren Fähigkeit, das große Ganze in den Blick zu nehmen, ist hier kaum noch etwas zu sehen. Sie wirken abermals unreflektiert und auch passiv. Und diese Attitüden kratzen vor allem an Picards in TNG aufgebauten Image. Ähnlich blass wie seine Rolle bleibt leider auch Patrick Stewart, dessen Textpassagen aber auch die Genialität vergangener Tage vermissen lassen. Picard plätschert einfach so vor sich hin.

Großes Lob gebührt hingegen Ed Speleers, der seine Rolle als Jack abermals intensiv und glaubwürdig spielt. Auch wenn dessen Charakterbogen weiterhin nicht wirklich vorankommt, bleibt Jack einer der wenigen Lichtblicke dieser Episode.

Will & Deanna

Der Handlungsstrang um Will und Deanna hat Licht und Schatten. Gut gefallen hat mir der Versuch, das Thema Trauerbewältigung etwas genauer zu beleuchten – allen voran unter der Prämisse, dass Deanna als Betazoidin empathische Fähigkeiten besitzt. Dass man im Zuge eines Trauerprozesses keine Einzelstufen überspringen kann und jeder diesen Kampf am Ende allein ausfechten muss, egal wie sehr er von anderen dabei unterstützt wird, sind richtige Feststellungen.

Bedauerlicherweise zeigt “Surrender” kein aufrichtiges Interesse daran, diese Fragestellung genauer zu beleuchten. Zu TNG-Zeiten hätte man einem solchen Thema eine ganze Episode gewidmet (siehe TNG 7×07 “Dark Page” / “Ort der Finsternis”), hier läuft es aber nur so nebenbei. Folglich hält sich der Mehrwert der Will-Deanna-Aussprache auch in Grenzen. Aber immerhin mal ein Ansatz. Man gibt sich mittlerweile ja auch schon mit philosophischen Brotkrümeln zufrieden.

Hinzu kommen aber leider auch andere, teils enorm flache Dialogzeilen, die von Jonathan Frakes und Marina Sirtis auch nicht besonders leidenschaftlich und glaubwürdig gespielt sind. Insbesondere Sirtis zeigt in “Picard” die (in meinen Augen) fragwürdige Tendenz, die Figur Deanna Troi an ihren Real-Life-Charakter anzupassen. Wobei sie natürlich auch nur das spielt, was man ihrer Rolle ins Drehbuch geschrieben hat. Aber gleichgültig, wer nun dafür die Verantwortung trägt: Rollen sollten Rollen bleiben und nicht den Schauspielern auf den Leib geschrieben werden.

Die gesamte Szenerie leidet auch etwas darunter, dass Riker nach der Folter recht ‘stabil’ wirkt. Wenn man dessen Zustand mit dem von Picard in “Chain of Command, Part 2” / “Geheime Mission auf Celtris Drei, Teil 2” (TNG 6×11) oder von Worf in “By Inferno’s Light” / “Im Lichte des Infernos” (DS9 5×15) vergleicht, dann dürfte offensichtlich werden, worin mein Kritikpunkt begründet liegt. Man nimmt ihm nicht wirklich ab, dass er gefoltert wurde und ein entsprechendes Martyrium durchleiden musste.

Die neue Riker-Worf-Dynamik hat mir bisher zwar sehr gut gefallen, in “Surrender” bewegen sich Worfs Sprüche allerdings dicht an der Grenze zum Klamauk. Hier muss man aufpassen, dass Worf nicht zum Comic Relief degeneriert. Für mich war das etwas zu viel des Guten, zumal mir hier auch ein wenig der Kontext fehlt. Worfs und Deannas seltsame Kurzromanze liegt immerhin schon 30 Jahre zurück. Die humoristische Szene wirkt folglich etwas erzwungen.

Data & Lore

Der größte Lichtblick dieser Episode ist der Data-Handlungsstrang, der unter dem Strich aber besser geschrieben ist, als er am Ende inszeniert wurde.

Natürlich macht man es sich hier wieder sehr leicht, indem man den Widerspruch zu Datas Tod in Staffel 1 (und damit auch dessen Entwertung) mit einem lapidaren Satz einzukassieren versucht. Ja, ja, ist schon klar. Das war ein “anderer Data” und der hier will wieder lebendig sein. Das kann man sicher so schlucken, es beschädigt aber trotzdem die Erzählstringenz dieser mit lediglich 30 Episoden doch eher überschaubaren Serie. Mit Ruhm haben sich die Serienmacher hier ganz sicher nicht bekleckert. Aber das passiert eben, wenn man in jeder Staffel den Showrunner austauscht.

Sei’s drum. Wenn man sich auf Datas erneute Wiedergeburt einlässt, dann kann man tatsächlich Gefallen an den Szenen finden. Denn meinem Eindruck nach werden die nostalgischen Elemente hier durchaus konstruktiv eingesetzt. Im Vergleich zu früheren Episoden sind sie keinesfalls nur Selbstzweck im Sinne von reinem Fanservice. Vielmehr geht es beim Duell zwischen Data und Lore um die Frage, was den “Wert” eines Lebens ausmacht – ganz nach dem Motto: “Was lässt du Zählbares zurück, wenn du eines Tages stirbst?”

Auf der einen Seite behauptet Lore in seinem machiavellistischen Duktus, dass der Erwerb von Macht und das Ausüben von Dominanz entscheidend seien. Er sei von beiden die mächtigere Person und Data der Schwächere. Deshalb sei sein Leben wertvoller und er werde obsiegen.

Damit spielt Lore auf seine zweifelhafte Fähigkeit an, Kontrolle auszuüben und Angst zu verbreiten. Hier greift der Autor sehr geschickt auf die Erzählungen in TNG zurück. Denn die Kolonisten von Omicron Theta hatten in der Tat Angst vor Lore, ebenso wie die Crew der Enterprise (TNG 1×09 “Datalore” / “Das Duplikat”) und die Splittergruppe der Borg (TNG 7×01 “Descent, Part 2” / “Angriff der Borg, Teil 2”). Sogar Dr. Noonien Soong fürchtete sein eigenes Werk (TNG 4×03 “Brothers” / “Die ungleichen Brüder”).

Demgegenüber hat Data ein anderes Pfund, mit dem er wuchern kann: Er hat bei zahlreichen Personen einen positiven und seinen Tod überdauernden Eindruck hinterlassen, der sich hier in seinem angeblichen “Plunder” manifestiert: Data hat zeitlebens Wertschätzung, Freundschaftsgefühle und sogar Liebe erzeugt – bei seinen Kameraden von der Enterprise, bei seiner Tochter Lal und auch bei seiner Katze Spot. Und Lore neidet Data diese Lebensleistung, auch wenn er sich abfällig darüber äußert.  

Passend zu den Feiertagen übermittelt “Surrender” hier eine sehr österliche Botschaft: Die Liebe ist das alles Entscheidende im Leben. Sie ist unbesiegbar. Sie überwindet das Böse…und sogar den Tod. Endlich mal ein Dialog mit philosophischem Gehalt!

Wäre der Ausgang dieses Duells zwischen Data und Lore einerseits nicht so verdammt vorhersehbar und andererseits auch visuell etwas liebevoller inszeniert worden (siehe Data in Staffel 1), dann hätte diese Szene noch mehr Wirkmächtigkeit entfalten können. Nichtsdestotrotz ist diese Auseinandersetzung für mich das Highlight der Episode. Zumal Lore auch nicht ausgelöscht, sondern in Data integriert wird. Endlich mal eine Stelle, an der die Nullsummenlogik durchbrochen wird.

Schön ist auch die Szene zwischen Data und Geordi, die aber gerne noch etwas emotionaler hätte sein können. Etwa durch eine Umarmung der beiden, die nach über 30 Jahren Freundschaft endlich mal fällig wäre. Leider lässt auch die deutsche Siezerei die Szene sogar noch etwas hölzerner wirken.

Worf & Raffi

Worf und Raffi sind in dieser Folge neben Data ein weiteres Plot Device, um der Geschichte die angedachte Richtung zu geben. Das Drehbuch macht sich keinerlei Mühe, deren Handeln und Wirken irgendwie zu plausibilisieren. Sie sind in Folge 6 ziellos fortgeflogen und kommen jetzt natürlich genau im richtigen Moment wieder zurück. Noch nicht einmal für eine kurze Szene im Shuttle hat es gereicht. Aber das hätte ja auch die ach so “unerwartete” Rettungsszene auf der Shrike kaputtgemacht.  

Auch an dieser Stelle muss ich leider knallhart konstatieren: klischeehaft, vorhersehbar und dazu noch schwach inszeniert.

Und auch die Neckereien zwischen Worf und Raffi beginnen langsam, ihren Reiz zu verlieren. Man sollte eine Pointe einfach nicht überstrapazieren – vor allem nicht, wenn sie einer Situationskomik entspringt.

Zu Raffis Martial-Arts-Einlage will ich gar nicht mehr viele Worte verlieren. Das ist so derart Mainstream, dass ich nur den Kopf schütteln kann. Im Kontext mit Formwandlern (!!!) wirkt es dann leider auch noch extrem lächerlich. Einer der Tiefpunkte der gesamten Episode.

Seven & Shaw

Auch nach acht Folgen bleibe ich bei meinem Urteil: Der im Netz scheinbar sehr beliebte Liam Shaw ist in meinen Augen eine eher schwach geschriebene Figur mit zweifelhafter Funktion. Mal abgesehen davon, dass ich seine Background-Story (34 Jahre traumatisiert und trotzdem bis zum Captain aufgestiegen) wenig überzeugend finde, stört es mich auch enorm, dass angedeutete Charakterentwicklungen offenkundig nicht in die nächste Folge mitgenommen werden. Dieses Muster zieht sich leider durch die gesamte Staffel. Keine “Teambuilding”-Maßnahme hat es scheinbar vermocht, Shaw auf den richtigen Pfad zu bringen.

Erst war seine Gehässigkeit gegenüber Picard und Riker ungebrochen, nun wohl auch seine Respektlosigkeit gegenüber Seven. Die spricht er hier nämlich immer noch mit “Hansen” an, obwohl er doch schon in Folge 4 seine Zustimmung signalisiert hatte, als Seven ihm klar machte, dass sie mit Seven of Nine angesprochen werden möchte (O-Ton Shaw: “Find ich gut.”). Also entweder ist Shaw dumm und hat das damals nicht gecheckt. Oder er ist ein ignoranter Arsch, dem es völlig egal ist.

Ich tippe vielmehr auf Erklärung #3: Shaw muss – ungeachtet seiner Entwicklungen in den Einzelepisoden – das machen, was die Dramaturgie der Staffel vorgibt. Soll heißen: Er muss unbedingt bis zur letzten Folge als Arsch gezeichnet werden, damit wir später in Tränen ausbrechen können, wenn er sich in einem letzten Akt seines Lebens “zum Guten” bekehrt und dann durch sein Selbstopfer auch noch seine Überlebensschuld seit Wolf 359 überwindet. Wollen wir wetten?

Nach meinem Dafürhalten ist diese Figur in ihrem Reden und Tun einfach enorm widersprüchlich. Einerseits wirft Shaw Seven vor, dass sie ihn nicht geopfert hat (Turbolift in die Luft jagen), um die Crew vor der Geiselnahme zu bewahren. Andererseits guckt er tatenlos zu, wie Vadic seine Brückenoffiziere mit dem Tode bedroht und schließlich auch seinen Wissenschaftsoffizier exekutiert. Warum bietet er sich in diesem Augenblick nicht wenigstens als erstes Erschießungsopfer an, wenn ihm seine Crew so wichtig und seine Verantwortung so heilig ist? Stattdessen pfeift er die mutige Seven zurück.

Also für mich hat Shaw wirklich nichts, was einen Sternenflotten-Captain auszeichnet. Er ist sowohl im zwischenmenschlichen Bereich als auch in Sachen Leadership eine absolute Null. Und das sage ich mit der Erwartung, dass man diesen Eindruck im Staffelfinale mit großer Wahrscheinlichkeit ins Gegenteil verkehren wird. Und tatsächlich kann nur ein Heldentod diese verkorkste Figur noch retten. Für mich stellt sich in einem solchen Fall dann aber die Frage, wie gut es geschrieben ist, wenn man es schon jetzt erahnen kann.

Lange Rede, kurzer Sinn: Auch die Seven-Shaw-Beziehung tritt unnötigerweise auf der Stelle. Es langweilt mich, wenn man zehn Folgen lang denselben Konflikt zwanghaft durchschleift und man als Zuschauer deshalb schon erahnen kann, wie es am Ende ausgehen könnte. Gleiches galt auch für die Beziehungskrise zwischen Raffi und Seven in der zweiten Staffel. Dieser Story-Arc war doch so vorhersehbar wie der Meisterschaftskampf in der Fußball-Bundesliga.

Vadic & Konsorten

Das wohl größte Problem der Episode ist jedoch der Umstand, dass die Handlung in der Summe von enorm schwachen Gegenspielern getragen wird. Denn während Vadic wenigstens noch etwas Profil erhält, bleiben ihre Unterstützer durch und durch klischeehafte Nullachtfünfzehn-Bösewichte ohne jedweden eigenen Charakter. Sie sind so eindimensional geschrieben, dass sie in der Handlung auch kein wirkungsmächtiger Faktor sein können, um der Geschichte eine unerwartete Wendung geben zu können.

Ich erinnere an dieser Stelle an die DS9-Episode “Das winzige Schiff” (DS9 6×14), die ebenfalls eine Rückeroberungsgeschichte an Bord der Defiant erzählt. Damals hatten wir allerdings in der Gruppe der Antagonisten, den Jem’Hadar, zwei eigenständig profilierte Gegenspieler: Kudak’Etan sowie dessen Stellvertreter Ixtana’Rax. Beide Jem’Hadar hatten eine spannende gemeinsame Hintergrundgeschichte, die eine Figurendynamik begründete, die der Dramaturgie der Episode zum Vorteil gereichte. Um es kurz zu machen: Indem die beiden Autoren Bradley Thompson und David Weddle ihren Bad Guys seinerzeit Tiefe und Konflikt ins Drehbuch schrieben, führten sie ein zusätzliches Spannungselement in die Story ein. So blieb bis zum Schluss die Frage offen, ob es Captain Sisko gelingen wird, die beiden Jem’Hadar gegeneinander auszuspielen. Am Ende erwies sich die Bedeutung dieses Konflikts als sekundär, denn die Lösung lag in der geschrumpften Rubicon. Allerdings wurde die Episode dadurch spannender, da sie auf verschiedenen Ebenen erzählt wurde und unterschiedliche Ausgänge möglich machte.

Und genau das fehlt mir hier in “Surrender”. Am Ende hängt alles nur an Vadic und das macht die gesamte Dramaturgie leider recht eindimensional. Lore ist kein echter Faktor, denn es ist ausgeschlossen, dass Data hier ein drittes Mal sterben wird. Und unter den übrigen Formwandlern gibt es keinen eigenständigen Akteur, der für Vadic zum Problem werden könnte. Man denke in diesem Zusammenhang auch mal an Figuren wie Annorax und Obrist (VOY 4×09 “Ein Jahr Hölle, Teil 2”), Dukat, Weyoun und Damar (DS9 Staffel 6 und 7) oder auch an Ru’afo und Gallatin (“Star Trek: Der Aufstand”). Dort waren spannende Dynamiken im Lager der Antagonisten vorhanden.

Homogene Gegenspieler führen hingegen sehr oft zu eindimensionalen Erzählweisen. Und genau daran krankt auch diese “Picard”-Folge. Wenn man schon zum x-ten Mal eine solche Geschichte erzählt, dann muss man wenigstens auch die Gegenseite etwas diffiziler anlegen. Hier bleibt es aber mal wieder bei einer sehr einfach gestrickten Erzählweise, die lediglich von Vadics Wahnsinn lebt. Mir ist das zu wenig.

Überrascht hat mich allerdings die Tatsache, dass Vadic schon in Folge 8 den Tod findet. “The Face” wird in den letzten beiden Folgen wohl selbst aktiv werden müssen. Und das ist auch zu begrüßen.

Enttäuschend ist wiederum die ziemlich unspektakuläre Zerstörung der Shrike, die uns vorher noch als Super-Kriegsschiff verkauft wurde. Passt nicht so ganz.

Inszenierung

Die Inszenierung von Regisseurin Deborah Kampmeier folgt der Blaupause eines typischen Actionthrillers. Für echte Kreativität bleibt bei dieser gefühlt achten Bottle Show am Stück aber leider nicht viel Raum. Lediglich die Eröffnungsszene dürfte mir hier in Erinnerung bleiben, alles andere ist die übliche Standardkost.

Besonders enttäuschend ist die Darstellung von Datas Bewusstseinskampf vor einem generischen weißen Hintergrund, der wahrscheinlich an Siskos Bewusstsein in “Deep Space Nine” oder auch an Picards “Todeserfahrung” in “Tapestry” / “Willkommen im Leben nach dem Tod” erinnern soll. Eine bekannte Kulisse aus Datas persönlichem Umfeld, vielleicht sein Quartier auf der Enterprise-D, die 221B Baker Street-Simulation aus TNG oder auch Soongs Labor auf Omicron Theta, hätte der Szene sicherlich gutgetan.

Und auch Vadics Tod kann das sonst so hohe CGI-Niveau der übrigen Staffelepisoden nicht wirklich halten. Gelungen sind hingegen alle Szenen, in denen Jack ins Bewusstsein von anderen Personen eindringt.

Die letzten Minuten der Episode stehen dann wieder ganz im Zeichen der Nostalgie, wenn die alte TNG-Crew nach 20 Jahren (22 Jahren in-universe) wieder zusammen am Konferenztisch sitzt. Obwohl ich mir diese Szenen in den letzten Monaten mehrmals im Geiste vorgestellt hatte, hat sie mich in ihrer tatsächlichen Umsetzung leider kaum berührt. Und das liegt wohl an der Inszenierung in diesem düsteren Setting mit zwei Kopien der Originale (Picard & Data) am Tisch. Und auch die Tatsache, dass inhaltlich von den Figuren leider viel Belangloses gesprochen wird, nimmt dieser Szene einiges von ihrer Wirkung. Das hätte man sicherlich auch noch besser inszenieren können.

Schade, aber vielleicht schafft es eine Reunion auf der Brücke der Enterprise-D noch, dass bei mir die Tränchen kullern.

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Bewertungsübersicht

Handlung
Dramaturgie
Dialoge
Anspruch
Atmosphäre

Fazit

Auch diese Folge ist wieder sehr Mainstream-orientiert und erzählt eine relativ uninspirierte Retake-Story ohne nennenswerte erzählerische Haken und Ösen. Die Unberechenbarkeit einer psychopathischen Antagonistin ist das einzige Element, das hier wirklich Spannung zu erzeugen vermag. Durch das Fehlen einer ausdifferenzierten Gegenspielerseite und der einfach gestrickten Nullsummenlogik der Handlung sind glaubwürdige Wendepunkte in der Episode leider Mangelware. Abgesehen von Datas Dialogen mit Lore bleibt die Episode oberflächlich, zumal es auch die Inszenierung versäumt, die teils schwachen Dialogen wenigstens mit visuellen Schmankerln auszugleichen.
Deutscher TitelUnterwerfung
OriginaltitelSurrender
SeriePicard
Staffel3
Episodennummer8
RegisseurDeborah Kampmeier
DrehbuchMatt Okumura
US-Erstausstrahlung06.04. 2023
DE-Erstausstrahlung07.04. 2023
Sternzeit / Missionsdatum2401
Dauer52
Matthias Suzan
Matthias Suzan
Matthias' Leidenschaft für "Star Trek" wurde 1994 mit knapp zehn Jahren durch "The Next Generation" geweckt. TNG und DS9 sind bis heute seine Lieblingsserien. Es sind vor allem die politischen, gesellschaftlichen und menschlichen Themen des Trek-Universums, die ihn faszinieren. Aber auch die vielen, tollen Raumschiffe haben es dem passionierten Modellbauer angetan. Matthias ist seit 2017 Teil der TZN-Redaktion.

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ich finde es auch krass wie dumm Vadic offenbar ist (sprich: wie schlecht sie geschrieben ist). Denn in den letzten Folgen hat man doch gesehen wie schnell sie sich verwandeln kann. wieso kann sie sich als das Schott auf der Brücke geöffnet wurde, nicht einfach wegmorphen (so wie auf der Krankenstation blitzschnell in den Deckenschacht hinein)? nein, das geht jetzt plötzlich nicht mehr, so wie ihre maskierten Vasallen urplötzlich nur noch mit Rambo-Messern kämpfen. ich muss sagen die Serie baut ständig Prämissen und Erwartungshaltungen auf, die am Ende doch unterlaufen werden (von der Gefährlichkeit der “Würger” *würg* ganz zu schweigen).

TNG hat das Genre genutzt, um große und herausfordernde Fragen zu verfolgen, Was-wäre-wenn-Szenarien und moralische Dilemmata zu entwickeln. Mag auch nicht jede Episode toll gewesen sein, so hatte jede ein Leitmotiv, das klar verortbar war. Der Zuschauer war an der Lösung des Ganzen beteiligt; nicht wenigen Folgen regten zum Nachdenken an, sei es über Politik, Wissenschaft, Moral, den Weltraum oder uns selbst als menschliche, unvollkommene Wesen. Aber nichts, gar nichts davon ist in PICARD – auch in Season 3 – zu finden. Der Jean-Luc Picard, der uns hier geboten wird, ist hoch sentimental und umgibt sich mit allzu viel Nostalgie,… Weiterlesen »

Eine absolute Wahrheit gelassen niedergeschrieben. Ich habe zu danken.

Chris Derrick hat schon in Staffel 2 das mit Abstand schlechteste Drehbuch verfasst. Das war auch kein Ruhmesblatt.

was ist eigentlich die Sub-Message dieses neuen Star Trek? Jeder wird bald in seinem eigenen neuen Robo/Andro-Körper neu geboren und schreitet durch die rote Tür? Es ist so deprimierend, was für einen Terminator-Murks die hier verzapfen.

Ei, ich fand die Folge war eine 6v6…
Sie war spannend, rührend einfach super…. Ich werde dann für den Rezensenten der Mainstream Heini sein, dabei mag ich anspruchsvollweTrek folgen auch seeeeehr… Wichtig ist da sie Folge Unterhält .. 🙂

Tolle Rezension! Ich stimme in allem zu und würde die Gesamtwertung noch niedriger ansetzen! Die Serie stinkt vor Plot Holes, diese Episode auch und vor allem.

Auch diese Folge ist wieder sehr Mainstream-orientiert und erzählt eine relativ uninspirierte Retake-Story ohne nennenswerte erzählerische Haken und Ösen. Die Unberechenbarkeit einer psychopathischen Antagonistin ist das einzige Element, das hier wirklich Spannung zu erzeugen vermag. Durch das Fehlen einer ausdifferenzierten Gegenspielerseite und der einfach gestrickten Nullsummenlogik der Handlung sind glaubwürdige Wendepunkte in der Episode leider Mangelware. Abgesehen von Datas Dialogen mit Lore bleibt die Episode oberflächlich, zumal es auch die Inszenierung versäumt, die teils schwachen Dialogen wenigstens mit visuellen Schmankerln auszugleichen. Zweitrezension: Star Trek: Picard 3x08 - "Unterwerfung"
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