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Kurzrezension: “Star Trek: Strange New Worlds” 2×08 – “Under the Cloak of War”

Ein klingonischer Überläufer reist als Botschafter der Föderation an Bord der Enterprise. Unsere spoilerfreie Kurzrezension verrät, ob das gut gehen kann.

Was meinen wir mit “spoilerfrei”?

Es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen dazu, was “spoilerfrei” bedeutet. Damit ihr selbst entscheiden könnt, ob ihr die Rezension vorab lesen möchtet, machen wir hier transparent, was wir darunter verstehen:

  • Wir verraten keine wichtigen und unerwarteten Wendungen der Handlung bzw. Informationen über die fiktiven Welt und ihre Figuren.
  • Was im Vorfeld durch Vorschauclips und Trailer gezeigt wird, ist kein Spoiler.
  • Was im Cold Open (vor dem Vorspann) bzw. im ersten Akt (bei Episoden ohne Cold Open) passiert, ist kein Spoiler.
  • Handwerklichen Aspekte (Schauspiel, Drehbuch, Bühnenbild, Soundtrack, Spezialeffekte) sind keine Spoiler, sofern sie nichts Wichtiges über die Handlung verraten.

“Strange New Worlds” wagt sich in “Under the Cloak of War” auf dünnes Eis und verhandelt eine Geschichte über Krieg, Frieden, PTSD und Vergebung und knüpft damit an die Tradition moralisch ambivalenter Geschichten aus “Deep Space Nine” an.

Under the Cloak of War

Der ehemalige klingonische General Dak’Rah lief zur Föderation über und vertritt nun als Botschafter die vereinten Planeten. Die Enterprise soll ihn zu seiner nächsten Mission bringen, und Pike rollt den roten Teppich aus. Allerdings ist der Aufenthalt des Diplomaten auf dem Schiff alles andere als Routine. Auch wenn die Enterprise während des Krieges auf einer 5-Jahres-Mission war, finden sich doch einige Veteranen unter Pikes Crew. Zuvorderst M’Benga und Chapel, die an der Front aus erster Hand Dak’Rahs Gräueltaten erlebt haben.

“Under the Cloak of War” startet zunächst als wenig inspirierte Hommage an “The Undisvoverd Country”, entwickelt aber im Laufe der Zeit eine inhaltliche und stilistische Eigenständigkeit. Die von Misstrauen, Vorurteilen und persönlichem Trauma gezeichneten Geschehnisse an Bord der Enterprise werden von Rückblenden unterbrochen, in denen das Publikum erfährt, was Chapel und M’Benga an der Front im Klingonischen Krieg auf J’gal erlebt haben.

Das Drehbuch von Davy Perez stützt sich dabei geschickt auf die Versatzstücke, die zuvor in der Staffel gestreut wurden, vorrangig in “The Broken Circle“. Hierdurch wirkt “Under the Cloak of War” weniger als der Retcon, den die Episode eigentlich darstellt. Staffel 2 hat sich zwar redlich Mühe gegeben, M’Benga als einen ausgezeichneten Nahkampf-Experten zu positionieren, aber glaubwürdig erscheint es mir immer noch nicht. Dass der Chefarzt auf dem Flaggschiff der Föderation gleichzeitig die tödlichste Einmann-Armee der Sternenflotte sein soll, ist trotz aller Vorarbeit unplausibel.

Das ist aber das einzige gravierende handwerkliche Versäumnis dieser Folge, das man gerne akzeptieren mag. Denn die absurde Prämisse ist Katalysator für einen sehr interessanten letzten Akt. So differenziert und ambivalent hat sich “Strange New Worlds” bisher erst in “Ad Astra Per Aspera” gegeben, und “Under the Cloak of War” steht dieser kaum etwas nach. Atmosphärisch erinnert die Folge an eine Mischung der “Depp Space Nine”-Episoden “The Siege of AR-558” und “Inter Arma Enim Silent Leges” (beide siebte Staffel).

Dennoch ist diese Geschichte keine bloße Kopie der bekannten Stories (wie leider so oft bei “Strange New Worlds”), sondern eine fesselnde Studie über Schuld und Vergebung. Die psychologischen Folgen des Krieges und M’Bengas und Chapels traumatische Stress-Störungen werden eindringlich und differenziert dargestellt. Anders als so oft im “Star Trek” der letzten Jahre rutscht die Episode dabei nie in melodramatischen Kitsch ab, sondern behandelt ihre Figuren und Publikum mit Respekt.

Das Ende der Folge ist allerdings Geschmackssache. Davy Perez hat sich für einen zynischen Ausgang entschieden, der durch Thema und Stimmung durchaus gerechtfertigt ist. Allerdings ist es in der Gesamtschau über “Strange New Worlds” schon sehr augenfällig, wie häufig die Serie sich dem “gefühlten Zeitgeist” anbiedert. Für jede humanistische Botschaft finden sich anderswo zwei defätistische.

Die ständige Negation des alten “Star Trek”-Werteportfolios rächt sich hier. Das Ende von “Under the Cloak of War” könnte die schockierende Wucht eines “In the Pale Moonlight” entfalten, wenn es nicht einfach das erwartbare Ethos von “Strange New Worlds” zum x-ten Male wiederholte.

Dennoch wird der Ausgang der Geschichte vielen aus dem Publikum nach dem Abspann noch nachhängen und Denkstoff geben, ohne offensichtliche Antworten zu liefern. Das ist eine wohltuende Abwechslung zu der seichten Unterhaltung der letzten Wochen.

Die Inszenierung von Jeff W. Byrd ist absolut angemessen und tadellos. Er vermittelt die Gräuel des Kriegs eindringlich aber ohne billige Effekthascherei, die die Opfer objektifizieren würde. Dasselbe gilt für den posttraumatischen Stress, den die Crew der Enterprise durchmacht. Insbesondere Olusanmokun und Bush dürfen hier auch mit leisen Tönen viel Emotion transportieren. Das ist eindringlich und effektiv.

Die AR-Wall sorgt zudem dafür, dass der Krieg in den Rückblenden immer präsent ist. Feuergefechte, Explosionen und Rauchschwaden im Hintergrund sorgen für eine dramatische Atmosphäre.

Eine kurze Erwähnung ist noch das Produktionsdesign wert, das den visuellen Kanon von “Discovery” offenbar vergessen machen möchte. Uniformen und Makeup in den Rückblenden orientieren sich an “Strange New Worlds”, und nicht an dem Erscheinen der Sternenflotte und Klingonen während der ersten Staffel “Discovery”. Das wird sicherlich einigen Fans gefallen, ich finde das ein bisschen feige. Insbesondere die glatzköpfigen Klingonen sind nun einmal Kanon, da dürfte man gerne ein bisschen selbstbewusster zu stehen.

Mit Rücksicht auf die Leser:innen, die die Episoden noch nicht gesehen haben, bitten wir in den Kommentaren zu diesem Beitrag auf Spoiler zu verzichten. Danke!

Bewertung

"Under the Cloak of War" ist zweifelsohne eine starke und atmosphärische Episode, die Erinnerungen an die Anti-Kriegsfolgen von "Deep Space Nine" weckt. "Strange New Worlds" wagt sich in moralisch ambivalentes Territorium, das das Publikum herausfordert. Abzüge gibt es bei der B-Note, weil die Story auf zahlreichen abenteuerlichen Prämissen beruht und sich "SNW"im Zweifel wieder einmal für ein zynisches Menschenbild entscheidet, wenn es drauf ankommt.

Bewertungsübersicht

Gesamt
Handlung der Einzelepisode
Stringenz des staffel- und serienübergreifenden Handlungsstrangs
Stringenz des bekannten Kanons
Charakterentwicklung
Spannung
Action & Effekte
Humor
Intellektueller Anspruch
christopher.kurtz
Christopher Kurtz
Seit den frühen 2000ern ist Christopher Redakteur im TrekZone Network. Wenn er nicht in den unendlichen Weiten nach kritisch rationalem Humanismus Ausschau hält oder sich über die Plausibilität fiktiver Technologien und Gesellschaftsformen den Kopf zermartert, findet man ihn meistens in der Nähe von Spielen der geselligen Art, egal ob analog oder digital, ob als Mitspieler oder Gelegenheitsautor.

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Das hier ist meine Lieblingsepisode vom gesamten “New Trek” und sie schlägt sogar die relativ starken Episoden von Staffel 3 von Picard. Ja ich gebe zu DS9 ist meine Lieblings Star Trek Serie und sie fühlt sich so an wie ein Mix aus den besten Dominion und Klingonen Kriegsfolgen. Und ich muss sagen das die Staffel einen weiteren Schritt in Richtung Original TOS was die Designs angeht gemacht hat, stimmt mich mehr als nur Positiv. Hier ist ja meine große Hoffnung, dass die Enterprise durch eine Beschädigung entweder am Ende dieser Staffel oder am Ende der Serie noch mehr in… Weiterlesen »

Anders als ich hier gedacht habe, ist die Folge doch sehr gut.

Eindrücklich, was Krieg mit einem macht. Kann man einem schlimmen Feind vergeben? Ab wann ist das, wenn überhaupt, möglich?

Die Umsetzung ist aber grandios gemacht. Es zeichnet die Serie aus, dass sie verschiedene Genres bringt. Wie besagen die 34. und 35. Erwerbsregeln der Ferengi? Krieg ist gut fürs Geschäft und Frieden ist gut fürs Geschäft. Wie aber Quark mal treffend erwähnt hat, ist Krieg nur gut fürs Geschäft, wenn die Frontlinie weit weg ist.

Genau genommen, ist das wohl eine der problematischsten Folgen, die es in ST jemals gab. Die Prämisse von Star Trek, dass sich die Menschen weiterentwickelt haben und nicht mehr auf die gleiche Art und Weise mit Konflikten umgehen, wie heute, wird hier völlig unterlaufen. Das ist bei einer Serie, die in der TOS Ära spielt umso bitterer, weil diese Epoche ja vom großen Aufbruch der Menschheit erzählt.

Es fällt schwer, SNW somit in die positive Zukunftsvision von Star Trek einzuordnen. Sehr schade, dass man immer stärker Anleihen an DISC nimmt, das ich für ein völlig gescheitertes Serienkonzept halte.

Zuletzt bearbeitet 1 Jahr zuvor von Alex Foster

Die Utopie bezog sich schon immer auf Menschen, besonders auf die Erde selbst. Weil das ist richtig und etabliert. Betrifft aber nicht den Rest der galaxy, nicht klingonen, romulaner, borg usw.. Kein Frieden ohne Opfer… Das finale aus staffel 1 ist eine nahezu 1:1 alternativ Version von Balance of Terror. Die war weder im Original “Friedrich”, schon gar nicht in der neuen alternativ Version. Und hier muss ich mal den Charakter aus picard staffel 3 zitieren: “Eine Utopie kann nicht ohne das Chaos existieren.” Daraus ist es nur logisch das dass “böse” oder ein Vulkanischer Warlord auch in Star Trek… Weiterlesen »

Zuletzt bearbeitet 1 Jahr zuvor von WarWolf

Die Utopie Diskussion ist in meinen Augen eine Leidige. Denn hier gibt es deutlich mehr Lager als New Trek vs Old Trek. Ich würde sogar so weit gehen, dass der Standpunkt zu dem Thema bestimmt wie der eigene Star Trek einstieg war. Ich Jahrgang 1987 habe zuerst TOS gesehen. Als TNG damals ausgestrahlt wurde war ich zu der Zeit aufgrund diverser Aktivitäten (Jungschar, Freunde Treffen, Sportvereine.) selten Zuhause so dass ich TNG nur sehr am Rande mitbekommen habe. Wirklich in Star Trek verliebt habe ich mich durch die Filme, das ist auch der Grund, warum mir Staffel 3 Picard so… Weiterlesen »

nur, dass die “Utopie” von Star Trek langsam zum futuristischen Dauerkonflikt wird. Friedliches Erforschen war mal.

Die Föderation war nur in den ersten 3 Staffel von TNG eine Utopie. Daher sehe ich es so. Die Paradiesischen Beschreibungen in Star Trek ist die Selbstdarstellung der Sternenflotte und spielt nicht wirklich die Realität ab. Das haben wir ja sogar in TNG so gesehen. Die meisten Menschlichen Crew Mitglieder kommen von der Erde oder aus den SOL System, die nicht Menschlichen Crew Mitglieder die eine Rolle Spielen Stammen auch aus ihren Heimatwelten und nicht aus den Kolonien. In TNG gab es genau eine Ausnahme Tasha Yah und hier war das Bild von ihrer Welt (eine Föderationskolonie) eine ganz andere.… Weiterlesen »

Kurze Korrektur: die genannten Opferzahlen sind 100 Millionen (!) Föderationsbürger – was in Anbetracht der Zeit des Krieges (2256-2257) für mich realistisch ist. Zum Dominion-Krieg liegen uns keine genauen Zahlen vor, aber laut den Büchern (ich weiss, Non-Kanon und so) lag die Opferzahl bei 13-16 Milliarden. (Sternen-Atlas, Relaunch-Reihe). Finde ich auch realistisch für die Zeit und die Ausdehnung der Föderation (2373-2375, also 100 Jahre nach TOS). Und ja die Gräueltaten im Krieg wurden in Ds9 nie so wirklich angesprochen. Da kann ich z.b. das Buch “Der Plan des Dominon” empfehlen, in dem gezeigt wird, wie das Dominion auf Betazed wütet.… Weiterlesen »

100 Millionen Stimmen da habe ich mich geirrt. Die 800 Millionen sind die gesamten Opfer nach den Beginn der Bombardierung der Cardassianischen Kernwelten. In einer der letzten Folgen wo Damar die Seiten wechselt hat er von 7 Mio Gefallene Cardassianische Soldaten geredet. Und das ist Unrealistisch. Her argumentiere ich wieder mit der Größe des Weltraum. Ein Krieg zwischen zwei Großreichen kann man nicht mit 40 oder 4 Tausend Schiffen Führen. Aber vor allem die Invasion von Betazed eine Föderations Kernwelt mit Milliarden von Einwohner. Die zu erobern hat Dimensionen vom gesamten 2ten Weltkrieg diese Schlacht alleine kann locker mehrere Millionen… Weiterlesen »

Aber aber, ich darf mal Picard Season 3 zitieren: “Alle SF-Schiffe an einer Stelle.”
Naja und das waren am Ende.. 227??

*hüstel* 😉

Das war der Punkt wo ich entschieden habe man darf das was gezeigt wird nicht ernst nehmen.

Das waren vielleicht 40 Schiffe, da frag ich mich wie kann es eigentlich sein das die Föderation nicht längst erobert wurde?

Glatzköpfige Disco Klingons sind ja in den Rückblenden zu sehen 😉

Nebenbei gefragt: Würde das Empire einen Überläufer als Diplomaten überhaupt akzeptieren? Nicht sehr ehrenhaft…

"Under the Cloak of War" ist zweifelsohne eine starke und atmosphärische Episode, die Erinnerungen an die Anti-Kriegsfolgen von "Deep Space Nine" weckt. "Strange New Worlds" wagt sich in moralisch ambivalentes Territorium, das das Publikum herausfordert. Abzüge gibt es bei der B-Note, weil die Story auf zahlreichen abenteuerlichen Prämissen beruht und sich "SNW"im Zweifel wieder einmal für ein zynisches Menschenbild entscheidet, wenn es drauf ankommt.Kurzrezension: "Star Trek: Strange New Worlds" 2x08 - "Under the Cloak of War"
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