Die zweite Staffel von Doctor Who ist da. Was die nach der sehr durchwachsenen ersten reißen kann, klärt Tom in seinem Spoiler-Review.
Nachwehen der ersten Staffel
Viel ist passiert, seitdem die erste Staffel vor einem Jahr über den Äther ging. Noch vor dem Ende der Ausstrahlung derselbigen wurde bekannt, dass man Millie Gibson (Ruby Sunday) rausgeworfen hätte. Gerüchte besagten, sie hätte sich, mit ihren knapp 20-Jährchen, am Set wie eine Diva aufgeführt. Schnell war man aber bei Disney (respektive der BBC) bemüht, hier ein Dementi rauszuhauen. Millie Gibson sei weiter dabei, der Doctor bekäme in der kommenden Staffel einfach zwei Companions (nachdem mit Varada Sethu die “Neue” bekannt gemacht worden war). Tatsächlich hatte Gibson dann noch ein sehr kurzes Cameo im Weihnachtsspecial, das ja traditionell die neue Season einleitet. In der regulären ersten Folge der zweiten Staffel ist sie nun nicht dabei – und wird auch nicht im Vorspann genannt.
Man mag nun argumentieren, dass dies Storytechnisch nicht nötig oder passend für diese erste Folge sei. Ich meine aber, dass man einfach die negative Presse über die erste Staffel von Ncuti Gatwa nicht noch weiter befeuern wollte und deswegen das Dementi raushaute. Es würde mich sehr überraschen, wenn Gibson in mehr als Cameo-Auftritten zu sehen wäre. Auf der einen Seite schade, da sie und der Doctor In-Universe (In-Character) gut zueinander gepasst haben, auf der anderen Seite sicher verständlich. Bedenkt man, wie stark Belinda hier eingeführt wird, dürften die wenigsten Ruby vermissen (bedenkt man vor allem auch die schwache Auflösung ihrer Herkunftsgeschichte).
Der zweite, noch viel gravierendere, Punkt ist das schlechte Abschneiden der ersten Staffel auf Disney. Es ist kein Geheimnis, dass man sich vom neuen Doctor viel mehr versprochen hatte und die Abrufzahlen wohl eher desaströs waren (auch wenn nichts Genaues vorliegt). Sieht man sich die Staffel an, ist das ja kein Wunder, auch wir waren stellenweise etwas unterwältigt. Da war ein ständig weinender Doctor, ein Woke-Faktor, der mit dem Hammer eingeprügelt wurde (zumindest das macht die aktuelle Folge deutlich besser, dazu unten mehr) und ein etwas enttäuschendes Mysterium, das hier aufgebaut wurde. Hinzu kam mit der “pupsenden Raumstation” ein Start, der, um es gelinde zu sagen, arg gewöhnungsbedürftig war und sicher nicht wenige Zuschauer wohl eher abgeschreckt haben dürfte. Dazwischen gab es auch Highlights, klar, aber es reichte am Ende eben nicht.
Schnell wurden Stimmen laut, nach Staffel 2 würde Disney den Stecker ziehen. Um an dieser Stelle mit einem generellen Missverständnis aufzuräumen, das man unter Fans dauernd hört: Disney GEHÖRT Doctor Who nicht! Disney macht den Vertrieb und beteiligt sich an den Kosten (was man im Budget deutlich sieht), die Rechte liegen aber weiter bei der BBC – die werden auch kaum ihr bestes Zugpferd einfach so aus der Hand geben. Ok, außer vielleicht Disney legt auch 4 Milliarden hin wie bei Star Wars…
Nichtsdestotrotz nutzte man die Marktkraft von Disney, um den Doctor gehörig zu pushen, und das ging eben gehörig schief. Kein Wunder also, dass man im Maushaus eher verhalten reagierte. Schnell folgte aber auch hier ein Dementi – es wäre noch nichts entschieden, erst nach Season 2 würde man über die Fortführung von Doctor Who entscheiden. Wie FLIPPS (der Youtube-Kanal) richtig herausgearbeitet hat, ist bis jetzt aber noch kein Vertrag unterschrieben worden, der aktuelle mit Disney läuft aber nach Season 2 aus. Um nächstes Jahr eine Season zu machen, hätte der Vertrag aber schon stehen, die Dreharbeiten in etwa zu dem jetzigen Zeitpunkt beginnen müssen. Das ist nicht passiert.
So oder so, nach Season 2 wird also eine Pause ins Haus stehen. Ob diese eher klein (Neuausrichtung) oder länger (Absetzung) ist, wird sich wohl nach Season 2 und den Klickzahlen zeigen. Am Ende regiert immer noch Geld die Welt und kein Studio macht etwas, weil die Fans es gerne sehen, sondern weil man damit Geld ins Haus holt. Eine immer noch traurige, aber wahre Tatsache.
Mit dem neuen Companion in die neue Season
Lange war spekuliert worden, wie es sich mit Sethus Charakter verhält. Kommt dieser aus der dritten Folge der ersten Staffel an Bord? Dort spielte Sethu noch eine Soldatin, und wer den Doctor kennt, der weiß, Soldaten kommen ihm eher nicht an Bord (auch wenn sie am Ende den Job an den Nagel gehängt hatte).
Mit Belinda Chandra wird nun eine Vorfahrin eingeführt, welche den Doctor künftig begleitet. Dabei wird immerhin auch Bezug auf die Folge BOOM genommen. Ist sie, wie Clara Oswald, ein neues “unmögliches Mädchen” oder hat das keine tiefere Bedeutung? Das werden wir sehen (oder auch nicht), persönlich hätte es diese Verbindung für mich aber nicht gebraucht und Belinda hätte auch ohne irgendwelche früheren Bezüge funktioniert. Immerhin spielt bei Star Trek ja auch Brent Spiner sämtliche Soong-Inkarnationen. Aber sei es drum.
Was Sethu hier aufspielt, kann sich sehen lassen und stellt “Boom” locker in den Schatten. Sie gibt dem Doctor Paroli (und nicht nur dem) und ist extrem schlagfertig. Dabei schwingen auch ein paar Botschaften mit, wie “entscheide nicht über meinen Körper oder was ich tue” oder sogar “teste nicht einfach meine DNS”, was der Doctor ja auch gerne tut. Und ja, man muss es an der Stelle so deutlich sagen: so geht wokeness. Nicht mit dem Holzhammer eines homosexuellen Doctors oder ähnlichem, sondern subtil, als wäre es “etwas Normales”. Denn da müssen wir hin, dass es etwas “normales” wird. Aber ich schweife ab.
Jedenfalls hat mir Sethu hier so gut gefallen, dass ich mehr als einmal das Gefühl hatte, sie kann Gatwa an die Wand spielen (und hat das hier stellenweise sogar getan). Während Gatwa wieder einmal weinen darf, klappt die Einführung von Belinda derart intensiv, dass sie sofort alle Sympathien auf ihrer Seite hat. Gatwas Doctor spielt halt so, wie er immer spielt bzw. die letzte Staffel über. Emotional ja, das ist ja in Ordnung, es ist mir aber selbst in der kurzen Heulszene hier (wieder einmal) zuviel. Auch gefällt, dass Belinda am Ende eben nicht die typische Companion ist, die gleich mit auf Abenteuer gehen will, sondern schlicht wieder nach Hause will. Dass es dann nicht klappt, kann man als konstruierten Drehbuch-Zufall abtun (oder als neues Staffel-Mysterium), muss man an der Stelle aber mal schlucken. Wo es hinführt, wird sicher spannend zu sehen sein.
Achja, frühere Bezüge betrifft auch Mrs. Flood. Die war ja schon in der ersten Staffel seltsam und hatte am Ende deutlich gemacht, dass sie Dreck am Stecken hat – auch hier redet sie wieder direkt in die Kamera. Mal sehen, ob wir in dieser Staffel mehr zu ihr erfahren.
Der Roboter-Planet
Zugegeben, bei der Landung der Roboter musste ich gleich an das Special um den Meep denken, immerhin sieht das auf den ersten Moment ähnlich aus. Die Roboter an sich sind da auch etwas seltsam aufgestellt. Also seltsam im Sinne von: eigentlich sieht man ihnen ja an, dass sie billig gemacht wurden. Der Putzroboter bei mir zuhause sieht z.B. viel moderner aus, als alle Roboter auf dem Belinda-Planeten, die irgendwie wie aus den 70ern oder gar 50ern wirken (so süß der Putzroboter auch sein mag!).
Dafür sieht der Rest der Folge aber einfach top aus und man sieht die Künstlichkeit mancher VR-Screen-Aufnahmen gar nicht mal so deutlich. Auf jeden Fall besser, als noch zur “pupsenden Raumstation”, dem Einstand der letzten Staffel. Vor allem der cyborgifizierte Alan (hat noch jemand Borg-Vibes?) ist einfach grausig gut gelungen. Erinnert sich noch jemand an “Superman III”, als die Schwester des Bösewichts in einen Roboter verwandelt wurde? Das war eine Szene, die mir damals als 12-Jähriger eine Riesenangst machte (ich sah den Film erst Anfang der 90er). Vor allem wirkte der “Roboter” damals richtig echt. Das ist nichts im Vergleich zu dem Roboter aus dieser Folge. Wenn das damals schon so ausgesehen hätte… brr. Also anders gesagt: einfach klasse, das Setdesign, sieht man von erwähnten Mängeln ab.
Natürlich musste man auf dem Trip zu Belinda auch noch ein paar Zeitverwerfungen einbauen – oder wird hier auch wieder ein Mysterium aufgebaut? Zeitrisse hatten wir leider schon in mehreren früheren Staffeln also hoffentlich bleibt das ein einmaliges Phänomen dieser Folge. Als Erklärung für das Plakat aber akzeptabel und auch dass der Doctor dort festsitzt und quasi eine Rebellion aufbaut (oder zumindest unterstützt) gefällt. Etwas wenig gemacht wurde aber aus dem “Sie hören jedes neunte Wort nicht”, das zwar ein netter Aufhänger ist, dann aber wieder in Vergessenheit gerät. Und dass alle Redshirts, pardon, Widerstandsmitglieder im Thronsaal draufgehen, ist auch wieder ein derartiges Klischee, dass es so nicht gebraucht hätte. Aber klar, wir brauchen ja auch einen emotionalen Moment mit Sasha-55 für den Doctor. Na gut, schauen wir über diesen Fauxpas mal hinweg und gehen weiter.
Immerhin punkten dafür so nette Ideen wie die Röntgendecke (und dass man diese hier dem Doctor anlegt), oder eben dass es Belinda ist, die die Roboter dann wieder ins Widerstandsnest holt. Über Alan kann man sicherlich etwas streiten (und dass er aufgeputzt wird, war zumindest mir sowas von klar…), aber auch das passt schon, da das starke Spiel von Sethu das hier halt sehr gut kaschiert. Okay, zugegeben, auch der Friedensschluss am Ende geht ein wenig schnell, aber da hatte man dann halt einfach keine Zeit mehr in einer 45-Minütigen Folge. Auch das ist ja nichts Neues.
Wohin die weitere Reise geht, werden wir also sehen müssen. Ach ja, hab ich schonmal erwähnt, dass die blöden “Nächstes Mal”-Ausblicke mehr als nerven? Ich weiß, das ist bei britischen Serien üblich, verdirbt mir aber regelmäßig etwas das Ende, da ich generell nichts zu nächster Woche wissen will. Aber das empfindet jeder anders. Und die Zerstörung der Erde mal wieder anteasern.. okay, kann man machen, hatten wir aber auch schon zigmal.