Ein neuer Äraübergreifender Star Wars-Comic.
Kurzrezension: Star Trek: Picard 3×02 – “Disengage”
Das Abenteuer von Admiral Picard und Captain Riker auf der U.S.S. Titan geht weiter. Lest hier unsere spoilerfreie Rezension zu Episode 3×02 “Disengage”.
Was meinen wir mit “spoilerfrei”?
Es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen dazu, was “spoilerfrei” bedeutet. Damit ihr selbst entscheiden könnt, ob ihr die Rezension vorab lesen möchtet, machen wir hier transparent, was wir darunter verstehen:
- Wir verraten keine wichtigen und unerwarteten Wendungen der Handlung bzw. Informationen über die fiktiven Welt und ihre Figuren.
- Was im Vorfeld durch Vorschauclips und Trailer gezeigt wird, ist kein Spoiler.
- Was im Cold Open (vor dem Vorspann) bzw. im ersten Akt (bei Episoden ohne Cold Open) passiert, ist kein Spoiler.
- Handwerklichen Aspekte (Schauspiel, Drehbuch, Bühnenbild, Soundtrack, Spezialeffekte) sind keine Spoiler, sofern sie nichts Wichtiges über die Handlung verraten.
Disengage
Die S.S. Eleos mit Picard, Riker und den beiden Crushers an Bord ist einem unbekannten aber vielfach überlegenen Schlachtkreuzer ausgeliefert. Als eine Torpedosalve das angedockte Shuttle der Titan zerstört, verliert die Crew ihre letzte Rückzugsmöglichkeit. Schnell wird klar, dass das Ziel der Angreifenden Jack Crusher ist.
Handlung
In “Disengage” setzen Autoren Christopher Monfette und Sean Tretta die beiden bekannten Storystränge fort. Während im Ryton-System Picard und Co. Bekanntschaft mit Captain Vadic machen, verfolgt Agent Musiker eine Spur, um die Drahtzieher des Anschlages auf M’Talas Prime ausfindig zu machen.

Vorweg: Die äußere Handlung von “Disengage” zeigt wie üblich ein paar kleinere Schwächen. Picards und Rikers Versuche, die Eleos gegen Vadic zu verteidigen sind überraschend wirkungsvoll. Und Shaw scheint sich die ganze Folge nicht entscheiden zu können, ob er Seven vertrauen oder aus dem Verkehr ziehen will. Aber das sind vergleichsweise belanglose Kleinigkeiten, die angesichts des interessanten Kernproblems, das die Episode behandelt, verziehen werden können.
Während die Agentenstory um Raffi nach wie vor eher zweckmäßig vor sich hinplätschert, hat der A-Plot einen klaren Handlungs- und Spannungsbogen. Sowohl die Eleos als auch die Titan sind Captain Vadics Raumer Shrike hofflungslos unterlegen, was die Auslieferung Crushers zu einem wahren Dilemma macht, das vor dem Hintergrund einer tickenden Uhr beantwortet werden muss.
Damit begibt sich “Star Trek: Picard” auch erstmals in Gefilde moralischer Ambivalenz. Denn wie wir bereits im Auftakt der Episode erfahren, hat Jack Crusher einiges auf dem Kerbholz. Außerhalb des Föderationsraumes könnte es tatsächlich legitime Gründe für Strafverfolger und Kopfgeldjäger geben, den jungen Mann festzunehmen.
So müssen direkt zwei Spannungsfelder diskutiert werden: Erstens die utilitaristische Abwägung des Wohles von 500 Besatzungsmitgliedern der Titan gegenüber dem Wohl des einzelnen Jack Crusher. Und zweitens die deontologische Frage, ob es auch außerhalb der eigenen Jurisdiktion geboten ist, einem Kriminellen Asyl gegenüber einer Strafverfolgung zu gewähren, die vermutlich vor inhumanen Strafen nicht zurückschreckt.
Zwar investiert “Disengage” vergleichweise viel Zeit in die Diskussion dieser Dilemmas, zu meiner anfänglichen Verwunderung bleibt sie aber inhaltlich recht oberflächlich. Der Grund dafür ist, dass die vordergründigen moralischen Aspekte von einer persönlich-emotionalen Frage begleitet werden: Picards Verhältnis und Pflichtgefühl gegenüber Jack als Beverlys Sohn.

Die B-Story ist leider erneut eine zähe und vorhersehbare Angelegenheit, deren Hauptzweck darin zu bestehen scheint, einen weiteren Charakter einzuführen. Raffi bewegt sich von einer unerfreulichen Begegnung zur nächsten, wobei der Plot ihrer Handlung von Sackgasse zu Sackgasse mäandert.
Charaktere und Dialoge
Viel wurde darüber geschrieben und erzählt, dass man in Stewarts Spiel die energischen Qualitäten von Captain Picard vermisse. Mit “Disengage” wird klar: Das war eine bewusste Entscheidung von Stewart, nicht Altersmüdigkeit. Mit der wachsenden Bedrohung auf der Eleos ist Picard plötzlich wieder “voll da”. Mit fester Stimme, Umsicht und Entschlossenheit spielt Stewart einen Jean-Luc Picard, der auch einer vermeintlich ausweglosen Lage gewachsen ist.
Von der ersten bis zur letzten Szene bekommen Fans einen Picard, wie ihn viele seit “Nemesis” vermisst haben. Allerdings gibt es diesen Jean-Luc Picard nicht exklusiv. Die zutiefst persönliche Komponente der A-Story gibt Stewart Gelegenheit, auch Picards Verletzlichkeit und inneren Konflikt zu zeigen. In den letzten Szenen der Episode kommuniziert Stewart mit einem Blick mehr, als in manchen minutenlangen Szenen zuvor gesagt wurde.
Die Episode gibt uns auch erstmals Gelegenheit Captain Shaw besser kennenzulernen und einen Eindruck von seinen Entscheidungsprozessen zu gewinnen. Leider komme ich aus der Episode teils verwirrt, teils ernüchtert heraus. Das Gute vorweg: Shaw ist ein kompetenter Captain und gegen Ende der Episode überrascht er mich damit, offenbar für unterschiedliche Eventualitäten Vorkehrungen getroffen zu haben, auch solche, die er vorher kategorisch ausgeschlossen hatte.

Allerdings ist Shaw in dieser Folge als Paragraphenreiter und Utilitarist gezeichnet, der naiv Leben abzählt und gegeneinander rechnet. Das ist eine intellektuell eher unspannende Grundhaltung, die sich leicht aushebeln lässt (Minuspunkte für Will Riker, der das zwar erkennt, aber außer allgemeiner Empörung kein substantielles Argument für eine deontologische Gegenposition vorbringen kann). Wenig glaubwürdig finde ich zudem, dass Seven ihn mit einem Appell an seine Eitelkeit relativ einfach dazu bringen kann, eben diese utilitaristischen Prinzipien in einer frühen Schlüsselszene der Folge über Bord zu werfen.
Ein echtes Highlight ist Amanda Plummer als Captain Vadic, die sie als wahre Psychopathin mit herrlicher Hingabe spielt. Kindlich verspielt, intelligent und sadistisch zugleich ist sie eine tolle Gegenspielerin, die ab der ersten Szene völlig mühelos auf Augenhöhe mit Stewart und Stashwick parliert, wenn nicht gar die Szenen stiehlt. Auch wenn wir wenig über Hintergrund und Motivation der Figur erfahren, ist aber schon nach diesem ersten Auftritt klar, dass Amanda Plummer die beste Besetzung für eine Antagonistin seit Richardo Montalbans Khan ist. Sie kann sicherlich die ein oder andere Unebenheit im Drehbuch überspielen und vergessen machen, wenn es darauf ankommt.
Inszenierung
Wie auch der Pilot wird diese Episode von Douglas Aarniokoski in Szene gesetzt. “Picard” wagt sich erstmals bewusst in eher klassische Gefilde des “Star Trek”-Storytellings und Aarniokoski inszeniert dies unaufgeregt und kompetent. Obwohl das Dilemma interessant und persönlich zugleich ist und vor dem Hintergrund einer tickenden Uhr gelöst werden will, mag sich aber das letzte Quantum Spannung nicht einstellen. Im A-Plot ähnelt “Disengage” damit im Guten wie im Schlechten von der Dramaturgie einer “The Next Generation”- oder “Voyager”-Episode wie keine andere in “Picard”.
Dagegen fällt die B-Handlung auf M’Talas spürbar ab. Raffi geistert durch die immer gleichen Winkel des offenbar winzigen Sets von District 6. Es kommt dabei keinerlei Spannung auf. Ich weiß nicht, ob es objektiv so ist, aber gefühlt verbringt “Disengage” deutlich mehr Zeit auf M’Talas Prime als die erste Episode.

Eine unterwartete Schwachstelle der Folge sind die visuellen Effekte. Zwar hat “Disengage” spektakuläre Ideen, was sich mit modernen Mitteln im Genre umsetzen lässt, aber mit der künstlerischen Umsetzung hadere ich. Ein frühes Beispiel ist die Darstellung eines Traktorstrahls. Statt des üblichen in Streifen changierenden Lichtkegels erscheint er in “Disengage” als elastisch wabernder Wirbel aus übersättigten Wolkenfetzen. Der Effekt wäre einem Fantasy- oder Superheldensetting angemessen, in “Star Trek” empfinde ich ihn als unpassend.
In der diffusen Beleuchtung des Raumdocks und der Warpsterne der ersten Folge fiel mir ein weiteres Problem nicht negativ auf, das in “Disengage” aber ins Auge sticht: “Picard” hat ein Beleuchtungs- und Materialproblem was die Raumschiffe anbelangt. Die Schiffe glänzen unnatürlich stark und es streut zu wenig Licht auf den Oberflächen. Die Hülle der Titan scheint die Beschaffenheit einer blanken Blechbüchse zu haben, die Shrike glänzt wie ein Plastikspielzeug – das wirkt unnatürlich.
Sicherlich weiß niemand von uns, welche optischen Eigenschaften Hightech-Materialen für den Raumschiffbau im 25. Jahrhundert haben werden. Aber der Look von “Picard” hat sich spürbar von der Ästhetik realer NASA-Aufnahmen oder “naturalistischer” Klassiker wie Stanley Kubriks “2001” entfernt und lehnt sich nun stärker an Comicverfilmungen und Videospiele an (Anzeichen dafür fanden sich auch schon in dem Staffel-2-Finale “Farewell”). Das ist im Wesentliche eine Geschmacksfrage. Aber diesem Rezensenten, der auch ansonsten nichts dagegen hätte, wenn “Star Trek” die wissenschaftlichen Aspekte seines Science-Fiction-Settings ernster nehmen würde, gefällt der stilistische Schwenk nicht.
Unabhängig von dieser B-Note muss man der Episode abermals bescheinigen, fantastische Bilder und Klangwelten auf Bildschirm und Boxen zu zaubern. Das Finale der Episode ist zudem ein Versprechen darauf, dass wir nächste Woche noch bedeutend mehr zu staunen haben werden.
Beobachtungen

- Die Eleos ist ein Schiff der Mariposas, der medizinischen Hilfsorganisation, die auf Theresa und Rios zurückgeht.
- Das Shuttle, mit dem Picard und Riker zur Eleos geflogen kamen, hieß Saavik.
- Sneed ist gut vernetzt. Laut Computer-Anzeige gehören zu seinen Kontakten Morn, Quark, Brunt und Captain Okona
- Sneed wird von von Aaron Stanford gespielt. Der Schauspieler ist bekannt als James Cole aus “12 Monkeys”, der Serie von Terry Matalas, in der er gemeinsam mit Todd Stashwick (Captain Shaw) vor der Kamera stand.
- James Cole ist auch einer der Decknamen unter denen Jack Crusher operiert.
- Wo wir gerade dabei sind: “Splinter” ist nicht nur der Name des speziellen “Cocktails” von Sneed, sondern auch die umgangssprachliche Bezeichnung der Zeitreisetechnologie aus “12 Monkeys”.
- Die Ankunft der Titan-A erinnert stark an das Eintreffen der Enterprise-E bei der Schlacht von Sektor 001 in “First Contact“
- Vadic ist gut informiert. Es tun sich direkt mehrere Fragen auf. Nicht zuletzt, warum sie im Gegensatz zu ihrer Crew keine schwarze Kutte mit weißer Vogelmaske trägt.
- Raffi scheint eine echte Todessehnsucht zu haben. Die zweite Episode in Folge fragt sie sich wenig subtil und sehr aggressiv in der Unterwelt durch. Ist das die Idee der Sternenflotte von Geheimdienstarbeit?
- Hat niemand Jack Crusher gescannt, als er an Bord kam? Verschiedene Aspekte der Handlung von “Disengage” hätte man sehr viel einfacher und schneller auflösen können, wenn jemand mal einen Tricorder zur Hand genommen hätte.
- Das Ende der Folge verwundert mich ein wenig, weil sie den Eindruck erweckt, Shaw hätte sich und die Brückencrew bewusst auf diesen Ausgang der Ereignisse vorbereitet. Dabei hatte er zuvor Picard eine Abfuhr erteilte, als dieser mit ihm über genau diese Möglichkeit sprechen wollte. Ich unterstelle, dass Shaw sehr wohl mit allen Eventualitäten geplant hat und Picard einfach auflaufen ließ.
Mit Rücksicht auf die Leser:innen, die die Episoden noch nicht gesehen haben, bitten wir in den Kommentaren zu diesem Beitrag auf Spoiler zu verzichten. Danke!
On Screen: Serien-Podcast
Schaut mit uns gemeinsam, holt euch die Redaktion des TrekZone Networks auf die Fernsehcouch! Zu jeder Folge “Picard” gibt es bei uns einen Live-Kommentar. Wir klicken zur selben Zeit auf PLAY, und los geht’s!
Wartet nicht auf DVDs oder Blu-rays, bei uns werdet ihr direkt mit unnützem Wissen, Hintergrundinformationen und wilden Fantheorien versorgt.
Rezension: “Die tausend Leben des Ardor Benn”
Ein neuer Fantasy-Roman bei uns im Review.
Inhalt (Klappentext)
Gentleman. Gauner. Legende. Ardor Benn ist kein gewöhnlicher Dieb. Er ist gerissen, ehrgeizig und ein Meister des komplexen Coups. Sich selbst bezeichnet er gerne als “außergewöhnlichen Gentleman-Gauner”. Als ein Priester ihn für den bislang riskantesten Job seiner Karriere anheuert, weiß Ardor nur zu gut, dass er dafür mehr als Schlagfertigkeit und Taschenspielertricks benötigt. Er stellt daher eine illustere Truppe aus Fälschern, Täuschern, Intriganten und Dieben zusammen und macht sich daran, den mächtigsten König zu bestehlen, den das Reich je gesehen hat. Doch schon bald wird klar, dass hier mehr auf dem Spiel steht als Ruhm und Ehre – Ardor und seine Leute könnten die letzte Hoffnung der gesamten Menschheit sein.
Kritik
Mit den “Tausend Leben des Ardor Benn” wird ein neues Fantasyabenteuer vorgelegt, das mit 800 Seiten recht massiv geworden ist. Hier wird uns eine neue Fantasywelt präsentiert, die auf einigen Inseln spielt. Und wie in anderen Fantasywelten, so gibt es auch hier einige, nunja, magische Sachen. Der beste Stoff, den es in der Welt von Ardor gibt ist das sogenannte Drachenmalm. Das wird aus den Überresten von Drachen hergestellt (oder anderen Dingen) und hat unterschiedliche Eigenschaften. Aus Drachenflügeln wird z.B. Federmalm gewonnen, das einen schweben lässt, wobei es immer sogenannte Malmsphären gibt, die sich als Kugel um den Anwender schließen. Und diesen Malm gibt es in unterschiedlichen Ausführungen, was im Laufe der Geschichte noch wichtig wird.
In diese Welt kommt Ardor Benn, der selbsternannte Meister von List und Tücke. Eigentlich will er nur ein paar Diebeszüge machen, wird aber von einem Priester für eine sehr wichtige Mission angeheuert, die sich zu etwas entwickelt, womit er sicher nicht gerettet hätte. An dieser Stelle will ich zu einigen Sachen der Story nicht zu sehr ins Detail gehen, da hier doch ein paar überraschende Wendungen drin sind, die man selber erleben sollte Natürlich erst, wenn die Story in Gang gekommen ist, womit wir auch schon bei den Mankos wären.
Denn vor allem zu Beginn braucht man etwas Sitzfleisch (respektive Lesefleisch). So richtig Fahrt nimmt die Handlung erst nach ca. 200 bis 300 Seiten auf, dann wird sie aber richtig gut. Keine Sorge, es sind dann immer noch über 500 Seiten da, die richtig gut abgehen, sofern man sich eben nicht vom Beginn etwas hat abschrecken lassen. Und das dieser Beginn nicht funktioniert, liegt an zwei Dingen.
Zum einen werden ein paar altbekannte Klischees bedient. So heuern Ardor und sein Partner Raek eine Diebin an, die ihnen helfen soll und es kommt, wie es kommen muss: Sie und Ardor kommen sich näher und schmachten sich fast von Beginn an an. Das ist halt so völlig Klischee, das man hier nur die Augen verdrehen kann. Auch das Ende und die Trennung wirkt an der Stelle dann etwas abrupt und zerstört eigentlich einiges an Charakterentwicklung, die im Laufe des Bandes aufgebaut wurde. Aber dazu kommen wir gleich noch im Detail.
Der zweite Punkt ist, das unser Meister von List und Tücke eben aus dem Bauch heraus agiert und dabei in einige lustige Situationen gerät. Vor allem zu Beginn des Buches ist halt offensichtlich, das man hier eher die Comedy-Schiene bedienen will und Situationen präsentiert, aus denen Ardor sich herausquatschen muss. Nun funktioniert Humor aber auf den geschriebenen Seiten nicht so gut wie etwa im Fernsehen, da muss man schon das Kaliber eines Douglas Adams auffahren. Dies gelingt hier leider nicht, auch wenn man sich einige der hier gezeigten Situationen durchaus bildlich vorstellen und eruieren kann, wie sie etwa auf der Mattscheibe wirken würden.
Das hat zum Glück auch der Autor gemerkt und schwenkt eben nach diesem erwähnten Beginn um. Zwar ist Ardor immer noch flapsig unterwegs, es ist dann aber harmonischer in die Welt eingefügt als zuvor. Und dann konzentriert man sich im weiteren Verlauf der Geschichte auf das, was man in einem Buch machen sollte: Charakterszenen. Hier entwickelt sich vor allem der Titelgebende Ardor von einem Gauner zu einem verantwortungsbewussten Mann, was man ihm auch in jeder Sekunde abnimmt, immerhin verfolgt man dies ja live. Doch auch seine Weggefährten bekommen genug Szenen spendiert, in denen sie glänzen können. Ja, selbst die Bösewichte bekommen, wenn auch nicht derart tief wie unsere Helden aber immerhin, etwas Profil verpasst.
Zudem werden im Setting gute und abwechslungsreiche Schauplätze eingeführt, die schon fast zwei Bände hätten füllen können. Und dann gibt es da auch noch die Verbindung zu Ardors Vergangenheit, die ebenso zu gefallen weiß und hier nicht gespoilert werden soll. Denn ebenso wie das Ende ist das durchaus eines der Highlights der Geschichte. Wobei wir den Bogen zum Ende noch schlagen müssen.
Denn dort gibt es dann wieder ein paar Schnitzer. Zum einen eben das erwähnte Ende mit Quarrah und zum anderen eine Szene, die an die Konsequenzlosigkeit anderer großer Franchises (Hallo, Marvel!) erinnert. Ohne zuviel zu verraten, passiert etwas, das Ardor etwas aus der Bahn wirft, ihm aber hilft, zu sich zu finden. Leider wird das dann am Ende wieder zunichte gemacht und negiert. Nicht falsch verstehen, persönlich finde ich es gut, das man diesen Weg gegangen ist, ist die Charakterdynamik zwischen Raek und Ardor doch mit das Beste an dem Band, es hinterlässt aber durchaus einen schalen Nachgeschmack.
Zweitrezension: Star Trek: Picard 3×01 – “Die nächste Generation”
Mit “Die nächste Generation” startet “Star Trek: Picard” ähnlich vielversprechend in die dritte Staffel wie zuvor schon mit “Gedenken” (PIC 1×01) und “Die Stargazer” (PIC 2×01). In die überschwänglichen Lobeshymnen will der Rezensent allerdings (noch) nicht einstimmen. Lest hier unsere zweite SPOILER-Rezension.

Handlung
Picard (Patrick Stewart) und Laris (Orla Brady) bereiten ihre Abreise nach Chaltok IV vor, wo Laris die Sicherheitsvorkehrungen für eine diplomatische Konferenz organisieren soll. Wenig später empfängt der Admiral a.D. über seinen alten Enterprise-D-Kommunikator einen codierten Notruf, der von einer alten Freundin stammt: Dr. Beverly Crusher (Gates McFadden).
Beverlys Schiff, die S.S. Eleos XII, wurde von unbekannten Aggressoren geentert. Bei dem Versuch, die Invasoren abzuwehren, wird die ehemalige Ärztin der Enterprise-D und E scheinbar schwer verletzt. In ihrer Verzweiflung wendet sie sich an Picard, mit dem sie seit über 20 Jahren kein Wort mehr gewechselt hat. Sie warnt ihn vor einer Verschwörung und möchte nicht, dass Picard die Sternenflotte informiert.
Picard nimmt daraufhin Kontakt zu seinem alten Freund Captain William T. Riker (Jonathan Frakes) auf, mit dessen Hilfe er Beverlys Aufenthaltsort im Ryton-System, etwas außerhalb des Föderationsgebietes, lokalisiert. Unter einem Vorwand – einer unangekündigten Routineinspektion – gelangen Picard und Riker als Gäste an Bord der neuen U.S.S. Titan NCC-80102-A, wo sie den Kommandanten, Captain Liam Shaw (Todd Stashwick), zu einem kleinen Abstecher in das Ryton-System überreden wollen. Als der renitente Shaw dies ablehnt, lässt der Erste Offizier der Titan, Commander Annika “Seven of Nine” Hansen (Jeri Ryan), den Kurs eigenmächtig ändern.
Im Ryton-System angekommen, fliegen Picard und Riker mit einem Shuttle zur Eleos, wo sie die schwer verletzte Beverly in einer Stasiskammer vorfinden – und ihren bisher unerwähnten zweiten Sohn (Ed Speelers), der bei der Attacke unverletzt geblieben ist. Kurz darauf wird die Eleos erneut von den Fremden umzingelt.
Derweil ist Starfleet Intelligence-Offizier Commander Raffi Musiker (Michelle Hurd) als Undercover-Agentin auf M’talas Prime aktiv. Raffi soll eine experimentelle Waffentechnologie ausfindig machen, die vor einiger Zeit von einer Außenstelle des Daystrom-Instituts gestohlen wurde. Während ihrer Recherchen stößt sie auf eine geplante Verschwörung gegen die Sternenflotte. Und auf den Codenamen “Red Lady”, hinter dem sich die Captain Rachel Garrett-Statue auf dem Gelände des Sternenflotten-Rekrutierungszentrums auf M’talas Prime verbirgt. Als Raffi dort ankommt, wird sie Zeuge eines massiven Terroranschlags auf die Sternenflotteneinrichtung.
Transparenzhinweis: Der Autor dieser Rezension hat bisher noch keine Screener der übrigen neun Staffel-Episoden gesehen und verfügt demnach über keine zusätzlichen Plot-Kenntnisse.
Drehbuch & Dramaturgie
Das Drehbuch zu “Die nächste Generation” stammt von Showrunner Terry Matalas höchstpersönlich, der hier einen soliden Staffelauftakt abliefert. Ihre Hauptfunktion, die Grundlagen für eine spannende Staffel-Story zu legen, erfüllt die Episode allemal. Ein absoluter Pluspunkt des Drehbuchs ist sicherlich das Verzichten auf einen langwierigen Prolog. Stattdessen nimmt die Story sofort Fahrt auf. Bei lediglich zehn Staffel-Episoden und zahlreichen Protagonisten und Nebenfiguren ist das zweifellos eine weise Entscheidung.
Inhaltlich und formal sollte man allerdings keine Quantensprünge erwarten, folgen Story und Implementierung hier doch recht auffällig dem Muster von “The Star Gazer” (PIC 2×01): Picard empfängt einen Notruf, der an ihn persönlich gerichtet ist. Daraufhin verlässt er sein gemütliches Rentnerdasein auf dem Château Picard, startet ein Team-Up mit alten Weggefährten, organisiert sich ein Raumschiff und wird im Episodenfinale mit einer unbekannten und gefährlichen Bedrohung konfrontiert. Nebenbei gibt es dann auch noch einen actionreichen Phaser-Schusswechsel. Ein kleines Déjà-vu hatte ich demnach schon, als ich die Folge sah.
Gleichwohl setzt “Die nächste Generation” an einigen Stellen auch eigene Akzente. Zu nennen ist hier vor allem das Zweiergespann Picard/Riker, das durch die Episode trägt und gerade den langjährigen Fans enorme Freude bereiten dürfte. Matalas ist es gelungen, die über knapp 40 Jahre gewachsene Beziehung zwischen dem ehemaligen Captain der Enterprise und seiner langjährigen “Nummer Eins” authentisch und verdammt sympathisch einzufangen – auch unter veränderten Vorzeichen. Insbesondere die Dialogzeilen von Captain Riker sind passgenau, witzig und stimmungsbildend.
Aber auch in Sevens neuer Rolle als Erster Offizier der Titan-A steckt Potential. Gleiches gilt für Captain Liam Shaw, der hier als eine Art “Soft-Villain” eingeführt wird. Das Abendessen bei angespannter Atmosphäre gehört definitiv zu den stärkeren Momenten der Episode. Die Anleihen aus “Star Trek VI: Das unentdeckte Land” sind zwar offensichtlich, aber dennoch trifft man hier einen ganz eigenen Ton.

Etwas ärgerlich sind leider diverse Logiklöcher im Drehbuch. Das mittlerweile fast schon obligatorische Lazy Writing aus den ersten beiden Staffeln hat es leider auch bis in die Auftaktepisode der dritten Staffel geschafft, wenn auch in einem erträglichen Maß. Die verschiedenen Wegmarken der Handlung basieren oft auf Zufällen, angefangen bei Crushers Notruf bis hin zum Zeitpunkt von Picards und Rikers Ankunft auf der Eleos.
Zudem ist Rikers Titan-Plan (und vor allem dessen Umsetzung) wenig überzeugend. Allerdings scheint dies vom Autor durchaus beabsichtigt zu sein, denn letztendlich lebt die starke Dinner-Szene von genau dieser Unzulänglichkeit. Nichtsdestotrotz kratzt man damit natürlich auch ein wenig an Picards und Rikers Image der Genialität, das in den 15 Jahren “Star Trek: The Next Generation” (1987-2002) so wunderbar aufgebaut wurde. Das finde ich nicht ganz unproblematisch, auch wenn hier natürlich die Stilelemente Humor und Selbstironie zum Einsatz kommen (“Star Trek VI” lässt abermals grüßen).
Auch Sevens Befehlsverweigerung ist für mich nur bedingt nachvollziehbar. Loyalität und Freundschaft hin oder her, aber das Drehbuch hat es sich hier dann vielleicht doch etwas zu leicht gemacht. Seven ist eigentlich klug genug, sich in einem solchen Fall einen findigen Plan B zu überlegen. Die Handlung wirkt an dieser Stelle folglich etwas konstruiert – und auch gehetzt.
Auffällig konstruiert erscheint mir auch die “Hellbird”-Geschichte, denn das war so in “The Best of Both Worlds” gar nicht zu sehen gewesen. Kein Drama, aber vielleicht wäre hier auch noch eine passendere Erklärung möglich gewesen.
Sei’s drum, deswegen wird die Episode nicht zwangsläufig schlechter. Allerdings ist die Dramaturgie der Folge insgesamt doch recht unspektakulär. Hierin spiegelt sich allerdings ein generelles Problem des horizontalen Erzählens wider: Den Einzelepisoden fehlt oftmals die ausgewogene vertikale Erzählstruktur einer klassischen Stand-alone-Episode mit Hinführung, Drama, Klimax und Epilog. Ohne ein spezifisches Topic fehlt der Episode leider ein Fixpunkt, an welchem sich ein Spannungsbogen mit unerwarteten Wendepunkten oder erzählerischen Ösen, die dem Zuschauer neue Perspektiven eröffnen, entwickeln kann. Die Episode wird mir daher lediglich als Nostalgietrip in Erinnerung bleiben, nicht aber als eigenständige Geschichte mit Tiefgang.

Grundsätzlich interessant, aber (noch) nicht wirklich mitreißend, fällt nämlich auch die B-Story um Raffi auf M’talas Prime aus. Mal wieder ein generischer Unterwelt-Planet (der genauso wie Freecloud aussieht). Mal wieder ein Plot Device (Quantentunnel-Technologie). Mal wieder eine Verschwörung. Mal wieder Terroranschläge. Mal wieder dubiose Orioner, die sich so langsam (abgesehen von Tendi in “Lower Decks”) zum abgedroschenen Weltraum-Gangster-Klischee entwickeln. Aber natürlich gilt auch hier: Folge 1 von 10! Die Story hat gewiss ihren Reiz, aber auch hier sehe ich erneut starke Parallelen zu Staffel 1. Und somit leider auch nur wenig Mut zu Neuem.
Ob die unbekannten Angreifer eine neue oder bereits bekannte Bedrohung sind, wird sich im Staffelverlauf zeigen. Einige bereits veröffentlichte Episoden-Teaser lassen auf eine alte Bedrohung aus TNG-Zeiten schließen. Die seltsamen Laute der Aliens erinnern mich jedenfalls ein wenig an die Solanogen-Aliens aus “In den Subraum entführt” (TNG 6×05). Aber auch die Aliens aus “Die Verschwörung” (TNG 1×25) und “Gefahr aus dem 19. Jahrhundert” (TNG 5×25 / TNG 6×01) könnten hier mit in der Verlosung sein.

Zusammengefasst: “Die nächste Generation” ist enorm kurzweilig und erheiternd, in der inhaltlichen Tiefe aber bestenfalls durchschnittlich. Suboptimal gewählt finde ich zudem den Episodentitel, der logischerweise einen Ausblick auf die gesamte Staffel geben soll (inklusive Nostalgie-Faktor), bezogen auf die Handlung aber etwas konstruiert wirkt. Natürlich kann man hier einiges hineininterpretieren: Eine neue Generation von Schiffen, die die “klobige” Galaxy-Klasse abgelöst hat (wobei ich die Enterprise-D im Vergleich zur Titan-A deutlich schlanker und ästhetischer finde). Eine neue Generation von Captains (Shaw), die vermeintlich unnötige Risiken scheuen und Leute wie Picard und Riker für Relikte einer obsoleten Starfleet-Epoche halten. Und natürlich die direkten Abkömmlinge unserer “Next Generation”, namentlich Sidney La Forge (Ashlei Sharpe Chestnut) und Crushers geheim gehaltener (zweiter) Sohn (Ed Speelers). Und dennoch wäre ein eher generischer Titel wie “Distress Call” oder auch “Codeword: Hellbird” hier deutlich passender gewesen.
Charaktere
Die große Stärke des Staffelauftakts sind die Figuren und ihre zwischenmenschlichen Dynamiken. Das gilt sicherlich nicht unbedingt für alle Charaktere, aber doch für die meisten.
Laris
Hinsichtlich des aktuellen Beziehungsstatus von Picard und Laris lässt uns die Folge leider weitestgehend im Dunkeln. Klar, sie sind wohl (endlich) ein Paar. Aber sind sie auch schon verheiratet? Laut offiziellen Angaben spielt die Handlung ebenfalls 2401, also nur wenige Monate nach Staffel 2. Es wäre schön gewesen, hier noch etwas mehr Infos zu erhalten.

Was Laris betrifft, habe ich – wie schon bei Zhaban in Staffel 2 – das Gefühl, dass diese Figur in der neuen Staffel als störende Altlast betrachtet wird und schnellstmöglich rausgeschrieben werden soll. Vor dem Hintergrund der mehrfach angeteaserten Picard-Crusher-Beziehungsgeschichte und dem Umstand, dass Laris die Sicherheit einer diplomatischen Konferenz (!) managen soll, riecht es förmlich nach Laris’ baldigem Serientod. Möglicherweise durch einen weiteren Terror-Anschlag? Mal sehen. Die Abschiedsszene sah jedenfalls auffällig endgültig aus.
Dr. Beverly Crusher
Von Dr. Crusher sehen wir zwar noch nicht viel; aber das, was zu sehen ist, zeigt definitiv eine neue Facette von ihr. Dass Crusher nicht nur mit dem Laserskalpell umgehen kann, sondern auch mit dem Phaser, wissen wir schon seit TNG-Zeiten. Und dennoch hat es mich überrascht, wie kaltblütig sie hier einen wehrlos am Boden liegenden Eindringling vaporisiert. Wenn man bedenkt, wie vehement sich Crusher früher für jedes Lebewesen eingesetzt hat – darunter auch Terroristen oder Borg – dann liegt es nahe, dass Crusher in den vergangenen Jahren durch irgendetwas massiv abgehärtet wurde. So massiv, dass ihr sogar eine ihrer Grundtugenden abhanden gekommen sein könnte: bedingungslose Empathie. Positiv ist an dieser Stelle, dass Picard und Riker das ebenso wahrnehmen wie wir als Zuschauer.
Noch interessanter ist allerdings das, was Picard und Riker über Beverly erzählen. Vor gut 20 Jahren habe sie – ohne einen Grund zu nennen – den Kontakt zu allen ihren ehemaligen Crewkameraden abgebrochen. Das lässt aufhorchen. Dafür kann es meiner Meinung nach mindestens drei Gründe geben: Entweder liegt eine enorme emotionale Verletzung (durch Picard?) vor, die Crusher auch auf die übrige Crew projiziert. Oder sie hat eine private Mission gestartet, die so gefährlich (und illegal?) ist, dass sie ihre Freunde davon fernhalten möchte. Ein dritter Grund wäre folgender: Crusher wollte nicht, dass die Enterprise-Crew von ihrer erneuten Mutterschaft erfährt – warum auch immer.

Ein spannendes Geheimnis ist also Crushers bisher unbekannter zweiter Sohn, den sie laut Memory Alpha nach ihrem verstorbenen Ehemann Jack Crusher benannt hat. Es würde mich allerdings sehr wundern, wenn dessen Vater (oder “Erzeuger”?) nicht Picard sein sollte. Jacks Einführungsszene erinnert zudem frappierend an Kirks erste Begegnung mit seinem Sohn David Markus in “Star Trek II”, was für mich ein weiteres Indiz für Picards Vaterschaft sein könnte.
Übrigens: Dr. Crusher wird in der deutschen Fassung von Katharina Koschny gesprochen und nicht (wie von uns erwartet) von Gundi Eberhard oder Ana Fonell.
Captain Liam Shaw
Durchaus gelungen ist auch die Einführung von Captain Liam Shaw als “interner” Antagonist der Protagonisten. Shaw ist einer dieser Sternenflotten-Captains (oder auch Admirals), die einem sofort unsympathisch sind. Und das aus verschiedenen Gründen.
Das fängt schon damit an, dass er diesen zwei Starfleet-Legenden jedwede Respektsbekundung verwehrt. Erst begrüßt er sie nicht persönlich an Bord. Und dann fängt er noch vor deren Eintreffen im Speiseraum mit dem Essen an. Unhöflicher geht’s eigentlich kaum. Im anschließenden Gespräch wird dann recht deutlich, was Shaws Problem ist. Und dabei geht es meinem Eindruck nach gar nicht mal nur um Picards und Rikers angebliches Draufgängertum. Womöglich neidet Shaw ihnen auch die Fähigkeit, Menschen für sich gewinnen zu können. Er selbst scheint zwar ein fähiger Kommandant zu sein, aber er ist wohl kein Menschenfänger. Seine Autorität basiert auf der Befehlskette, nicht aber auf seinem Charisma.
Denkbar wäre aber auch, dass er eine persönliche Rechnung zu begleichen hat. Oder dass er aufgrund eines Traumas einfach eine “Play Safe”-Philosophie verinnerlicht hat, die er durch Picards und Rikers Kommandostile bedroht sieht. Fan-Theorien spekulieren in diesem Zusammenhang bereits von einem Wolf 359-Trauma (siehe Abspann USS Constance).

Wir halten fest: Einführung gelungen, wenngleich Shaws Gebaren an der ein oder anderen Stelle auch etwas übertrieben wirkt. Dadurch wirkt die Figur vielleicht doch leicht überzeichnet. Aber das ist bisher alles noch im Rahmen. Zudem traue ich der Figur eine Wendung hin zum loyalen Picard-Unterstützer durchaus zu. Nur hoffentlich lässt man sich dafür auch die nötige Zeit. Eines steht aber fest: Die Titan wird Picard und Riker sicherlich nicht ihrem Schicksal überlassen.
Commander Seven of Nine
Seven ist nun Erster Offizier der U.S.S. Titan im Rang eines Commanders. Dass Seven ohne Akademie-Abschluss gleich als Commander einsteigt, ist durchaus nachvollziehbar. Immerhin hat sie vier Jahre auf der Voyager hervorragende Arbeit geleistet. Das hat man ihr sicherlich als “Dienstzeit” und “Qualifikation” angerechnet.
Etwas befremdlich finde ich allerdings, dass Picard Sevens Karriereweg nicht weiter aufmerksam verfolgt zu haben scheint. Das ist ein weiteres, kleines Loch im Drehbuch. Problematisch finde ich auch, dass sich Seven von Shaw vorschreiben lässt, wie sie angesprochen werden soll. Das passt weder zur Figur Seven of Nine noch zur Gesellschaft des 25. Jahrhunderts.

Abgesehen davon ist mir der Seven-Handlungsstrang insgesamt noch etwas zu klischeehaft und vorhersehbar. Ich hätte mir einen etwas kreativeren Kniff gewünscht, um den Abstecher ins Ryton-System doch noch hinzubekommen. Ihre “Burnham-Attitüde” ist da nicht unbedingt die Ideallösung.
Nichtsdestotrotz macht Jeri Ryan als Seven of Nine hier wieder große Freude. Der Weg, den die Figur hier eingeschlagen hat, führt die ersten beiden Staffeln konsequent weiter und verspricht einen spannenden Charakter-Arc.
Commander Raffi Musiker
Raffi ist nun als Geheimdienst-Agentin tätig, was gewiss zu ihren Fähigkeiten und auch zur ihrer Vita passt. Ob man sich als Geheimdienst allerdings mit einer psychisch labilen Person wie Raffi einen Gefallen tut, steht auf einem anderen Blatt geschrieben.
Leider hat man es an dieser Stelle versäumt, Raffi eine positive Persönlichkeitsentwicklung ins Drehbuch zu schreiben. Ich war stellenweise wieder recht schnell genervt von ihrer ungezügelten Emotionalität, ihrer vulgären Ausdrucksweise und leider auch von Michelle Hurds Neigung zum Overacting. Ich befürchte, dass mich auch Season 3 nicht mehr mit diesem Charakter versöhnen kann.

Das neue Tätigkeitsfeld ist zwar gut gewählt, aber das ewige Gejammer mit der aufdringlichen Dosis Selbstmitleid nervt einfach, weil es ein ständig wiederholtes Muster ist.
Raffis Verbindungsoffizier beim Sternenflottengeheimdienst bleibt indes noch anonym. Ich bin mir aber sicher, dass dieses Rätsel bald aufgelöst werden wird. Meine Favoriten: Worf und Lore. “You are a warrior” deutet aber klar auf Ersteren hin.
Captain William T. Riker
Das absolute Highlight der Episode ist Captain Riker, der für mich zugleich auch den heimlichen Star des Staffelauftakts darstellt. Ich finde es bemerkenswert, wie überzeugend Jonathan Frakes hier in seine Rolle zurückgefunden hat. Dabei ist er in den vergangenen 20 Jahren nur sehr selten als Schauspieler in Erscheinung getreten, was man ihm aber überhaupt nicht anmerkt. Die Kurzauftritte in Staffel 1 sind dazu kein Vergleich. Riker “owns the place”, wie man so schön sagt.
Spannend ist auch der angedeutete Familienkrach im Hause Troi-Riker. An dieser Stelle hätte ich von Picard nach fast 40-jähriger Freundschaft eigentlich erwartet, dass er hier mal etwas genauer nachfragt. Okay, dieses Geheimnis möchte man scheinbar noch etwas offenlassen. Allerdings sieht es jetzt wieder so aus, als zeige Picard kein aufrichtiges Interesse an anderen Menschen oder fühle sich auch im Alter von rund 100 Jahren immer noch nicht dazu in der Lage, abzuwägen, wann eine persönliche Frage gestellt werden sollte und wann nicht. Ich hätte Riker jetzt so eingeschätzt, dass er mit Picard vielleicht ganz gerne darüber reden möchte. Aber gut, riecht dann doch irgendwie nach Drehbuchlogik.

Nachdem sich Detlef Bierstedt von der Synchronarbeit zurückgezogen hat, wird Jonathan Frakes in Staffel 3 wieder von Tom Vogt (“Star Trek: Der erste Kontakt”, “Star Trek: Der Aufstand”, “Star Trek: Nemesis”) synchronisiert.
Admiral Jean-Luc Picard
Zu guter Letzt noch einen Blick auf den Serienprotagonisten: Jean-Luc Picard. Und da muss ich leider sagen, dass es auch Terry Matalas bis jetzt noch nicht gelungen ist, den Picard auf den Bildschirm zu bringen, den ich aus TNG kenne. Und den ich mir einfach wünsche.
Mir ist durchaus bewusst, dass Patrick Stewart mit 82 nicht mehr so viel Kraft und Erhabenheit ausstrahlt wie mit 50 oder 60. Und dennoch finde ich es einfach problematisch, wie schwach und passiv Picard in dieser Serie rüberkommt. Für viele von uns – mich eingeschlossen – war und ist Jean-Luc Picard ein Vorbild, wenn auch ein fiktives. Seine kraftvolle Art zu sprechen, sein Selbstbewusstsein, seine beeindruckende Bildung, sein kluges Abwägen, seine Entscheidungsstärke und insbesondere sein Durchsetzungsvermögen und seine Prinzipientreue waren mir stets eine Inspiration.
Doch seit der ersten Folge von “Picard” frage ich mich, wo all das hingekommen ist. Auch in “Die nächste Generation” wirkt Picard unbeholfen, unentschlossen – ja sogar passiv und resignativ. Man hat das Gefühl, dass er immer jemanden braucht, der ihn an die Hand nimmt: Laris, Raffi, Seven, Tallinn und nun Riker.
Gerade in der Dinner-Szene hätte ich mir gewünscht, dass Picard dem respektlosen Shaw mal ordentlich Kontra gibt, wie einst Captain Maxwell und Gul Macet (TNG 4×12 “Der Rachefeldzug”) sowie den “Badmirals” Haftel (TNG 3×16 “Datas Nachkomme”), Satie (TNG 4×21 “Das Standgericht”) und Dougherty (“Star Trek: Der Aufstand”). Oder dass er so schlagfertig reagiert wie einst Kirk ihm gegenüber (“Star Trek: Treffen der Generationen”), ganz nach dem Motto: “Ich habe schon die Galaxis gerettet, als Sie noch in Ihre Windeln gemacht haben. Ohne unser angebliches Draufgängertum wären Sie heute ein Borg. Oder würden in einer dystopischen Zeitlinie leben…”

Aber leider kommt von Picard hier nichts; gar nichts. Vielmehr resigniert er sofort. Überhaupt geht die gesamte Initiative stets von Riker aus. Natürlich spielt die Episode hier auch mit Picards Alter, an zwei Stellen auch auf sehr lustige Weise (Warp 9.9-Protokoll und Deep Space 4). Und trotzdem sollte man aufpassen, dass man die Figur Jean-Luc Picard nicht demontiert. Diesen Eindruck habe ich aber leider seit Beginn der Serie. Daher hoffe ich, dass mich die restlichen neun Episoden noch Lügen strafen werden. Und dass wir noch ein letztes Mal den alten Jean-Luc Picard sehen dürfen. Den Picard, der starke Reden hält, seine Lebenserfahrung einbringt und in einer Krisensituation aufsteht und das Kommando an sich reißt. Davon ist “Picard” allerdings noch weit entfernt, denn bisher waren es vornehmlich 21 Episoden im Zeichen von “Opa Picard geht nochmal auf Entdeckungsreise und alle anderen sagen ihm, wo es langgeht.”
Aber auch bezüglich Picard will ich nicht nur Negatives herausstellen. Die Dynamik zwischen ihm und Riker macht einfach Spaß, eben weil man merkt, dass sowohl zwischen den Figuren als auch zwischen den Schauspielern die Chemie stimmt. An vielen Stellen war das TNG pur. Wäre Picard aber auch mit knapp 100 noch etwas durchsetzungsfähiger, dann hätte mir das Duo sogar noch mehr Freude bereitet.
Inszenierung
Hinsichtlich des Spannungsbogens hatte ich bereits erwähnt, dass der Episode ein individuelles Motiv fehlt, an dem sich die Dramaturgie entfalten kann. Dieses Manko versucht “Die nächste Generation” mit einer gewaltigen Portion Nostalgie und Charakteratmosphäre wettzumachen. Und dies gelingt über weite Strecken auch.
Als Alt-Trekkie kann man sich der Stimmung der Folge gar nicht entziehen, dafür gibt es einfach zu viel emotionalisierenden Fanservice, sowohl auf der visuellen als auch auf der auditiven Ebene. Zu nennen sind hier vor allem die zahlreichen “Okudagramme” – neue (Titan) wie klassische (Eleos). Mein Redaktionskollege Christopher hat die damit verbundene visuelle Atmosphäre sehr treffend mit #okudapunk beschrieben. Aber auch der Soundtrack der Folge kombiniert Traditionelles mit neuen Melodien. Einfach toll!

Das Design der Titan-A ist mir allerdings etwas zu TOS-Movie-like ausgefallen. Im Vergleich zu dem (in meinen Augen) hässlichen Design der Voyager-B, die auch kurz zu sehen ist (Raffis Computersuche), kann ich aber damit leben. Zumal ich die Erklärung für diesen Design-Ansatz durchaus nachvollziehbar finde.
Und dennoch hat sich das alte TNG-Feeling bei mir noch nicht eingestellt. Und das liegt vor allem an der enorm dunklen Umgebung, in der sich der Großteil der die Handlung vollzieht. Insbesondere die Sternenflottenschiffe sind mir einfach viel zu düster und auch zu steril. Es müssen gewiss keine Teppichböden sein, aber wenigstens etwas mehr Licht auf der Brücke und in den Korridoren wäre hier angebracht.
Von diesem kleinen Kritikpunkt mal abgesehen liefert Regisseur Doug Aarniokoski aber eine alles in allem recht stimmige Episode mit enorm hohen Schauwerten ab. Das Produktionsdesign und die Effekte sind beeindruckend und auch hinsichtlich der Kameraführung und Schnitte gibt’s von meiner Seite aus nichts zu beanstanden.
Etwas irritiert hat mich allerdings das Fehlen des Vorspanns. An dieser Stelle hat man es mit dem Reboot vielleicht doch etwas übertrieben. Bei einer Serie mit nur drei Staffeln hätte ich eine Kontinuität hinsichtlich des Intros schon sinnvoll gefunden, auch mit Blick auf spätere Reruns der Serie.
Episoden-Infos
Serie | Star Trek: Picard |
Episoden-Nummer | 21 (Staffel 3, Folge 1) |
Originaltitel | The Next Generation |
Deutscher Titel | Die nächste Generation |
Story & Drehbuch | Terry Matalas |
Regie | Doug Aarniokoski |
US-Erstausstrahlung | 16. Februar 2023 |
DE-Erstausstrahlung | 17. Februar 2023 |
Laufzeit | 53 Minuten |
Datum (In-Universe) | 2401 |
On Screen: Serien-Podcast
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Erstrezension: Star Trek: Picard 3×01, “Die nächste Generation”
Rezensent Thomas Götz wirft einen kritischen Blick auf den Auftakt der dritten “Picard”-Staffel. Achtung: SPOILER!
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Rezension: “Star Wars 90 – Darth Vader: Crimson Reign 4”
Die Story um Vader und seine Jagd geht weiter.
Inhalt (Klpapentext)
Im dritten Teil der Comic-Mini-Serie begleiten wir Obi-Wan Kenobi in die Klonkriege. Es ist eine Erinnerung voller Schmerz und Blutvergießen, bei der sich Obi-Wan immer wieder die Frage stellt: Wie passen Krieg und die Ideale der Jedi zusammen? UND: „Alte Freunde“ – die spektakuläre Fortsetzung der aktuellen Darth Vader-Reihe.
Kritik
Bereits Band 90 hat die neue Star Wars-Monatsreihe erreicht und in 30 Ausgaben wird man die erste Reihe (bzw. deren Nummerierung) überholen. Wie zuvor sind auch diesmal wieder zwei Geschichten enthalten, zum einen Obi-Wan und zum anderen Darth Vader. Zeichnungstechnisch ist man auf gutem Niveau unterwegs, sprich, die Charaktere wirken durchaus plastisch und detailreich und auch bei den Hintergründen in den Kampfszenen kann man nicht meckern.

Was allerdings für die Zeichnungen gilt, gilt nicht unbedingt für die Story. Denn noch immer plätschert man am Rande der Bedeutungslosigkeit herum und auch die Vader-Story kommt nicht wirklich in die Gänge. Doch beginnen wir zunächst mit Obi und kaufen uns ein paar Werkzeuge… Spaß beiseite. Obi-Wan erinnert sich an einen Einsatz in den Klonkriegen, kurz nach den Schlachten von Christophsis und Hypori. Erstere kennt man sicher aus dem Auftakt zur Clone Wars-Serie, die andere stammt aus den Legends. Genauer gesagt aus der ersten Clone Wars-Zeichentrickserie, die heute eigentlich nicht mehr zum Kanon gehört. Nicht zum erstenmal bringt man so aber durch die Hintertür Legends-Elemente wieder zurück in den offiziellen Kanon.
Dies ändert aber halt leider nichts daran, das man die Geschichte so oder so ähnlich schonmal gesehen hat. Dabei ist der Clone Wars-Teil in diesem Band noch mit das Beste. Denn hier muss Obi-Wan, mit einigen Leuten von Roon (ebenfalls aus der Legends-Droids-Serie) einen Außenposten der Separatisten einnehmen. Soweit so gut muss Obi-Wan aber hier schmerzhaft erfahren, das man manchmal für das große Ganze Leute opfern muss, was ihm halt so gar nicht schmeckt.
So belanglos die Story im übergeordneten Kanon also auch ist, zumindest charakterlich darf Obi-Wan hier etwas mit sich hadern, was durchaus gut gelungen ist. Konsequenzen wird das freilich keine haben und es ist im nächsten Band auch wieder vergessen. Für zwischendurch aber nicht schlecht.
Die Vader-Story kränkelt hingegen auch etwas und bietet ebenfalls nur wieder neue Schlachtszenen. Wer also darauf gehofft hat, das sich Vader mit seinen Jugendfreunden auseinandersetzt, der wird zunächst enttäuscht sein. Immerhin darf Sabé aber einen neuen Kampfanzug tragen – und der ist 1:1 der von Mara Jade aus den Legends-Comics (und Büchern). Ebenfalls eine nette Verbeugung.
Ansonsten folgt aber nur eine Hatz mit einem zwar interessanten Kampf, der Vader kurzzeitig ausknockt, aber auch nicht mehr. Die Gouverneurin selbst bleibt weiter etwas blass und fix wird die Verfolgung aufgenommen. Und dann ist der Band auch schon wieder zuende, auch wenn Ochi nochmal kurz glänzen darf. Es zeigt sich also leider auch hier, das es einfach zu kurz ist bzw. die Geschichten zu mischen keine gute Idee ist. Es geht hier einfach zu langsam voran, als das es noch mitreißend ist und das man immer wieder für Wochen heraus gerissen wird, tut ein Übriges.
Rezension: “Avatar – Das Blut von Pandora 2”
Der zweite Band der Vorgeschichte zum zweiten Film.