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Video: How to Play “Star Trek Adventures” – Teil 2: Aufgaben

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Archäologie in "Star Trek Adventures"

Wir möchten euch mit dieser kurzen Videoreihe den Einstieg in das aktuelle Pen-and-Paper-Rollenspiel im “Star Trek”-Universum erleichtern. In dem zweiten Video geht es darum, wie Aufgaben, die Würfelproben von “Star Trek Adventures”, ablaufen. In der englischen Ausgabe heißen Aufgaben “Tasks”.

“Picard” & “Strange New Worlds”: Retcon des 21. Jahrhunderts?

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"Picard" & "Strange New Worlds": Retcon des 21. Jahrhunderts? 1

Die Eugenischen Kriege wurden ursprünglich für die TOS-Episode “Space Seed” (TOS 1×22) erdacht, um dem ‘Supermenschen” (Augment) Khan Noonien-Singh eine Background-Story zu geben. Spock beschreibt Khan in dieser Folge als einen absolutistischen Herrscher, der von 1992 bis 1996 ein Viertel der Welt, von Asien bis in den Mittleren Osten, regierte. In der deutschen Synchronversion wurde diese Herrschaft allerdings um ein Jahrhundert in die Zukunft verlegt (2092-2096).

Beide Datumsangaben sind problematisch. Die Verortung in den 90ern deshalb, weil weder in “Past Tense” (DS9 3×11/12) noch in “Future’s End” (VOY 3×08/09) in irgendeiner Weise davon die Rede ist. Letztere Folge spielt sogar im Jahr 1996. In der zweiten Staffel von “Picard” werden die Eugenischen Kriege auch nicht explizit erwähnt, wobei sich dies eigentlich in der Szene, in der Dr. Soong seine Zulassung verliert, durchaus angeboten hätte. Allerdings holt Soong später eine alte Akte aus seiner Schublade, die einer Geheimhaltungsstufe unterliegt und “Poject Khan” heißt. Diese ist auf das Jahr 1996 datiert.

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Khan Noonien-Singh (Bild: “Star Trek” © Paramount, 1967)

Interessant ist, dass Khan in “Space Seed” keine eigenen Angaben darüber macht, aus welcher Zeit er wirklich stammt. Anfänglich sagt er, er habe das Personal der Krankenstation darüber sprechen hören, dass er “zwei Jahrhunderte” geschlafen habe. In “Star Trek II: Der Zorn des Khan” (1982) bestätigt er allerdings gegenüber Captain Terrell seine auf das Jahr 1996 datierte Flucht von der Erde.

“Wir haben endlos diskutiert. Wir kamen zu dem Schluss, dass es im Dritten Weltkrieg mehrere EMP-Ausbrüche gab, die alle Jahrzehnte zurückgeworfen haben. Die Aufzeichnungen dieser 75 Jahre, ab den 90-er Jahren, waren lückenhaft. Vielleicht lag Spock falsch? Kein einfacher Weg, wenn Sie möchten, dass die Vergangenheit so aussieht und sich so anfühlt wie das Heute.”

Terry Matalas via Twitter (26. März 2022)

Und an dieser Stelle wird es nun spannend. Denn in der Pilotepisode von “Strange New Worlds” (SNW 1×01 “Strange New Worlds”) führt Captain Pike die Eugenischen Kriege als zweite von insgesamt drei Eskalationsstufen an, die schließlich im Dritten Weltkrieg mündeten. Demnach müssten sich die Eugenischen Kriege in den späten 2020ern oder in den zwei Jahrzehnten danach ereignet haben und nicht, wie lange angenommen, in den 1990er-Jahren.

Andererseits könnten die Eugenischen Kriege (man beachte: Plural!) auch selbst aus mehreren Eskalationsstufen (oder Einzelkriegen), die zeitlich unterbrochen sind, bestanden haben. Geschichtsschreibung ist auch immer eine Frage der Perspektive und der Interpretation.

Die ‘Urkatastrophe’

Bis zur Ausstrahlung der ersten Folge von “Strange New Worlds” in der vergangenen Woche galten die Eugenischen Kriege in der Trek-Historie noch als die ‘Urkatastrophe’ des frühen 21. Jahrhunderts, aus denen sich mittel- oder auch langfristig der Dritte Weltkrieg (2026-2053) entwickelte. Die besagte Episode hat nun einen weiteren kriegerischen Konflikt eingeführt, der einem “Eugenischen Krieg” (Pike spricht hier im Singular “Eugenics War”) vorausging. Zudem wird angedeutet, von welchem Ort aus der Dritte Weltkrieg seinen Lauf nahm. Demnach liegen die Wurzeln des fiktiven Dritten Weltkrieges in den Vereinigten Staaten von Amerika.

In “Star Trek” gab es in den USA der frühen 2020er-Jahren eine neue Massenarbeitslosigkeit, ähnlich der “Great Depression” im frühen 20. Jahrhundert. Die sozialen Probleme wuchsen den Regierenden über den Kopf und sie fanden keine adäquaten Lösungen für diese. Nach den Bell Riots vom September 2024 schienen diese Probleme allerdings gelöst worden zu sein. Das lässt zumindest eine Aussage von Commander Sisko vermuten (DS9 3×11/12 “Past Tense”).

Das nun eingeführte Narrativ vom Second Civil War (Zweiter Amerikanischer Bürgerkrieg) widerspricht allerdings dem, was “Deep Space Nine” damals erzählt hat. Statt zu einer langsamen Entspannung in der sozialen Frage kam es vielmehr zu einer noch tieferen Spaltung der US-Bevölkerung. Und diese eskalierte sogar zu einem neuen Bürgerkrieg. “Star Trek” spielt an dieser Stelle sehr eindeutig auf die tatsächlichen Geschehnisse des US Capitol Riot vom 6. Januar 2021 an.

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Soziale Unruhen in den USA in den frühen 2020er-Jahren (Bild: SNW 1×01 “Strange New Worlds” © Paramount)

Zivile Unruhen gab es aber scheinbar auch in Europa, allen voran in Frankreich, wo es weder konservativen noch progressiven politischen Kräften gelang, die sozialen Probleme in den Griff zu bekommen. Scheinbar stand auch die Europäische Union zu dieser Zeit kurz vor ihrem Zerfall (DS9 3×11/12 “Past Tense”).

In Irland kehrte derweil der Terrorismus zurück. Im Jahr 2024 stand – darauf deutet zumindest eine Aussage von Lt. Commander Data in TNG 3×12 “The High Ground” hin – die gewaltsam erzwungene Wiedervereinigung von Nordirland und der Republik Irland in einem gemeinsamen Staat. Über die Details dieser erzwungenen Wiedervereinigung, inklusive einer genauen Zahl von Todesopfern, schweigt sich die besagte Episode allerdings aus.

Der amerikanische Bürgerkrieg habe sich – in welcher Form auch immer – später über den gesamten Globus ausgeweitet und wurde aufgrund diverser Ereignisse, über die “Strange New Worlds” keine konkreten Aussagen macht, zu einem (weiteren?) Eugenischen Krieg.

Dritter Weltkrieg

Laut fiktiver “Star Trek”- Historiografie begann im Jahr 2026 ein globaler Konflikt, der später als Dritter Weltkrieg in die Geschichtsbücher einging. Hierbei soll ein gewisser Colonel Phillip Green eine zentrale Rolle gespielt haben (TOS 3×22 “The Savage Curtain” ; ENT 4×20 “Demons”). Dieser führte eine gewalttätige Gruppe “radikaler Öko-Terroristen” (engl. “eco-terrorist”) – was immer man in diesem Kontext darunter zu verstehen hat – an, deren Aktionen am Ende 37 Millionen Todesopfer forderten. Green wird in der Trek-Geschichtsschreibung als “Militärführer” beschrieben, wobei nicht klar wird, ob es sich hierbei um den Vertreter einer staatlichen oder nicht-staatlichen Fraktion handelt. Der Terminus “Öko-Terrorist” lässt eher auf eine nicht-staatliche Organisation schließen, wobei Terror natürlich auch von Staaten ausgehen kann. Unterschiedliche Ansichten über das “Genetic Engineering” könnten einer der Hauptgründe für dessen Agieren gewesen sein.

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Colonel Phillip Green (Phillip Pine) in TOS 3×22 “The Savage Curtain” (Bild: © Paramount)

Jedenfalls schien die Green-Fraktion einen Flächenbrand ausgelöst zu haben, der in den kommenden knapp drei Jahrzehnten den Globus mit Gewalt, Zerstörung und Tod überzog. Die 1945 gegründeten “Vereinten Nationen” dürfte es zu dieser Zeit schon nicht mehr gegeben haben. Oder die UNO war zu diesem Zeitpunkt de facto machtlos.

Als Konfliktparteien standen sich scheinbar die Vereinigten Staaten von Amerika (oder eine von diesen gebildete internationale Allianz) und eine sogenannte “Östliche Koalition” (“Eastern Coalition” – ECON) gegenüber. Der Krieg wurde auch mit Atomwaffen geführt (“Star Trek: First Contact” ; DIS 2×02 “New Eden”; SNW 1×01 “Strange New Worlds”).

Alle Versuche, den Konflikt mithilfe einer neuen internationalen, multilateralen Schlichtungs- und Ordnungsinstitution – wie den 2036 gegründeten “Neuen Vereinten Nationen” – friedlich beizulegen, scheiterten, bis der Konflikt schließlich im Jahr 2053 mit der “Waffenruhe von San Francisco” ein Ende fand: Insgesamt über 600.000 Tier- und Pflanzenarten waren nach Ende der Kriegshandlungen ausgestorben. Die meisten Hauptstädte der Erde waren zerstört worden und etliche Regierungen existierten nicht mehr (SNW 1×01 “Strange New Worlds”).

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Der Dritte Weltkrieg ist ein Atomkrieg (Bild: “Strange New Worlds” © Paramount, 2022)

Die Atmosphäre wurde durch radioaktive Isotope verseucht, wobei es scheinbar mithilfe eines im Zuge der ‘Europa Mission’ (2024) vom Jupitermond Io mitgebrachten Mikroorganismus gelang, die Ozeane und die Atmosphäre der Erde bis ca. Ende des 21. Jahrhunderts zu reinigen (PIC 2×10 “Farewell”).

Zudem berichtet Pike den Bewohnern von Kiley 279, dass zwischen 2026 und 2053 gut 30 Prozent der menschlichen Erdbevölkerung den Tod fand (SNW 1×01 “Strange New Worlds”). Nach derzeitigen Schätzungen für das Jahr 2050 wären das zirka 3 Milliarden Menschen. In “Star Trek: First Contact” sprach Riker noch von 600 Millionen Todesopfern.

Zusammenfassung

“Picard” und “Strange New Worlds” haben das 21. Jahrhundert um einige neue Aspekte präzisiert, die bisher noch nicht bekannt waren.

Wir können ab jetzt davon ausgehen, dass die Eugenischen Kriege kein singuläres Ereignis in den 1990er-Jahren gewesen sind, so wie es Spock in “Space Seed” noch angedeutet hatte. Vielmehr scheint nun eine Zweiteilung dieser Kriege in eine erste (1992-1996) und eine zweite Phase (ab späten 2020er-Jahre) das wahrscheinlichere Szenario zu sein. Ich würde an dieser Stelle aber trotzdem nicht von einem Retcon sprechen, sondern bestenfalls von einem partiellen.

Während die Ursachen des fiktiven Dritten Weltkrieges (2026-2053) bisher nur vage angedeutet wurden, hat “Strange New Worlds” nun kanonisiert, dass sich dieser weltumspannende und kataklystische Krieg aus zahlreichen regionalen Konflikten entwickelt hat, deren bedeutsamster Katalysator allerdings ein zweiter US-amerikanischer Bürgerkrieg war. Dieses Retcon steht wiederum in einem (zumindest kleinen) Widerspruch zu Siskos Aussagen in “Past Tense”, der hier nämlich den Eindruck erweckt, dass sich die innenpolitische Situation in den USA ab September 2024 verbessert habe.

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Inferno in New York (Bild: “Strange New Worlds” © Paramount, 2022)

Pikes Statement in “Strange New Worlds” (2022) korrigiert zudem die Gesamtopferzahl des Dritten Weltkrieges im Vergleich zu Rikers Angaben in “Star Trek: First Contact” (1996) deutlich nach oben, wodurch der Dritte Weltkrieg ein noch bedrohlicheres Zukunftsszenario darstellt als er es ohnehin schon war.

Video: How to Play “Star Trek Adventures” – Teil 1: Übersicht

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Symbolbild "Star Trek Adventures"
Symbolbild "Star Trek Adventures"

Wir möchten euch mit dieser kurzen Videoreihe den Einstieg in das aktuelle Pen-and-Paper-Rollenspiel im “Star Trek”-Universum erleichtern. In diesem ersten Video soll es darum gehen, euch ein Gefühl dafür zu vermitteln, welche Art von Rollenspiel “Star Trek Adventures” ist, damit ihr entscheiden könnt, ob ihr es ausprobieren möchtet.

Zweitrezension: Picard 2×10 – “Farewell” / “Abschied”

Zweitrezension: Picard 2x10 - "Farewell" / "Abschied" 7

Handlung

Der Start der Europa-Mission steht kurz bevor. Soong (Brent Spiner) plant weiterhin, Renée Picard (Penelope Mitchell) zu töten und die Shango X-1-Rakete zu zerstören.

Basierend auf Juratis Prophezeiung ist Tallinn (Orla Brady) der Auffassung, dass sie sich als Renée ausgeben und ihr eigenes Leben für sie opfern muss. Picard (Patrick Stewart) möchte sie zunächst davon abhalten, sieht dann aber ein, dass es Tallinn ganz alleine obliegt, über ihr eigenes Schicksal zu bestimmen.

Seven (Jeri Ryan), Raffi (Michelle Hurd) und Rios (Santiago Cabrera) suchen derweil Soongs privates Labor in L.A. auf, um nach weiteren Hinweisen auf dessen Pläne zu suchen. Hierbei stoßen sie auf Soongs Hightech-Drohnen, mit deren Hilfe er die Shango X-1 zerstören will. Rios gelingt es aber, die bereits gestarteten Drohnen zu vernichten.

Auch Soongs Versuch, Renée mithilfe eines Neurotoxins zu ermorden, schlägt fehl. Doch der zu zahlende Preis ist hoch: Tallinn, der es gelungen war, Soong zu täuschen, stirbt wenig später in Picards Armen. Sie sieht in ihrem Tod die Erfüllung ihrer Bestimmung als ‘Wächterin’.

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Die Shango X-1 Rakete in PIC 2×10 “Farewell” (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Zu Hause angekommen stellt ein entsetzter Soong fest, dass Renée noch lebt und die Europa-Mission erfolgreich angelaufen ist. Wenige Augenblicke später nutzt Kore (Isa Briones) eine Remote-Verbindung, um sämtliche Datenbanken Soongs vollständig zu löschen. Soong scheint alles verloren zu haben. Sein letzter Strohhalm ist eine alte Akte aus den 1990er-Jahren, das “Projekt Khan”.   

Eine erleichterte Kore erhält wenig später eine mysteriöse Botschaft. Am angegebenen Treffpunkt erwartet sie Wesley Crusher (Wil Wheaton), der seit langer Zeit als ‘Reisender’ über Raum und Zeit wacht. Die ‘Reisenden’ sind zugleich auch die Auftraggeber der ‘Aufseher’, denen Tallinn angehörte. Wesley gelingt es, Kore als ‘Reisende’ zu rekrutieren. Gemeinsam verlassen sie die Erde des 21. Jahrhunderts.

Picard und seine Truppe sind derweil nach La Barre zurückgekehrt. Dort überlegen sie, wie es nun weitergehen soll. Q erscheint und gesteht Picard in einem sehr persönlichen Gespräch, dass ihm viel an ihm liegt. Und dass er sich um dessen Leben und Seelenheil sorgt. Q möchte nicht, dass Picard sein Schicksal, einsam zu sterben, eines Tages ebenfalls teilen muss.

Mit Qs Hilfe gelangen Picard, Seven, Raffi und der von den Toten auferstandene Elnor (Evan Evagora) zurück auf die Stargazer des Jahres 2401. Rios bleibt auf eigenen Wunsch bei Teresa (Sol Rodriguez) und deren Sohn Ricardo im 21. Jahrhundert.

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Picard (Patrick Stewart) und Q (John de Lancie) in PIC 2×10 “Abschied” (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Zurück auf der Stargazer zählt Picard eins und eins zusammen: Die Borg-Königin muss Agnes sein, die in den vergangenen vier Jahrhunderten eine neue, friedvolle Borg-Kooperative aufgebaut hat. Picard deaktiviert die Selbstzerstörung und überträgt Seven das Kommando über die Stargazer. Gemeinsam mit den neuen Verbündeten eliminiert die Armada der Sternenflotte eine ebenso gigantische wie gefährliche Raumanomalie im Zentrum des Quadranten. Doch an selbiger Stelle bleibt ein mysteriöses Wurmloch zurück. Die Borg, nun provisorisches Mitglied der Föderation, erklären sich bereit, das neu entstandene Wurmloch künftig zu überwachen.

Zurück auf der Erde feiern Picard, Seven, Raffi und Elnor in Guinans (Whoopi Goldberg) “Ten Forward”-Bar das Gelingen ihrer schwierigen Mission. Guinan erzählt Picard, dass sie vor über 400 Jahren noch lange Zeit mit Renée, Rios und Teresa befreundet war. Rios und Teresa bauten die medizinische Hilfsorganisation “Mariposas” auf. Renée brachte von Io einen Mikroorganismus mit, den später ein Forscherteam um Ricardo (Steve Gutierrez) dazu verwendete, um die Ozeane und den Himmel der Erde zu reinigen und dadurch die Klimakrise des 21. Jahrhunderts erfolgreich zu überwinden.

Nach seiner Rückkehr auf das Chateau bittet ein emotional befreiter Picard Laris (Orla Brady) bei ihm zu bleiben…

Drehbuch und Inszenierung

Das Staffelfinale wurde von Christopher Monfette und Akiva Goldsman geschrieben, Regie führte erneut Michael Weaver. Monfette schrieb in dieser Staffel auch die Drehbücher für “Penance” (2×02) und “Assimilation” (2×03). Goldsman ist seit 2017 als Autor und Produzent für “Star Trek” aktiv, neben “Picard” auch für “Discovery” und “Strange New Worlds”.

An dieser Stelle kann ich den Lesern dieser Rezension das Déjà-vu leider nicht ersparen: Auch das Drehbuch zu “Farewell” biegt sich wieder so einiges zurecht und ist folglich durchzogen von kleinen und großen Plot Holes. Diese sind ob des hohen Tempos und der starken Emotionalisierung der Episode möglicherweise weniger offensichtlich als in vielen anderen Folgen der Staffel. Doch wer zwischendurch – oder spätestens nach dem Abspann – mal kurz innehält und so einige Aspekte der Handlung noch einmal vor dem geistigen Auge Revue passieren lässt, der muss sich zweifellos mehr als einmal fragend am Kopf kratzen.

Neben der problemlosen und unglaubwürdig raschen Überwindung von großen räumlichen Distanzen (Frankreich-Kalifornien) ist vor allem das Szenario auf dem Raumbahnhof unlogisch und unglaubwürdig. Tallinn sagt, dass die Quarantäne am Starttag “durchbrochen” werde und auch Soong darf als “großzügiger Spender” (mit krasser Negativpresse *hust*) persönlich mit den Astronauten sprechen. Das macht aber leider keinen Sinn. Für was schickt man die Astronauten eigentlich tagelang in Quarantäne, nur um dann kurz vor dem Start doch noch zu riskieren, dass sich einer aus der Gruppe womöglich einen Infekt einfängt?

Überhaupt ist das gesamte Prozedere (Sicherheitskontrollen, Boarding, Start) dort völlig an den Haaren herbeigezogen, was wohl jedem auffallen dürfte, der sich mal etwas ausführlicher mit Raumfahrt beschäftigt hat. Allein das Anlegen der Raumanzüge, das Boarding sowie die Vorstart-Sequenz dauern normalerweise Stunden. Picard und Tallinn können auch teilweise in Zivilkleidung und ohne Sicherheitsausweis völlig unbemerkt und ungestört auf dem Gelände herumspazieren; und das, obwohl beide doch in den Sicherheitsdateien der Behörden (Stichwort: NASA-Gala) vermerkt sind.

Mir würden an dieser Stelle noch viele weitere Logiklöcher einfallen, aber das würde den Rahmen dieser Rezension sprengen und ist wohl eher etwas für unser Podcast-Review.

Podcast zu “Star Trek: Picard” – Staffel 2

Wir zeichnen gemeinsam mit dem Discovery Panel einen Podcast auf, in welchem wir die zweite Staffel von “Picard” noch einmal Revue passieren lassen. Hinterlasst uns bis Montagnachmittag in den Kommentaren Themen, Fragen oder Meinungen, die Sebastian, Andreas, Tom, Matthias und Christopher diskutieren sollen.

Wir freuen uns auf euren Input! 🖖

Ich möchte den beiden Autoren gewiss nicht das Bemühen absprechen, die einzelnen Handlungsfäden der Staffel zusammenführen und sinnvoll aufzulösen zu wollen. Meinem Eindruck nach sind die Altlasten aus den früheren Folgen der Staffel aber schlicht zu erdrückend, als dass dieses Vorhaben auch hätte gelingen können. Die Planungsfehler wurden wohl ganz am Anfang gemacht, nämlich als man den Staffel-Arc konzipiert hat. Auf mich wirkt die zweite Staffel auf der erzählerischen Ebene sogar noch einmal deutlich unausgegorener, noch chaotischer, noch widersprüchlicher als die erste. Die Handlung der zweiten Staffel ist nichts weiter als ein über weite Strecken dilettantisch zusammengeschustertes Konglomerat aus verschiedenen, wenig durchdachten Einzelhandlungssträngen. Hier passt einfach vieles vorne und hinten nicht zusammen. Doch darauf werde ich an den betreffenden Stellen noch etwas dezidierter eingehen.

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Tallinn (Orla Brady) kann ohne Sicherheitsausweis bis zu den Astronautenkabinen vordringen. (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Für mich liegt die Vermutung nahe, dass sich der Writer’s Room hier mal wieder selbst in eine Sackgasse geschrieben hat. Aber selbst wenn man für das Staffelfinale eine konsistente Handlung auf die Beine gestellt hätte: Eine rund 50-minütige Hatz durch alle verbliebenen Story-Arcs kann einfach nicht ertragreich sein. Das Pacing der Episode ist an vielen Stellen zu hoch, was darauf zurückzuführen ist, dass man vor allem in der Staffelmitte ganz viel Belangloses erzählt hat. Die erzählerischen Unzulänglichkeiten von “Farewell” werden dann – in mittlerweile typischer Weise – durch zahlreiche emotionale Szenen zu kaschieren versucht. Zugegeben, diese Szenen sind im Gros auch gut geschrieben und toll gespielt (insbesondere John de Lancie). Aber braucht “Star Trek” heutzutage wirklich so viel Drama, um das Publikum abzuholen? Wenn ich zahlreiche Kommentare auf Twitter und Facebook lese, dann scheint das für viele Zuschauer – vor allem im anglo-amerikanischen Raum – tatsächlich das entscheidende Kriterium zu sein. Mir ist es jedenfalls zu viel Drama und zu wenig inhärente Erzähllogik.

Abgesehen von dieser narrativen Treibjagd sind auch die visuellen Effekte der Episode erschreckend schwach. Mich hat das beim Angucken irgendwie an die von massiven Budgetkürzungen geplagte vierte “Enterprise”-Staffel erinnert. Und das war vor gut 20 Jahren! Vor allem die Umsetzung der Startrampe enttäuscht auf ganzer Linie. Die Szene mit Picard und Tallinn, in der sie den Raketenstart beobachten, sieht leider übelst nach Low-Budget-Film aus.

Handlungsstränge und Dramaturgie

Renée Picard und die ‘Europa-Mission’

Beginnen wir mit dem Handlungsstrang um Renée Picard und die ‘Europa-Mission’, die uns hier als entscheidender Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte verkauft wird. Demnach bringt Renée von einem der Jupitermonde einen besonderen Mikroorganismus mit zur Erde, der später dazu verwendet wird, um die Ozeane und den Himmel der Erde zu “reinigen” (“clean” im Original).

Here we go again! Die Serie macht sich mal wieder überhaupt keine Mühe, irgendetwas (pseudo)wissenschaftlich zu erklären und somit erzählerische Tiefe herzustellen. Das klingt für mich wieder mehr nach Fantasy als nach Science-Fiction und erinnert leider auch sehr stark an die lächerliche Auflösung von “Discovery”-Staffel 3 (Dilithium-Planet). Erneut präsentiert man uns ihr eine unglaubwürdige Ad-hoc-Lösung für eines der zentralen Probleme unserer Zeit: den Klimawandel. Billiger geht’s kaum.

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Penelope Mitchell als Renée Picard in “Farewell” (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Zudem habe ich mir die Frage gestellt, ob Renées Entdeckung sowie der Klimawandel angesichts des in “Star Trek” in den Jahren 2026 bis 2053 tobenden Dritten Weltkrieges anschließend überhaupt noch von Bedeutung sind. Kann dieser Mikroorganismus denn auch radioaktive Isotope aus der Erdatmosphäre oder aus den Meeren entfernen? Aber auch darüber (III. WK) schweigt sich die Episode komplett aus.

Dieser Handlungsbogen erweist sich leider als eine große Enttäuschung. Mal abgesehen davon, dass eine Jupiter-Mission, die schon in zwei Jahren stattfinden soll, aktuell völlig unrealistisch ist, hat man von der ‘Europa-Mission’ einfach viel zu wenig gesehen. Diese Storyline scheint mir – wie auch viele andere in dieser Staffel – wenig durchdacht zu sein.

Adam & Kore Soong

Noch enttäuschender ist der Handlungsstrang um Adam und Kore Soong. Dass Soong in Staffel 2 nie über die Charakterisierung eines stereotypen “Mad Scientist” (narzisstisch, skrupellos) hinauskam, haben Christoper, Tom und ich schon mehrmals kritisiert. Aber das ist in meinen Augen nicht einmal das Hauptproblem dieses Staffel-Arcs.

Vielmehr ist das gesamte Narrativ, Adam Soong sei der Vater einer faschistischen, xenophoben Menschheit (Konföderation), auf Treibsand gebaut. Ich habe aus Staffel 2 keine glaubwürdigen Argumente herauslesen können, die diese unterstellte Entwicklungslinie irgendwie nachvollziehbar gemacht hätten. Sicher, Soong ist ein böser, skrupelloser Narzisst und hat die Kraftfelder entwickelt, die in der alternativen Zeitlinie die Erdatmosphäre schützen. Und aufgrund dessen soll sich in den folgenden Jahrhunderten eine Art ‘Führerkult’ entwickelt haben? Ist mir zu dünn. In “Penance” wird beispielsweise der Eindruck erweckt, Soong habe den faschistischen Slogan “a safe galaxy, is a human galaxy” geprägt. Aber ist das wirklich aus dem abzuleiten, was uns Staffel 2 gezeigt hat?

Auch das angedeutete Thema “Eugenik” war nichts weiter als eine erzählerische Finte, um künstlich Spannung zu erzeugen. Abgesehen von den ‘Spearhead Operations’-Soldaten hat Soongs Forschungsarbeit auf diesem Gebiet überhaupt keine Relevanz für den übergeordneten Handlungsbogen der Staffel – nicht einmal für die alternative Zeitlinie. Kore ist als Nebencharakter so dermaßen belanglos, dass man sie auch problemlos aus der Staffel hätte streichen können.

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Die Szene mit der Khan-Akte dürfte ein Verweis auf Arik Soong in “Enterprise” und womöglich auch auf La’an in “Strange New Worlds” sein. Aber hat Soong überhaupt leibliche Kinder, die ihm auf diesem Gebiet nachfolgen? Ist Arik etwa Adams Ur-Enkel?

Wie dem auch sei, auch dieser Handlungsbogen kam bedauerlicherweise über simple Andeutungen und Klischees nie hinaus. Dabei hätte das Thema so viel Potenzial gehabt.

Auch der Gastauftritt von Wil Wheaton als Wesley ‘der Reisende’ Crusher erweist sich als eine riesige Enttäuschung: Fanservice à la “The Big Bang Theory”. Wesleys Erscheinen ist inhaltlich völlig belanglos, sein Monolog ist nicht besonders gut gespielt und die Konstellation ist im gesamten Kontext total unglaubwürdig, fast schon lächerlich. Also wenn ich eine junge Frau wäre, hätte ich definitiv anders reagiert als Kore hier. Nochmal zur Vergegenwärtigung: Ein Unbekannter schickt ihr eine anonyme Mail mit einem Treffpunkt. Sie geht hin und da kommt so ein bärtiger Typ mit Grinsegesicht um die Ecke und erzählt ihr was von tollen Reisen und einem Leben jenseits des Gewöhnlichen. Also ich würde da an ihrer Stelle ganz gewiss nicht mitgehen, sondern stattdessen das Sittendezernat verständigen.

Eigentlich war die Idee gar nicht schlecht, Wesleys als ‘Reisender’ irgendwie in diese Zeitreise-Story einzubauen. Aber doch nicht so…

Tallinn und die ‘Supervisor’

Mit dem Griff in die Kanon-Kiste haben es die “Picard”-Autoren leider nicht so. Denn auch die Idee, die ‘Supervisor’ aus der Originalserie zu reaktivieren, ist kaum mehr als ein netter Fanservice, dem es aber ebenfalls an inhaltlicher Tiefe und stellenweise auch an Kanon-Konformität fehlt. Jedenfalls passen Wesleys Ausführungen nicht so ganz zu dem, was der originale ‘Reisende” in “Where No One Has Gone Before” (TNG 1×05) so erzählt. Der sagt hier nämlich zu Picard, dass die ‘Reisenden’ bisher keinen Kontakt zu den Menschen hergestellt hätten, weil diese nicht interessant genug seien. Wesley erzählt uns aber etwas gänzlich anderes. Wobei Zeit hier ohnehin relativ ist. Diesen Widerspruch kann ich folglich noch schlucken, aber trotzdem überzeugt mich das Narrativ von den ‘Wächtern’ nicht so richtig.

Zumal es mir auch unlogisch erscheint, dass ausgerechnet eine Romulanerin auf die Erde entsendet wird, um die dortige Zeitlinie zu beschützen. Was, wenn Tallinn erkrankt oder durch einen Unfall getötet wird? Ein Alien-Fund würde die Zeitlinie nicht bewahren, sondern verändern. Und was geschieht jetzt nach Tallinns Tod eigentlich mit ihrer Wohnung und den darin befindlichen Gerätschaften? Plot Holes ohne Ende…

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Picard (Patrick Stewart) und Tallinn (Orla Brady) in PIC 2×10 “Farewell” (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Zwei weitere Aspekte dieses Handlungsstrangs stechen negativ hervor, einer davon ist ein visueller. So ist mir schon im Verlauf der Staffel aufgefallen, dass einige Schauspieler scheinbar Probleme mit ihren Kontaktlinsen hatten, was man an den teils sehr stark geröteten Augen erkennen kann (u.a. bei John de Lancie). Bei Tallinns Sterbeszene ist es dann wirklich extrem auffällig. Nur blöd, dass Romulaner grünes Blut haben und kein rotes. Diesen offensichtlichen Fehler hätte man in der Post-Produktion sicherlich effekttechnisch leicht beheben können. Wenn man denn auf Kleinigkeiten achten würde…

Eine andere Sache, die mich stört, ist der in “Picard” (und auch in “Discovery”) regelmäßig zur Schau gestellte Fatalismus. Ständig wird von zu erfüllenden Schicksalen und grenzenloser Opferbereitschaft gefaselt. Andauernd muss jemand sterben, um andere zu retten. Die handelnden Personen werden mir mittlerweile viel zu oft zu willenlosen Marionetten des Schicksals abqualifiziert. Niemand benutzt mehr sein Hirn und sucht nach Alternativen. Die hätte es nämlich auch hier gegeben. Mit Tallinns überlegener Technik hätte es doch ein Leichtes sein müssen, Soong zu überlisten und unschädlich zu machen. Aber die Drehbuchlogik dieser Serie braucht nun mal in fast jeder Episode irgendwelche Selbstopfer (zuletzt Jurati, jetzt Tallinn), um “Spannung” und Drama zu erzeugen.

Seven, Raffi & Elnor

Neun Episoden lang hat man diesen Handlungsstrang gestreckt, um Seven und Raffi dann endlich ein Happy End zu verschaffen. Zumeist waren es nur zwei, drei kleinere, in der Regel auch enorm redundante Dialogzeilen pro Episode, welche diesen Pseudo-Handlungsbogen “vorangetrieben” haben.

Ich kann leider nur wenig mit der ‘neuen’ Seven of Nine anfangen, weil ich deren Charakterentwicklung jetzt auch nicht für so überragend halte wie weite Teile der Social Media. Wie gesagt, ich fand Seven in “Voyager” um Längen interessanter, facettenreicher und streitbarer – vor allen in Kombination mit Janeway, Tuvok, Torres und dem Holodoc.

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Wirklich seltsam mutet zudem ihre Ernennung zum Captain der Stargazer durch Picard an. Hat Picard etwa Angst, das Kommando selbst zu übernehmen? Schon Kirks Beförderung vom Kadetten zum Captain (“Star Trek” 2009) war unglaubwürdig und das hier steht dem in nichts nach. Sicher, Seven hat vier Jahre auf einem Sternenflottenschiff gedient, sie ist hochintelligent, mutig und eine Borg-Expertin. Aber genügt das, um sich für den Captains’s Chair zu qualifizieren? Es geht hier ja auch um Führungsqualitäten, Kenntnisse der Regularien, Kommandoerfahrung. Aber halt: Wenn Raffi ihr Kapitänsqualitäten bescheinigt, dann muss das eben reichen…

Apropos Raffi: Die darf sich in “Farewell” mal wieder aufführen wie die dümmste Hohlbirne, die man in 55 Jahren “Star Trek” in Sternenflottenuniform gesehen hat. Kann diese Frau eigentlich noch was anderes, außer asozial rumzupöbeln, andere anzuklagen, gewalttätig zu werden und ungehemmt rumzuflennen? Wie hat es diese Frau zum Rang eines Commanders gebracht? Raffi ist im Netz überaus beliebt, sie sei die “liebevolle, sorgsame Mutter der Crew”, so der Tenor. Für mich ist sie aber leider das Gegenteil des Advanced Human, den wir aus “The Next Generation” kennen. Das kommt beim Mainstream aber scheinbar gut an. Bei mir nicht.

Auf der anderen Seite muss aber sagen, dass Michelle Hurd das auch verdammt gut spielt. Aber hätte man ihr nicht einen sympathischeren Charakter schreiben können?

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Evan Evagora als Elnor in PIC 2×10 “Farewell” (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Für Elnor gibt es nach seiner Auferstehung als Hologramm nun auch eine leibliche Auferweckung. Das war natürlich total vorhersehbar und die szenische Umsetzung ist leider auch noch unfreiwillig komisch. Es ist natürlich Standard, dass ein Kadett im Praktikum in Krisensituationen auf die Rufe der anderen Schiffe antwortet…

An dem Narrativ der Wiederauferstehung hat sich “Nu Trek” wirklich festgebissen, denn mit Elnor haben wir nach Dr. Culber, Gray und Picard nun schon den vierten Charakter, der innerhalb der vergangenen drei Jahre von den Toten auferstanden ist. Dass sich eine solche Erzählung vielleicht auch mal abnutzen könnte, kommt den Autoren scheinbar nicht in den Sinn.

Rios und das 21. Jahrhundert

Für Santiago Cabrera ist “Farewell” der letzte Akt in “Picard”. Rios bleibt im 21. Jahrhundert, gründet mit Teresa und Ricardo eine Familie und setzt sich fortan für hilfsbedürftige Menschen ein, indem er eine medizinische Bewegung namens “Mariposas” ins Leben ruft. Eigentlich ein schönes Ende für Rios, aber sogar hier schaffen es die Autoren, seinen Abschied mit dümmlichen Klischees zu versauen. “Und mit seinen letzten Atemzügen hat er eine Zigarre geraucht…”, so Guinan. Bei solchen idiotischen Textzeilen fehlen mir echt die Worte!

Dass Rios hier bewusst das Risiko eingeht, wenige Jahre später auf den Schlachtfeldern des Dritten Weltkriegs zu verenden (was aber nicht geschieht), wird natürlich auch mit keiner Silbe erwähnt. Wie gesagt: Kanon interessiert nur, wenn’s ins Drehbuch-Narrativ passt.

Zweitrezension: Picard 2x10 - "Farewell" / "Abschied" 25
(Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Auch Rios’ Begründung für seine Entscheidung wirkt seltsam. Hätte er einfach gesagt: “Ich liebe diese Frau, ich will mit ihr alt werden”, es hätte vollkommen ausgereicht. Aber nein, stattdessen kommt wieder das Gedöns, dass er eigentlich nie in sein eigenes Jahrhundert gepasst habe, blablabla…

Warum denn?! Er hatte doch sein Trauma überwunden und eine vielversprechende Karriere als Captain eines der modernsten Sternenflottenschiffe vor sich. Auch hier biegen sich die Autoren den Charakter wieder so zurecht, dass es in ihr Erzählkonzept passt.

Wenn man bedenkt, wie uninteressiert der Writer’s Room an den Entwicklungen ihrer eigenen Charaktere zu sein scheint, dann ist es wahrscheinlich besser, dass neben Santiago Cabrera auch Alison Pill, Evan Evagora und Isa Briones die Serie verlassen werden. Auf der anderen Seite macht mir diese fragwürdige Attitüde der Autoren große Angst in Bezug auf die Rückkehr des TNG-Casts.

Q

Die Rückkehr von Q ist in meinen Augen eine ambivalente Sache. Einerseits sind eigentlich alle Szenen mit John de Lancie große Klasse, weil er Q einfach genial spielt. Sein Gespräch mit Picard über die Angst, einsam sterben zu müssen, ist wohl der beste Dialog in der gesamten Staffel. Aber reicht das, hier wieder nur auf die Tränendrüse zu drücken? Der Teaser-Trailer zur Staffel hatte damals bei mir jedenfalls völlig andere Hoffnungen geweckt. In der Retrospektive wirft der Q-Handlungsstrang leider mehr Fragen auf, als dass er irgendwelche beantwortet hätte.

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Qs Agieren in den vergangenen neun Episoden ist von zahlreichen Brüchen und Widersprüchen geprägt, sodass ich mir auch nach “Farewell” keinen echten Reim darauf machen kann, warum er Picard erst vorwurfsvoll niedermacht und ihm die Nase blutig schlägt, nur um ihm dann ein paar Tage später die Wange zu streicheln und zu sagen, wie viel er ihm bedeutet. Die “Lektion”, die Q Picard hier erteilt, macht in der Art und Weise, wie sie durchgezogen wird, nicht wirklich Sinn. Weder Qs martialischen Worte in “Penance” noch seine fragwürdige Allianz mit Adam Soong scheinen mir notwendig gewesen zu sein, um Picard etwas vor Augen zu führen, das Q ihm eigentlich schon vor 30 Jahren bewusst gemacht hat.

Denn auch der Q-Handlungsstrang ist ein weiterer, ernüchternder Beleg dafür, wie der Writer’s Room der Serie mit dem Kanon verfährt. Um es mit einem Wort zu beschreiben: Rosinenpickerei. Man sucht sich diejenigen Puzzleteile aus Picards und Qs Charakterentwicklung in “The Next Generation” heraus, die einem ins Konzept passen. Diejenigen Aspekte aber, die das eigene Narrativ ‘falsifizieren’ würden, fallen einfach unter den Tisch. “Picard” erzählt hier im Wesentlichen das, was “Tapestry” (TNG 6×15) schon vor gut 30 Jahren erzählt hat. Nur war diese TNG-Folge um Längen besser als dieses konfuse Erzählwirrwarr. Picard agiert in “Farewell” jedenfalls so, als habe es die besagte TNG-Episode nie gegeben.

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Picard (Patrick Stewart) und Q (John de Lancie) in TNG 6×15 “Tapestry” (Bild: © Paramount)

Gleiches gilt auch für Q. Der Q in “Penance” war der aus “Encounter at Farpoint” (TNG 1×01); der in “Farewell” gleicht dem aus “Tapestry” und “All Good Things…” (TNG 7×25/26). Macht das Sinn? Des Weiteren lässt “Farewell” offen, warum Q als bislang omnipotentes Wesen nun doch sterben muss und was genau damit gemeint ist. Auch die Tatsache, dass Q Frau und Sohn hat (“Voyager”), wird hier einfach totgeschwiegen, genauso wie in Staffel 1 das Fehlen von Picards Schwägerin Marie und der Tod von Robert und René. Passt eben nicht ins Erzählkonzept.

Ein übles Plot Hole ist auch der glückliche Umstand, dass Q plötzlich wieder für kurze Zeit seine Kräfte zurückgewinnen kann, um Picard einen letzten Gefallen zu tun. Dieses Lazy Writing ist ohne Kopfschmerztabletten kaum mehr zu ertragen.

Ich muss es leider so hart sagen: Auch der Q-Handlungsbogen erweist sich als Luftnummer, insofern man nur etwas genauer draufschaut und den “TNG”- und “Voyager”-Kanon kennt.

Jurati und die Borg

Wenig überraschend entpuppt sich die maskierte Borg-Königin aus “The Star Gazer” als Agnes Jurati. Der Borg-Handlungsstrang findet in den Schlussminuten von “Farewell” also eine ebenso rasante wie unspektakuläre Auflösung.

Auch hier sollte man besser das Hirn ausschalten und bloß nicht über die “Logik” des Erzählten nachdenken. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?! Juratis Agieren macht leider ebenso wenig Sinn wie das von Q. Warum beamt sie mit Maske rüber? Warum hat ihr Kollektiv nur ein einziges Schiff? Warum müssen die Borg gleich Mitgliedschaft in der Föderation beantragen, nur um das Wurmloch zu bewachen? Ein Aufenthaltsrecht oder eine temporäre Allianz hätten es doch auch getan. Und was hat sie in den vergangenen vier Jahrhunderten eigentlich so gemacht?

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(Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Ebenso wie Tom gehe auch ich davon aus, dass das Borg-Kollektiv, wie wir es kennen, mit “Farewell” nicht verschwunden ist. Vielmehr dürfte es sich bei Juratis “Kollektiv” um so eine “Borg-Kooperative” handeln wie jene in der “Voyager”-Folge “Unity” (VOY 3×17). Allerdings bleibe ich bei meiner Meinung: Die Borg sind vorerst zu Ende erzählt. Auch die in Staffel 2 erzählte Borg-Story ist bedauerlicherweise ähnlich flach wie jene aus der ersten Season.

Die Schlussminuten von “Farewell” sind eine wahre Zumutung. Man feuert eigentlich alles raus, was noch im Kanonenrohr ist. Für mich ist es völlig unverständlich, warum Regisseur und Cutter hier nicht korrigierend eingegriffen haben. Dann hätte man die Folge eben auf 60 Minuten strecken sollen.

Und selbstverständlich darf auch die obligatorische Raumanomalie nicht fehlen, die den gesamten Quadranten gefährdet. Diese taucht aus dem Nichts auf und dank Jurati weiß man auch gleich eine Lösung für das Problem. Beim ‘alten’ “Star Trek” hätten wir an dieser Stelle grundständige Forschungsarbeit zu sehen bekommen. In “Picard” reicht hingegen der visuelle Bombast einer großen Flotte, die mal kurz ihren fetten Energiestrahl zum Einsatz bringt. Meine Güte, flacher und langweiliger geht’s nicht…

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Mal wieder eine gefährliche Raumanomalie… (Bild: PIC 2×10 “Farewell” © Paramount + / Amazon Prime Video)

Wahrscheinlich soll das neu entstandene Wurmloch als Teaser für Staffel 3 fungieren. Da muss ich leider sagen: Lässt mich total kalt, viel zu redundant und generisch. Selbst wenn man hier wieder die “Übersynths” oder gar die Aliens aus “Conspiracy” (TNG 1×25) bemühen sollte. Man sieht ja: Wenn die “Picard”-Autoren in die Kanon-Kiste greifen, kommt am Ende nur oberflächlicher und höchst unlogischer Kram dabei raus.

Guinan

In “Farewell” kehrt Whoopi Goldberg als Guinan zurück. Und auch hier muss man leider sagen, dass deren Rückkehr nicht das gehalten hat, was sich viele von uns wohl erhofft haben. Guinan fügt sich nicht wirklich ertragreich in das Konstrukt dieser Zeitreise-Geschichte ein, außer dass sie schon vorher wieder alles gewusst hat, aber halt nix sagen durfte.

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Guinan (Whoopi Goldberg, rechts) in “Farewell” (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Auch bei diesem Handlungsstrang trüben leider die Kanon-Widersprüche die Freude über die Rückkehr einer legendären “Star Trek”-Figur. Guinans Leben auf der Erde des 21. Jahrhunderts passt einfach nicht so recht zu dem, was wir in “Time’s Arrow” (TNG 5×26/6×01) und in “Star Trek: Generations” gesehen haben. Trotzdem schön, sie mal wieder gesehen zu haben.

Picards “road not taken”

Die größte Enttäuschung der zweiten Staffel ist für mich aber ohne jeden Zweifel Patrick Stewart. Ich kann nicht verstehen, wie er es zulassen oder sogar gutheißen konnte, dass seine ikonische Rolle Jean-Luc Picard so dermaßen auseinandergenommen wird. Was man uns in Staffel 2 über Picard erzählt hat, ist keine spannende Ergänzung seiner Biografie, sondern ein ärgerliches Retcon.

In etlichen Szenen wirkt dieser einst so führungsstarke und inspirierende Captain der Enterprise wie ein Häufchen Elend, das ob seiner emotionalen und sozialen Inkompetenz ständig die Leviten gelesen bekommt: von Raffi, von Tallinn, von Q. Und was uns hier auch ständig suggeriert wird: Picard kann aufgrund des Selbstmordes seiner Mutter angeblich nicht mit dem Ableben ihm nahestehender Personen umgehen, fühlt sich deshalb andauernd verantwortlich, schuldig und geht meistens auf emotionale Distanz. Hallo?! Picard oder Burnham?!

Wie viele Crewmitglieder und Freunde hat Picard in “The Next Generation” verloren? Zahlreiche! Aber hat er jemals lange gegrübelt oder anderweitig Schwäche gezeigt? Bitte einfach mal “Skin of Evil” (TNG 1×23) oder “Q Who” (2×16) angucken und den dort gezeigten Picard mal mit diesem in “Farewell” ständig verwirrt guckenden und enorm unsicher wirkenden Mann vergleichen. Das sind doch zwei gänzlich unterschiedliche Personen! Dieser Picard hier ist nur noch ein bedauernswerter Schatten seines früheren Ichs.

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(Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Und selbstverständlich hat Picard über viele Jahre und Jahrzehnte zahlreiche Freundschaften und Beziehungen aufgebaut, da lasse ich mir von dieser Serie auch nichts Gegenteiliges einreden. Und er hat sich auch hin und wieder emotional geöffnet. Ich habe es schon einmal geschrieben: “Star Trek: Generations”, “Star Trek: Insurrection”, “Lessons” (TNG 6×19) und “Attached” (TNG 7×08) ziehen das Narrativ der zweiten “Picard”-Staffel aber ganz gehörig in Zweifel. Sicherlich war Picard immer etwas distanziert, aber in Season 2 wird diese Charaktereigenschaft unangemessen überbetont.

Ich musste schon schlucken, als man Ende der ersten Staffel aus dem Menschen Picard einen seltsamen Bio-Androiden gemacht hat. Aber jetzt wird nach dem Körper auch noch der Charakter Picards demontiert. Was soll das?!

Der Story-Arc um die angebliche “road not taken” ist in sich weder schlüssig noch interessant. Die Anknüpfungspunkte zu Renée Picard sind mehr als dünn, es wirkt einfach enorm konstruiert. Gleiches gilt auch für Picards Verhältnis zu seinem Vater Maurice. Das passt vorne und hinten nicht zu dem, wie “The Next Generation” Maurice charakterisiert hat. Oder soll das alles nur eine verzerrte Wahrnehmung von Picard gewesen sein?

Ich kann diesem Handlungsstrang leider nichts abgewinnen. Warum hat man hier nicht einfach Robert und Renés Tod als Anknüpfungspunkt für Picards Seelenerkundung genommen? Es wäre viel plausibler gewesen.

Eine herbe Enttäuschung ist auch die Tatsache, dass sich die direkte Interaktion zwischen Picard und Q auf lediglich zwei kurze Szenen in Folge 2 und Folge 10 beschränkt hat und der Handlungsstrang dazu auch noch höchst redundant ist. Wie gesagt, der Teaser hat bei mir gänzlich andere Erwartungen geweckt. Aber vielleicht ist “All Good Things…” eben doch der perfekte Schlusspunkt für deren Beziehung gewesen. Die Umarmung am Schluss von “Farewell” war ja ganz nett, aber hat es dafür wirklich zehn Episoden Vorlauf gebraucht?

Gesellschaftskommentar

Zu guter Letzt will ich noch danach fragen, was uns “Farewell” beziehungsweise die gesamte zweite Staffel eigentlich über uns selbst, unsere Gesellschaft und unsere Gegenwart sagt.

Staffel 2 hat viele Themen angeschnitten (Eugenik/Bionik, Rassismus, Klimawandel, Sterben & Tod, Einsamkeit, Depressionen, Verlustängste), aber fast keines davon auch tiefgründig erforscht. Viel zu oberflächlich und teilweise auch zu einseitig waren die einzelnen Betrachtungen. Mehr als Küchenpsychologie (Reneés Depressionen), genetisch verbesserte Elitesoldaten (Bionik) und simple “Zauberlösungen” (Mikroorganismus, Klimakrise) kam am Ende nicht dabei raus.

Einzig das Thema Sterben, Tod und Trauer hat man einigermaßen gut bearbeitet. Vor allem der Dialog zwischen Picard und Q in “Farewell” konnte hier überzeugen. Wenn man die furchtbare Tatsache bedenkt, dass eine angemessene Sterbebegleitung während der Pandemie oftmals nicht möglich war, dann wird die aktuelle Relevanz dieses Themas ersichtlich. Wobei diese Thematik ohnehin zeitlos ist.

Ansonsten bleibt es aber leider dabei: Tiefgründige Gesellschaftskritik ist in “Picard” bestenfalls Beiwerk, der Schwerpunkt der Serie liegt – wie auch bei “Discovery” – eindeutig auf Charakterstudien in Form von persönlichen Traumata, Drama durch Emotionalisierung und über weite Strecken auch actionreiche Popcorn-Unterhaltung.

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© Paramount + / Amazon Prime Video

Mein persönliches Staffel-Fazit

Die zweite Staffel startete vielversprechend (3.8), doch schon in den nächsten beiden Folgen sank die Wertung auf einen eher durchschnittlichen Wert. Höchstwertung erreichte Folge 4 (“Watcher”, 4), wobei ich auch diese Episode in der Retrospektive wohl etwas schwächer bewerten würde als bei der Erstausstrahlung. Folge 6 und 7 waren leider sehr langweilig und ereignisarm, mit Folge 8 ging es wieder leicht nach oben. Die letzten beiden Episoden enttäuschten aber wieder auf ganzer Linie.

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© TrekZone Network

Rein mathematisch betrachtet stehen insgesamt 2,5 von 5 Sternen zu Buche. Das würde allerdings einer durchschnittlichen Wertung (“befriedigend”) entsprechen. Da mir allerdings Aspekte wie Erzählstringenz, Plausibilität, Kanon-Konformität und intellektueller Anspruch (Gesellschaftskritik) sehr wichtig sind, tendiere ich eher dazu, der gesamten Staffel ein “mangelhaft” zu attestieren. Besonders übel nehme ich der Serie, dass die Figur Jean-Luc Picard mittlerweile völlig “out of character” auftritt und somit das Erbe einer “Star Trek”-Legende Stück für Stück demontiert wird.

In meinen Augen war die zweite Staffel sogar noch konfuser und oberflächlicher als die erste. An einigen Stellen habe ich mich gut unterhalten gefühlt, aber insbesondere in der Mitte der Staffel waren auch enorm langweilige Folgen dabei. Insgesamt eine sehr enttäuschende Season und für mich die bis zum heutigen Tag schwächste “Star Trek”-Staffel überhaupt.

Trekbarometer zu “Picard” Season 2

Wie hat euch die zweite Staffel gefallen. Nehmt an unserer Umfrage von teil!

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Rezension: Picard 2×10 – “Abschied”

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Das Staffelfinale von “Picard” zieht wieder alle Register – oder doch nicht? Wir klären in der Spoiler-Review, ob der Abschluss geglückt ist.

Miniserie: Teaser-Trailer für “The Sky is the Limit”

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Teaser "The Sky Is The Limit"
Teaser "The Sky Is The Limit"

“Strange New Worlds” wird es bis auf Weiteres nicht für deutsche Fans zu sehen geben. Wir hätten da einen Vorschlag, wie wir die Wartezeit überbrücken können…

Trekbarometer Umfrage – Staffelfinale “Star Trek: Picard” Staffel 2

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(Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Die zweite Staffel von “Star Trek: Picard” ist abgeschlossen. Wir möchten deshalb von euch wissen, wie euch die neueste “Star Trek” Serie gefallen hat.

Nächste Woche werden wir eure Antworten in unserem Trekbarometer Podcast auswerten und detailliert besprechen.

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Kurzrezension: Picard 2×10 – “Farewell”

Das Finale der zweiten Staffel “Star Trek: Picard” hat viele Baustellen. Wir besprechen spoilerfrei, ob die Landung in “Farewell” gelingt.


Was meinen wir mit “spoilerfrei”?

Es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen dazu, was “spoilerfrei” bedeutet. Damit ihr selbst entscheiden könnt, ob ihr die Rezension vorab lesen möchtet, machen wir hier transparent, was wir darunter verstehen:

  • Wir verraten keine wichtigen und unerwarteten Wendungen der Handlung bzw. Informationen über die fiktiven Welt und ihre Figuren.
  • Was im Vorfeld durch Vorschauclips und Trailer gezeigt wird, ist kein Spoiler.
  • Was im Cold Open (vor dem Vorspann) bzw. im ersten Akt (bei Episoden ohne Cold Open) passiert, ist kein Spoiler.
  • Handwerklichen Aspekte (Schauspiel, Drehbuch, Bühnenbild, Soundtrack, Spezialeffekte) sind keine Spoiler, sofern sie nichts Wichtiges über die Handlung verraten.

Handlung

Picard weigert sich, die Worte der Borg-Königin zu beherzigen. Er und Tallinn versuchen, Renée Picard vor dem Raketenstart vor Ort zu beschützen, während Rios, Seven und Raffi versuchen, Soongs restliches Arsenal unschädlich zu machen.

Offene Enden

Die letzte Folge dieser zweiten Staffel “Picard” hat sehr viel Boden gut zu machen. Um es direkt zu sagen: zu viel. Wer mit Maßstäben von Stringenz und Logik an die Episode herantritt, findet selbstverständlich klaffende Löcher. Wer bei “Hide and Seek” Unbehagen ob der Drehbuchraschler hatte, wird es auch in dieser Episode viel mit dem Kopf schütteln.

Gleichwohl geht es nicht ganz so haarstäubend zu, wie zu befürchten war, auch wenn das Tempo halsbrecherisch ist.

Die Episode muss vier große und diverse kleine Baustellen bereinigen. Zunächst wäre da der Raketenstart, der sicher über die Zielgerade gebracht werden muss. Dann bliebe die Rückkehr ins 25. Jahrhundert, die Frage nach Qs Rolle und Motivation in den Geschehnissen und der Anschluss der Handlung an die katastrophale Begegnung mit der Borg-Königin.

Penelope Mitchell als Renée Picard in "Farewell"
Penelope Mitchell als Renée Picard in “Farewell” (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Nebenbei werden die Storylines von Rios & Teresa, Kore & Adam Soong, Q, Tallinn sowie verschiedene andere Schicksale zu einem teils vorläufigen, teils endgültigen Ende erzählt.

All das adressiert “Farewell”, wenn auch nicht immer schlüssig. Andere Fragen bleiben ungeklärt. Das Doppelgängertum von Laris und Tallinn zum Beispiel. Andere Handlungsstränge dieser Staffel erweisen sich als gänzlich irrelevant. So spielen weder die zeitgenössische Guinan noch Agent Wells eine Rolle im Finale.

In jedem Fall hätte es dem Pacing der Staffel gut getan, diese letzte Episode zu teilen, und dafür den Mittelteil der Staffel zu raffen.

Farewell

Das Drehbuch von Christopher Mofette und Akiva Goldman macht aber gar nicht erst den Versuch, die Puzzlestücke zu einem logisch stimmigen Gesamtkunstwerk zu verknüpfen. Obwohl es ihnen besser gelingt, als ich es ehrlicherweise zugetraut habe. Stattdessen geht es mehr darum, die Stories emotional stimmig abzubinden. Und in vielen Fällen klappt das sogar.

Es gibt gleich mehrere Dialoge in dieser Episode, die zu den besten zählen, die “Picard” bisher aufgefahren hat. Dabei geht es um Leben, Tod, Vergebung, Liebe und andere tief emotionale Themen. Die längste Zeit gelingt es “Farewell” die Balance auf dem emotionalen Drahtseil zu halten und nicht in Kitsch abzurutschen – jedenfalls bis kurz vor Ende des zweiten Akts. Es gibt dann leider doch eine kleine Zahl an Szenen, die unnötig schmalzig sind. Aber die Versuchung war wohl einfach zu groß.

Picard (Patrick Stewart) und Q (John de Lancie) in "Farewell"
Picard (Patrick Stewart) und Q (John de Lancie) in “Farewell” (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Orla Brady liefert vermutlich ihre bis dato stärkste Performance in “Picard” ab. Aber auch Patrick Stewart und John de Lancie haben wieder tolle Szenen, die mit Blick auf die Charaktere fast durchweg gut geschrieben sind – auch wenn sie nicht alle Fragen der übergreifenden Handlung hinreichend erklären bzw. die dramatischen Geschehnisse der Staffel ausreichend motivieren. Aber dafür sind sie in anderer Hinsicht scharfsinnig und greifen in positiver Hinsicht für “Star Trek” allgemein und für “Picard” im Besonderen wichtige Themen auf.

Insbesondere Tallinn und Q bekommen einen angemessenen, wenn auch keine überragende Abschiede spendiert.

Bombast

Die zweite “Blendgranate”, die das Publikum davon abbringen soll, zu viel darüber nachzudenken, ob sich am Ende ein logisch stimmiger Plot ergibt, ist ein deutlicher Schub von visuellen Effekten. Wenn auch nicht so frappierend wie im Finale der letzten Staffel, sind diese leider nur mäßig überzeugend. Ob es wieder in Zeitmangel wegen Covid-19 begründet ist, weiß ich nicht. Aber sowohl die Kamerafahrten durch den Startkomplex als auch Chateau Picard springen förmlich als Computergrafik ins Auge.

Die Sternenflotte in "Farewell"
Die Sternenflotte in “Farewell” (Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video)

Besonders enttäuschend fand ich die technisch einwandfreien, regenbogenbunten Effekte im 25. Jahrhundert, die mit überschwänglichen Kamerafahrten und phantasielosen Einstellungen die gigantischen Raumschiffe sowohl ihrer majestätischen Größe als auch ihrer Eleganz berauben. Mit der Ästhetik eines unterdurchschnittlichen “Marvel”-Films verpufft hier der ohnehin dürftig vorbereitete Klimax der Episode. Die Szene dauert zwar nur wenige Minuten, aber ich habe mich tatsächlich zwischendurch dabei beobachtet, wie ich auf de Uhr geschaut habe, weil mir langweilig wurde.

Beobachtungen

  • Picard kapert Tallinns Transporter genau wie Gillian Taylor in “The Voyage Home”.
  • Der Startkomplex der Europa-Mission ist eine starke visuelle Referenz zu “Assignment: Earth”.
  • Wir erfahren, warum Seven in der ersten Episode auf der La Sirena Container mit Schmetterlingslogo transportierte.
  • Bisher habe ich es bei Seite geschoben, weil die ganze Staffel sonst nie funktioniert hätte. Aber auf Grund eines sehr prominenten Cameos möchte ich es doch mal fragen: Warum greift eigentlich keiner der vielen verschiedenen selbsternannten Zeitlinienbeschützer ein, um irgendetwas in dieser Staffel zu unterbinden? Wo sind Braxton, Daniels und wie sie alle heißen, wenn man sie braucht?
  • Schon wieder kann man zu einem Staffel-2-Finale dem Bad Guy aus vollem Herzen zurufen: Kein Backup, kein Mitleid.
  • Was möchte mir die letzte Szene mit Adam Soong sagen? Zeigt die Akte Arbeit, die er bereits vollbracht hat? Oder kramt er ein altes Projekt hervor, dem er sich ab sofort widmen möchte? Ist das ein kleines Easter Egg, das “Strange New Worlds” aufgreifen wird?
  • Wir haben in der ganzen Staffel genau einen “klassischen” Q-Blitz gesehen (nämlich in der ersten Episode), daran ändert auch “Farewell” nichts.
  • Das Weltraumspektakel im 25. Jahrhundert mag eine Hommage an eine ähnliche Szene aus “All Good Things…” sein.
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Mit Rücksicht auf die Leser:innen, die die Episoden noch nicht gesehen haben, bitten wir in den Kommentaren zu diesem Beitrag auf Spoiler zu verzichten. Danke!

Am 09.05.2022 zeichnen wir gemeinsam mit dem Discovery Panel einen Podcast zum Staffelrückblick auf “Picard” auf. Hinterlasst gerne in den Kommentaren Fragen, Meinungen und Themen, zu denen ihr gerne von Sebastian, Andreas, Tom, Matthias und Christopher etwas hören möchtet.

Zweitrezension: Picard 2×09 – “Das Versteckspiel”

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Wir sehen uns an, was in der vorletzten Folge der aktuellen Picard-Staffel drinsteckt. Wie immer gilt: Achtung Spoiler!

Rezension: Picard 2×09 – “Hide and Seek” / “Das Versteckspiel”

Rezension: Picard 2x09 - "Hide and Seek" / "Das Versteckspiel" 40

Handlung

Jurati (Alison Pill) ist gemeinsam mit Adam Soong (Brent Spiner) und einer Gruppe von borgifizierten Soldaten der “Spearhead Operations” zur La Sirena gebeamt, um die Kontrolle über das Schiff zu erlangen und anschließend die “Europa-Mission” zu sabotieren. Während Soong eine glorreiche persönliche Zukunft anstrebt, plant die Borg-Königin (Annie Wersching), das Kollektiv auf die bevorstehende Bedrohung durch die Konföderation vorzubereiten.

Picard (Patrick Stewart) und Tallinn (Orla Brady) verstecken sich im Château vor den angreifenden Soldaten. Hierbei durchlebt Picard erneut alte Kindheitserinnerungen aus der Zeit, als sich seine Mutter Yvette (Madeline Wise) das Leben nahm.

Seven (Jeri Ryan), Raffi (Michelle Hurd) und eine holografische Version von Elnor (Evan Evagora) gehen derweil zum Gegenangriff über. Bei diesem Unterfangen wird Seven lebensgefährlich verletzt.

In Juratis Bewusstsein tobt noch immer der Kampf zwischen Agnes und der Queen. Obwohl es anfänglich nicht danach aussieht, gewinnt Agnes mehr und mehr die Kontrolle zurück. Das führt sogar dazu, dass die Borg-Königin Sevens Leben verschont.

Mit Rios’ (Santiago Cabrera) Hilfe gelingt es schließlich, die Angreifer zu besiegen, sodass Soong die Flucht ergreift.

Nun muss sich zeigen, ob die alte Zeitlinie wiederhergestellt werden kann…

Drehbuch & Inszenierung

Story und Drehbuch zu “Hide and Seek” sind das Gemeinschaftswerk von Matthew Okumura Christopher B. Derrick. Derrick schreibt nicht nur Drehbücher, sondern ist darüber hinaus auch als Produzent und Regisseur tätig, wobei seine Referenzen in Hollywood bisher noch recht überschaubar sind. Sein Co-Autor Matt Okumura hat da schon etwas mehr Erfahrung vorzuweisen, sowohl als Autor (u.a. “Leverage: Redemption”) als auch als Produzent (u.a. “Into the Badlands”). Okumura schreibt also hauptsächlich für Action/Adventure-Drama-Serien und diese Stilrichtung spiegelt sich dementsprechend auch in “Hide and Seek” wider.

Regie führte Michael Weaver, die Folge war seine erste Arbeit für “Star Trek”. Weaver kann mit Fug und Recht als ein Tausendsassa der Filmbranche bezeichnet werden, seine Vita auf IMDb ist beeindruckend. In seiner über 30-jährigen Karriere hat er schon als Kameramann, Sound- und Effektspezialist, Produzent und Regisseur gearbeitet. Allerdings schlägt sich diese große Erfahrung des Regisseurs in “Hide and Seek” nur bedingt nieder.

In Sachen Erzähltempo und Erzählstringenz hat mir die Folge deutlich besser gefallen als die doch sehr zähen Episoden 7 und 8. Auf der visuellen Ebene kommt die Episode aber leider über eine “Bottle Show” nicht hinaus, die Szenen finden ausschließlich im Château Picard, auf der La Sirena und in Tallinns Wohnung statt. Auch die visuellen Effekte waren in “Picard” schon einmal besser, so mein Eindruck. Nach meinem Dafürhalten ist auch das weitestgehend dunkle Setting der Episode unvorteilhaft ausgeleuchtet. Stellenweise hatte ich Probleme, Einzelheiten zu erkennen.

Inhaltlich enthält auch dieses Drehbuch wieder einige Plot Holes und unterkomplexe Lösungsansätze, wirkt aber dennoch etwas stringenter und fokussierter als die jüngsten Bücher von Jane Maggs und Cindy Appel. Die beiden Haupthandlungsstränge – das aktuelle Geschehen auf dem Château sowie Picards Flashbacks – sind zwar fließend miteinander verwoben, das führt aber teilweise zu skurrilen Situationen. Auf der einen Seite sind die Kindheits-Flashbacks, die man im Hintergrund von Picard sieht, durchaus originell inszeniert. Auf der anderen Seite wirkt es schon extrem unglaubwürdig, dass Picard mitten in einem Schusswechsel so völlig den Fokus verliert und in einen Tagtraum abgleitet. Das müsste an dieser Stelle eigentlich tödlich enden.

Auch in Bezug auf die die Dialoge gibt es wieder mal Licht und Schatten. Der in meinen Augen dunkelste Fleck der Episode ist aber die über weite Strecken fehlende humanistische Färbung des Gezeigten. Wie leider in “Nu Trek” üblich, stehen auch in “Hide and Seek” Reden und Tun in einem krassen Widerspruch. Denn während in den Dialogen zwischen Jurati und der Borg-Königin viel von “Erbarmen”, “Menschlichkeit” und “Leben retten” die Rede ist, handeln unsere Helden leider mal wieder völlig konträr zu diesem Credo. Da werden die Spearhead-Soldaten erbarmungslos abgestochen oder in die Mauer gebeamt. Man macht sich gar nicht mehr die Mühe, nicht-letale Wege zu suchen, um die Angreifer unschädlich zu machen. Zu Zeiten von “The Next Generation” hätten Seven und Raffi eben nicht gemeinsam die Klinge in den Körper des Soldaten gedrückt, sondern ihn stattdessen mit einem vulkanischen Nervengriff ausgeschaltet. Und Seven hätte die Soldaten auch nicht in die Wand gebeamt, sondern einfach nur weit, weit weg.

Rezension: Picard 2x09 - "Hide and Seek" / "Das Versteckspiel" 41
Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video

Ich bin nicht naiv, ich mache mir nichts vor: Auch “Star Trek” muss – und das zu meinem großen Bedauern – den Gesetzen des Marktes folgen. Die heutige Gesellschaft hat leider ein weitaus weniger distanziertes Verhältnis zu Gewaltdarstellungen als das noch in den 90ern der Fall war. Auch Eskapismus ist offensichtlich nicht mehr gefragt. Welche Action-, Fantasy- oder Science-Fiction-Serie kommt denn heutzutage noch ohne rabiate Gewaltdarstellungen aus?

Es macht mich aber einfach nur wütend, wenn man das Publikum für dumm verkaufen will. Den Autoren ist nämlich durchaus bewusst, dass das, was sie schreiben, nicht mehr das ist, was einst den Kern von “Star Trek” ausmachte. Also versuchen sie es mit einem billigen Trick: Die Burnhams und Picards (oder hier eben: Jurati) halten pathetische Monologe, in denen sie die Überlegenheit einer humanistischen Ethik anpreisen, damit auch “Nu Trek” von sich behaupten kann: “Seht her, liebe Alt-Trekkies! Wir sind so humanistisch wie die alten Serien.” Doch dies ist nur eine Finte, denn am Ende zählt das Handeln und nicht das Lippenbekenntnis. Und das Handeln spricht in “Nu Trek” zumeist eine eindeutige Sprache: Letale Gewalt ist notwendig. Letale Gewalt ist legitim. Letale Gewalt sieht cooler aus als Betäubungsschüsse oder vulkanische Nackengriffe.

Und bevor jetzt der Einwand kommt: “Aber in “Deep Space Nine….”. Ja, in “DS9” wurde vor allem in den letzten beiden Staffeln auch tödliche Gewalt anwendet, aber das wurde auch immer reflektiert und hat unsere Helden stets belastet. Exemplarisch sind hier “Rocks and Shoals” (DS9 6×02) und “The Siege of AR-558” (DS9 7×08) zu nennen. Bei Seven, Raffi und Co. kann ich leider keine aufrichtigen Skrupel erkennen. Und das stimmt mich sehr nachdenklich.

Kanon

Auch hinsichtlich des etablierten Kanons nimmt sich “Hide and Seek” wieder so einige Freiheiten heraus. Der frühe Tod von Picards Mutter Yvette kann hierbei sicherlich noch unter “Soft Retcon” verbucht werden. Einige andere Story-Elemente widersprechen aber nicht nur jahrzehntelang hochgehaltenen “Star Trek”-Prämissen, sondern sogar dem in dieser Serie Erzählten.

Ich bin immer wieder fassungslos darüber, dass der Writer’s Room sein eigenes Serien-Lore nicht kennt. So wissen die beiden Autoren von Folge 18 scheinbar nicht, was in Folge 5 (“Stardust City Rag”) erzählt wurde. Folglich dichtet man der Sternenflotte hier eine tiefsitzende Borg-Phobie an, was dazu geführt haben soll, dass Seven seinerzeit nicht in die Sternenflotte aufgenommen wurde. Dumm nur, dass Icheb – ebenfalls ein xB – in besagter Episode aus der 1. Staffel ganz eindeutig eine Sternenflottenuniform trug.

Überhaupt ist das Narrativ, die Sternenflotte sei nach dem Dominion-Krieg zu einer exklusiven, xenophoben Organisation geworden, mehr als unglaubwürdig. Man erweckt hier den Eindruck, als seien innerhalb der Admiralität von Starfleet Menschen wie Norah Satie (TNG 4×21 “The Drumhead) nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Auch die am Ende von “Star Trek: Nemesis” angedeuteten Friedensverhandlungen zwischen der Föderation und den Romulanern standen von Anfang an im Widerspruch zum dem, was uns “Picard”-über die Sternenflotte des ausgehenden 24. Jahrhunderts einreden möchte.

Hinsichtlich der Borg ist mir der Begriff “Entmystifizierung” fast schon zu harmlos. “Picard” hat die Borg schlichtweg dekonstruiert, regelrecht lächerlich gemacht. “Nu Trek” schafft es immer wieder, die kluge Gesellschaftskritik von “Old Trek” in ein stupides, austauschbares Nullachtfünfzehn-Story-Element zu verwandeln, das ausschließlich dem Zwecke dient, Action zu generieren und den Bedarf nach simpler Popcorn-Kino-Unterhaltung zu befriedigen.

Wer geglaubt hat, dass unter Showrunner Terry Matalas, einem Trek-Veteranen, alles besser wird, der ist nun endgültig auf die Nase gefallen – auch ich. Easter Egges wie die NX-01 Refit oder andere Nostalgie-Ansätze können nicht kaschieren, dass die Autoren von “Picard” weder dezidierte Kanon-Kenntnisse haben noch sich diesem in besonderer Weise verbunden fühlen. Eigentlich agieren sie diesbezüglich wie die Borg: Was nützlich ist, wird assimiliert. Und der Rest wird einfach eliminiert.

Figuren & Dramaturgie

Raffi, Seven und Rios

Raffi, Rios und Seven laufen auch in dieser Folge weiterhin auf Sparflamme, wobei wir endlich mal etwas Neues aus Sevens Post-Voyager-Ära erfahren. Doch bitte nicht zu früh freuen, denn im Grunde genommen ist es auch dieses Mal wieder das ewiggleiche Gesäusel: Sevens Borg-Vergangenheit macht sie zum ewigen Außenseiter, lässt ihre Lebensträume platzen und führt zu einer inneren Selbstablehnung. Von der optimistischen Zukunftsversion vergangener “Star Trek”-Zeiten ist demnach nichts mehr übrig geblieben, weil die Föderation ihre Werte zumindest zeitweise komplett aufgegeben hat.

Die Charaktere von “Picard” haben also mehr oder minder dieselben Probleme wie wir Menschen im 21. Jahrhundert. Wer braucht schon Utopie? Und das muss auch so sein, denn sonst funktioniert der fragwürdige Drama-Ansatz von “Picard” eben nicht. Also “make it so”, lasst uns fleißig Roddenberrys Utopie dekonstruieren.

Rezension: Picard 2x09 - "Hide and Seek" / "Das Versteckspiel" 42
Bild: © Paramount + / Amazon Prime Video

Auch bei Raffi gibt’s nichts Neues. Sie hängt weiterhin in ihrer Depri-Dauerschleife fest und Elnors ‘Wiederauferstehung’ führt dann zu einer weiteren, herbeikonstruierten Drama-Szene, die man in ähnlicher Form schon x-mal in “Picard” oder “Discovery” gesehen hat. Auf Cryham folgt nun Weepy-Raffi. Wie gesagt, ich finde das einfach nur noch ermüdend. Wenn man kein cooles Science-Fiction schreiben kann, dann muss man eben immer und immer wieder die emotionale Schiene fahren.

Und Rios? Der muss sich zwischen Liebe und Pflicht entscheiden und wählt am Ende (wohl) Letzteres. Wow, wie unfassbar originell!

Holo-Elnor

Nach Golem-Picard darf nun auch Elnor als Künstliche Intelligenz wieder auferstehen. Auch diese photonische Auferweckung reduziert die Person Elnors abermals auf dessen Gedächtnisengramme, die mal schnell vor dem Eintreten des biologischen Todes in eine Holomatrix transferiert wurden. “Komplett identisches neurales Substrat” und so, die Allzweckwunderwaffe der “Picard”-Autoren.

Mir stellt sich da mittlerweile schon die Frage, ob im Writer’s Room mehrheitlich überzeugte Trans- und Posthumanisten sitzen. Ich habe nämlich schon den Eindruck, dass uns “Picard” fortlaufend einzureden versucht, wie segensreich es doch wäre, wenn wir künftig unser “ach so defizitäres” Mensch-Sein hinter uns lassen könnten. Weil es sich als Androide oder Hologramm einfach besser lebt, so ganz ohne genetischen Defekte, Krankheiten und andere Gefahren für die körperliche Existenz.

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Es ist schon erschreckend, in welcher Regelmäßigkeit “Nu Trek” den Tod bagatellisiert, nur um billige WTF-Momente kreieren zu können. In diesen beiden Serien hat er Tod eigentlich fast nie dauerhafte Konsequenzen, ständig kommt es zu irgendwelchen ‘Wiederauferstehungen’ – in welcher Form auch immer.

Zudem ist Elnor der wohl eindimensionalste Stammcharakter, den es in fünfeinhalb Jahrzehnten “Star Trek” je gegeben hat. Wie platt kann man eine Figur eigentlich schreiben?! Mehr fällt mir dazu einfach nicht mehr ein, da bin ich schlicht sprachlos. Kaum zu glauben, dass er das Werk professioneller Autoren sein soll.

Jurati & Borg Queen

Der Story-Arc um Jurati und die Borg-Königin war anfangs noch spannend, aber seit einigen Folgen ist auch dieser leider total in sich zusammengefallen. Nach der “Number Six”-Konstellation in “Two of One” und der Terminator T-X-Kopie in “Mercy” bekommen wir nun eine (vorläufige) Auflösung präsentiert, die dem Fass den Boden ausschlägt. Wieder ist es ein pathetischer Schwall gespickt mit küchenpsychologischen Phrasen, der die Wende zum Guten bringt. Es ist einfach nur noch lächerlich, was “Nu Trek” – und insbesondere “Picard” – uns hier vorsetzt. Schon die wundersame Wandlung von Agent Wells in der letzten Folge war total unglaubwürdig, aber das hier ist wirklich die Spitze des Eisbergs.

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Was will man uns hier eigentlich suggerieren? Dass die Borg demnächst auf Freiwilligkeit setzen? Dass sie aber trotzdem keine Angst vor einem Untergang ihrer Kultur haben müssen, weil Kollektivismus und Transhumanismus ja so supergeil sind, und man ihnen deshalb auch in Zukunft die Bude einrennen wird? Ein Okularimplantat hier, ein Kortikalknoten dort…wer hat noch nicht, wer will nochmal?

Die Borg sind tot, Widerstand ist zwecklos! Schon “Voyager” hatte sie getötet, aber “Picard” hat sie nun endgültig zu Grabe getragen. Ich hoffe inständig, dass wir nach dem Ende dieser Staffel nie mehr was von den Borg sehen und hören werden in “Star Trek”!

Podcast zu “Star Trek: Picard” – Staffel 2

Am 09.05.2022 zeichnen wir gemeinsam mit dem Discovery Panel einen Podcast auf, in welchem wir die zweite Staffel von “Picard” noch einmal Revue passieren lassen. Hinterlasst uns gerne in den Kommentaren Themen, Fragen oder Meinungen, die Sebastian, Andreas, Tom, Matthias und Christopher diskutieren sollen.

Wir freuen uns auf euren Input!

Adam Soong

Wahrscheinlich noch platter als der Borg Queen-Twist ist die Figur des Adam Soong inklusive “Spearhead”-Soldaten. Was hätte man hier nicht für eine coole Story erzählen können, beispielsweise über Für und Wider der Eugenik. Oder über eine zeitgemäße Wissenschaftsethik angesichts der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Das Feld war bestellt, aber es bleibt dabei: Die gegenwärtigen Trek-Autoren sind einfach zu faul (oder auch intellektuell überfordert?), um eine tiefgreifende Geschichte zu erzählen.

Soong und Konsorten sind jedenfalls nur generische Mainstream-Action und die Reproduktion von jahrzehntealten Hollywood-Stereotypen. Denn über das Abziehbild eines Bösewichtes kommt dieser Antagonist einfach nicht hinaus. Auch das ist ein wiederkehrendes Merkmal von “Nu Trek”. Man kann einfach keine vielschichtigen Gegenspieler mehr schreiben.

Und auch die borgifizierten Elite-Soldaten sind nichts weiter als eine plumpe “Star Trek”-Version dessen, was jede x-beliebe Action- oder SciFi-Produktion seit Jahren und Jahrzehnten aufbietet. Von der Borg-Assimilation merkt man eigentlich nichts, aber es waren ja auch defizitäre Nanosonden. Besser nicht drüber nachdenken, Hauptsache die Pseudo-Borg wirken gefährlich und gruselig. Naja, wer’s kauft…

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Brent Spiner hätte gewiss eine andere Rolle verdient gehabt, zumal Adam Soong nicht einmal an Lores Bösartigkeit heranreicht. Der gesamte Story-Arc ist flacher als die Niederlande und so unfassbar generisch, dass man sich ernsthaft fragen muss, warum sich Spiner und Stewart für so einen Müll überhaupt hergeben. Werden sie so gut bezahlt, dass sie das einfach so schlucken? Beide müssen doch auch merken, dass das nicht ansatzweise an das erzählerische und intellektuelle Niveau von “The Next Generation” herankommt.

Picard

Das geringste Übel der Episode ist tatsächlich der Handlungsstrang um Picards Kindheit und den tragischen Selbstmord seiner Mutter. Dieser ist wiederum ein weicher Retcon, denn Picards Begegnung mit einer älteren Version seiner Mutter (TNG 1×05 “Where No One Has Gone Before”) war bekanntlich das Produkt seiner Phantasie. Damit kann ich leben.

Unproblematisch ist der Story-Arc aber trotzdem nicht. Es ist zumindest fragwürdig, warum Yvettes Selbstmord bisher nie zur Sprache gekommen ist, nicht einmal in “Family” (TNG 4×02). Und warum braucht Picard gut 85 Jahre und ein “Versteckspiel” auf dem Château, um sich dieser Katharsis zu stellen? Und das dann auch noch inmitten einer Gefahrensituation. Nur weil ihn der Keller des Château getriggert hat?

Zudem bringe ich diese Geschichte irgendwie nicht mit dem zusammen, wie “The Next Generation” sowohl den jugendlichen Jean-Luc als auch den alten Maurice charakterisiert hat. Sowohl Picard als auch sein Bruder Robert beschrieben Maurice in “Family” als einen sehr strengen, traditionsbewussten Mann. Aber so, wie James Callis Maurice in “Hide and Seek” darstellt, wirkt eine Wandlung vom verständnisvollen und fürsorglichen Ehemann und Vater hin zum autoritären Familienpatriarchen zunächst einmal unglaubwürdig. Die einzig nachvollziehbare Erklärung wäre für mich, dass Maurice seinen Sohn Jean-Luc für den Tod seiner Frau verantwortlich machte und dies das Verhältnis beider nachhaltig belastet hat. Also müsste hier eigentlich noch etwas nachgeschoben werden in “Farewell” (2×10).

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Insgesamt betrachtet, ist dieser Story-Arc durchaus bewegend, hat in meinen Augen aber auch keinen außerordentlichen Mehrwert für die Figurenzeichnung Picards. Das liegt zum einen daran, dass ich den Charakter Jean-Luc Picard jetzt auch nicht besser “verstehe” als vorher. Zum anderen bin ich bei der Ankündigung der Serie “Star Trek: Picard” eigentlich davon ausgegangen, dass man uns die Gegenwart von Picard zeigt. Die Galaxis des beginnenden 25. Jahrhunderts hätte hier sicherlich so einiges Erzählenswertes zu bieten gehabt. Stattdessen zeigt man uns hier eine Episode aus Picards Vergangenheit, die mich eigentlich nicht besonders interessiert. Da wären seine Jahre auf der Akademie oder auf der Stargazer interessanter gewesen.

Gesellschaftskommentar

“Star Trek” war eigentlich immer dafür bekannt, uns eine Zukunft zu zeigen, in der es der Menschheit gelungen ist, die Probleme unserer Gegenwart zu beseitigen und einen humaneren Umgang miteinander zu finden. Geschlecht, Herkunft, körperliche Beeinträchtigungen, Krankheiten – all das waren keine Hinderungsgründe für gesellschaftliche Teilhabe mehr.

“Nu Trek” geht hier bedauerlicherweise einen anderen Weg. Das 24. Jahrhundert, das uns “Picard” zeigt, ist nur noch ein Schatten dessen, für was es in “The Next Generation” stand. Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile sind hier keine Ausnahmeerscheinungen mehr, sondern der Regelfall. Und auch Medizin und Psychotherapie sind scheinbar auf den Stand des 20. Jahrhunderts zurückgefallen und scheitern an der Aufgabe, psychisch kranken Menschen zu helfen. Soll uns das Hoffnung für die Zukunft machen? Mir fehlt an dieser Stelle der Utopismus, die positive Zukunftsperspektive.

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Auch viele andere humanistische Grundwerte sind in “Picard” scheinbar obsolet geworden. Das Töten von Menschen ruft bei Picard, Seven und Raffi offensichtlich keine großartigen moralischen Bedenken mehr hervor.

Auch die Anthropologie dieser Serie lässt mich ratlos zurück: Der Mensch ist keine Besonderheit mehr und der Tod ist nur noch eine Lappalie. Man sucht den Sinn des Lebens nicht mehr im Hier und Jetzt, sondern strebt stattdessen posthumane Daseinsweisen an, etwa als Bio-Androide ohne Krankheiten oder als praktisch unzerstörbares Hologramm.

Wenn man aus “Hide and Seek” wenigstens eine positive Botschaft herauslesen kann, dann die, dass man niemals aufgeben sollte, die “Bösen” zur Umkehr aufzurufen. Wie die Episode das allerdings macht, ist durch und durch unglaubwürdig.

Offene Fragen

“Farewell” (dt. “Abschied”) lautet der Titel der zehnten und letzten Episode der zweiten Staffel. Angesichts der Tatsache, dass “Hide and Seek” es versäumt hat, Ordnung in das Chaos der verschiedenen Handlungsstränge zu bringen, müssen wir uns wohl auf ein wirres und inhaltlich überladenes Staffelfinale einstellen.

Wie so oft in “Nu Trek” greift auch “Hide and Seek” wieder in bequemer Weise auf simple Ad-Hoc-Lösungen zurück, die im Plausibilitätstest gnadenlos durchfallen. Die Episode vermag es nicht, das Zeitparadox, das Agieren der Borg-Königin, Picards Kindheit, Soongs historische Rolle sowie Qs Funktion in dem ganzen Tohuwabohu zu verzahnen und den Staffel-Arc somit konsistent weiterzuerzählen. Diese Staffel hat eine gänzlich andere Richtung genommen, als ich nach Folge 1 erwartet und gehofft hatte. Ich muss gestehen, dass ich noch immer keinen Plan habe, was die Autoren eigentlich erzählen wollen. Entweder die Auflösung ist genial oder sie wird der totale Reinfall. Ich befürchte Letzteres. In meinen Augen hat diese Serie weiterhin ein ernsthaftes Identitäts- und Autorenproblem.

Folgende Handlungsfäden bleiben weiterhin offen:

  • Was bringt Renée Picard von der “Europa Mission” zurück, das den Lauf der Geschichte positiv verändert?
  • Warum wird Soong in der alternativen Zeitlinie zum “Vater der Menschheit”?
  • Welche Rolle spielt Kore?
  • Wer wird die neue Borg-Königin: Jurati oder doch vielleicht Renée (Indiz: Picard hat ihr in “Two of One” das Zitat seiner Mutter erzählt)?
  • Wird die ursprüngliche Zeitlinie wiederhergestellt oder entsteht eine dritte?
  • Stirbt Q oder wird er überleben?
  • Was ist die Motivation von Q und inwieweit ist er in die Geschehnisse involviert?
  • Bleibt Elnor tot oder bringt ihn die Veränderung der Zeitlinie zurück ins Leben?